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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Zur Wiener Dekorationsmalerei, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0008
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IE folgenden Zeilen sollen einen Beitrag
zur Charakteristik der. neuen Wiener
Dekorationsmalerei bieten. Ich bin mir
bewusst, dass dies ein etwas heikles
Unterfangen ist. Heikel ist ja alles
Schreiben über Zeitgenossen, doppelt
heikel, wenn es sich um eine ganze Gruppe von
Schaffenden handelt auf einem Gebiete, auf welchem die
Läuterung der Ansichten und Absichten eben in der
Entwicklung begriffen ist und die einzelnen künstle-
rischen Individualitäten nicht leicht unter einem ge-
meinsamen Gesichtspunkte betrachtet werden können.
Es ist ja in der Kunst heute mehr denn je alles in
Fluss und Bewegung, es herrscht ein Eingen nach neuen
Formen und neuer Erkenntnis, das noch für lange keinen
einheitlichen Stil erwarten lässt. Die Auseinandersetzung
zwischen den aus der Antike überlieferten Kunstregeln
und den Ansprüchen, welche die Natur erhebt, diese
Auseinandersetzung, welche die Kenaissance aufgenom-
men und die Kunsttheorie des 18. Jahrhunderts und die
Romantik des 19. Jahrhunderts eher verwirrt als ge-
fördert hat, ist noch nicht zum Abschlüsse gekommen.
Inmitten der die alten Glaubenssätze des künstlerischen
Katechismus erschütternden Bewegung stehend ist es
Kuiistgewei'lielilatt. N. F. VII. II. 1.

Nachdruck verboten.

sclwer, wenn nicht unmöglich, sich zu einer Freiheit
der Beurteilung zeitgenössischer Kunstleistungen zu er-
heben, die ein annähernd sicheres Urteil verbürgt. Man
wird immer dem Einen zu viel, dem Anderen zu wenig
gewähren.

Im Zusammenhange mit dieser Bewegung, die unter
allen Umständen frisch pulsirendes Leben bedeutet, steht
die eigentümliche Erscheinung, dass unsere Akademien
immer mehr an Einfluss verlieren, dass die Neigung
zur Bildung von Schulen allmählich verschwindet. Die
Individualitäten verlangen ihr Recht, die Talente gehen
ihre eigenen Wege; es ist ein Kampf wie auf socialem
Gebiete, dass autoritäre Princip wird untergraben, das
freie Ausleben der Persönlichkeit begehrt, jeder will
nach seiner Facon selig werden. Dieser Kampf, dieses
Bingen, dieses Bedürfnis nach freier Entfaltung, gepaart
mit dem Talente es geltend zu machen und sein Recht
zu erweisen, ist nun freilich bei den verschiedenen Völ-
kern verschieden. Und unsere guten Österreicher sind
gewiss auch auf künstlerischem Gebiete durchaus keine
Revolutionäre; der konservative Zug, der dem Österreicher
eigen ist und ihn vor anderen auszeichnet, äußert sich
auch hier. Und doch! Im Punkte des Einflusses der
Akademien steht es bei uns heute auch nicht viel anders

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