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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 6.1895

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Tafel 18
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Französische Urteile über deutsche Kunstgewerbeschulen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4566#0229

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FRANZÖSISCHE URTEILE ÜBER DEUTSCHE KUNSTGEWERBESCHULEN.

um zu versuchen, die gegenwärtige Lage der Schmuck-
Industrie zu verbessern. Sie glauben, dass eine allge-
meine Propaganda gute Eesultate haben könnte und dass
die Konkurrenz, die uns scheidet, dem allgemeinen In-
teresse weichen müsse.

Dieser Vorschlag scheint uns wert, Ihre Aufmerk-
samkeit auf sich zu ziehen und wir schlagen vor, nach
Mitteln zu suchen, die seine praktische Anwendung er-
möglichen. Es scheint uns, dass diese Modefrage unter
einem gewissen Gesichtspunkt ins Auge gefasst zu
werden verdient.

Die Frau giebt heute wohl ebenso viel Geld für
ihren Schmuck wie ehemals aus; wenn sie auch nur

Stuhl, entworfen von Hans Sohmaük, Nürnberg.

wenig Schmucksachen trägt, an deren Komposition der
Stoff und die Form den größten Anteil hat, so trägt sie
doch viel Edelsteine, die einen ähnlichen Wert aus-
machen. — Die Haartracht und Kleidung ändert sich
beständig und die Friseure, Schneider und Modisten
machen fortgesetzt die größten Anstrengungen, den Ge-
schmack ihrer Kundschaft zu wecken und sie daliin zu
bringen, nicht allein die bestehenden Moden zu wechseln,
sondern sie auch zu dem Wunsche zu veranlassen, Neues
zu schaffen.

Machen die Juweliere und Goldschmiede dieselben
Anstrengungen, begnügen sie sich nicht, von ihren Ar-
tikeln so viel wie möglich zu verkaufen, ohne sich be-
sondere Mühe zu geben, in ihrer Kundschaft den Wunsch
hervorzurufen, durch passende Schmuckstücke den An-
zug wirklich zu schmücken?

Wäre es nicht möglich, die Frau für die Auswahl
der Schmucksachen, die sie tragen soll, zu interessiren,

wie man sie zu interessiren
vermag für die Komposi-
tion einer neuen Toilette?
Könnte man sie nicht
davon überzeugen, dass
die Schmucksachen, die
sie besitzt, sich vielleicht
nach Wunsch ändern las-
sen und je nach dem Ge-
brauch, den sie davon
machen will?

Uns scheint, dass
man ihren Sinn darauf
lenken sollte, Kombina-
tionen in der Kleidung zu
erfinden, bei denen ihre
Schmuckstücke Teile eines
Ganzen sind, dass man ihr

begreiflich machen sollte, auf welche Weise sie damit
neue Anordnungen, unerwartete Effekte erzielen kann.

Das Schmuckstück würde dann aufhören eine Neben-
sache zu sein, um ein wesentlicher Teil der Kleidung
zu werden, es würde das Kleid vervollständigen, anstatt
bloß als Zugabe zu dienen.

Die Frau würde sich dann bald sagen, dass das
Schmuckstück nicht das Kennzeichen des Eeichtums ist,
und der gute Geschmack, der sie bei der Zusammen-
stellung ihrer Toilette leitet, würde sie bald dahin
bringen, eine thätige Mitarbeiterin zu werden; er würde
sie Neues und Unerwartetes finden lassen, und die Ge-
danken, die ihre Einbildungskraft ihr eingäbe, würde
denen des Juweliers zu Hilfe kommen und für die Folge
einen kräftigen Impuls für unsere Industrie abgeben.

Sehränkchen.
Entwurf von Schmauk, Nürnberg.

.Skizze zu einem Tisch von Hans Schmauk, Nürnberg.
 
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