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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0199
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Breslau, Kunstgewerbeverein. In Betreff einer zeit-
gemäßen Reorganisation der Kunstgewerbosehule ist nun auf
wiederholte Vorstellungen hin von Seiten der kgl. Staats-
regierung ein energischer Schritt geschehen. Hoffentlich tritt
eine Verbesserung der Anstalt bald ins Leben. Nachdem
am 15. und 16. Juni die Klassen der Kunst- und Kunst-
gewerbeschule von der Regierungskommission einer eingehen-
den Besichtigung unterzogen wurden, trat am 17. Juni im
Oberpräsidialgebäude die Kommission nebst Vertretern der
Regierung, beteiligter Körperschaften, des Direktors der Schule
und Lehrer derselben, unter dem Vorsitz des Oberpräsidenten
von Schlesien, Fürst Hatzfeldt, zu einer Beratung zusammen.
Wie nun der erste Vorsitzende des Kunstgewerbevereins aus
Ramsch in dem in der Sitzung vom 24. Juni erstatteten Bericht
mitteilt, verlief die Konferenz folgendermaßen: Herr Geh. Ober-
regierungsrat Müller erklärte, dass die Kommission auf Grund
der Eingaben des Kunstgewerbevereins und des Schlesischen
Centralgewerbevereins vom Kultusminister gesendet sei. Er
spendete der sachlichen und den Stoff erschöpfenden Denk-
schrift des Vereins Lob, indem er dieselbe als ersprießlich
geeignet halte, die Sache zu fördern. Er habe die Ansicht,
dass die Verbindung von Kunst- und Kunstgewerbeschule
aufrecht zu erhalten sei. Die Kunstschule sei in ihrem
jetzigen Umfange zu erhalten und die Kunstgewerbeschule
namentlich durch Fachklassen zu erweitern. Bindende Ver-
sprechen könne er jedoch nicht geben. Wenn der Staat
allein die Schule erweitere, wäre es wünschenswert, dass
Stadt und Provinz für Stipendien sorgten. Es sprach sich
sodann Herr Geheimer Kommerzienrat Websky vom Schles.
Centralgewerbeverein dahin aus, der Herr Minister möge
die in Aussicht genommene Gründung eines Kunstgewerbe-
museums unterstützen. Er sei auch für Beibehaltung der
Kunstschule. Hierauf ergriff Herr Rumseh das Wort, um
auszuführen, dass die beabsichtigte Erweiterung der Schule,
in Folge der dazu notwendigen Bauten, gewiss noch Jahre
dauern würde. Es empfehle sich deshalb, vom nächsten
Herbst an schon die bestehende Trennung beider Anstalten
aufzuheben und den Schülern der Kunstgewerbeschule das
Hospitiren in der Kunstschule zu gestatten. Bezüglich der
Reorganisation wies er auf das in der Denkschrift verzeichnete
Programm hin, in welchem auf die in Schlesien am hervor-
ragendsten vertretenen Industrieen Rücksicht genommen sei.
Dass diese Industriezweige, welche Redner eingehends vor-
führte, noch Erspießlicheres leisten würden, wenn sie durch
entsprechende Fachklassen mit hervorragenden Lehrern unter-
Kunstgewerbeblatt. N. F, VII. H. 11.

stützt würden, sei nicht zu bezweifeln. Z. B. sei für die hier
blühende Kunsttischlerei ein völlig unzureichender Unterricht
an der Anstalt. Der Regierungspräsident Herr -von Ileycte-
brand und der Laaa bemerkte sodann, dass die hiesige
Regierung seit 1894 eine bessere Einrichtung der Kunst-
gewerbeschule anstrebe. Er bat Professor Ewald, einige Ge-
sichtspunkte, die zur Neugestaltung in Betracht kämen, zu
geben. Professor Direktor Ewald stellte zunächst fest, in
welchen Disciplinen beide Anstalten zusammenfielen. Vor
allem seien ihnen die Ausdrucksmittel gemeinsam. Es sei
daher möglich, eine einheitliche Vorschule zu schaffen, die
beiden Richtungen genüge. Nachher könne eine Teilung ein-
treten in Kunst- und Kunstgewerbe-Fachklassen. Auf eine
Anregung hin erklärte sodann der Direktor der Anstalt,
Herr Professor Kühn, dass es möglich sein würde, schon im
kommenden Wintersemester eine Fachklasse für figurales
dekoratives Modelliren und Malen zu errichten. Herr Ober-
bürgermeister Bender äußerte sich dahin, dass die Stadt-
verwaltung nicht mehr wie früher eine Akademie wünsche,
sondern kräftig das Kunstgewerbe fördern wolle, doch
möge die bestehende Kunstschule erhalten bleiben, wenn
auch Schlesien für die Kunst kein besonders günstiger Boden
sei. Bezüglich der gewünschten Stipendien könne er keine
bindende Erklärung abgeben, werde aber die Sache zu för-
dern suchen. Wenn der Staat die Fürsorge für die Schule
allein auf sich nehmen würde, dann sei es gewissermaßen
Pflicht, dass die Stadt in Verbindung mit interessirten
Faktoren zur Errichtung eines Kunstgewerbemuseums schreite.
Landeshauptmann Herr von Iiöder bedauert es, bezüglich
Stipendien von Seiten der Provinz keine bindende Erklärung
geben zu können. Er werde aber dafür eintreten. Herr
Kunsttischlermeister Kimbcl betonte die Zweckmäßigkeit der
Gründüng eines Kunstgewerbemuseums. Dasselbe sei ein
wichtiges Lehrmittel für die Schule und biete dem Publikum
Gelegenheit, seinen Geschmack zu bilden. Zum Schluss
dankte Herr Geh. Oberregierungsrat Müller dem Landes-
hauptmann und Oberbürgermeister für das gezeigte Entgegen-
kommen und drückte seine Befriedigung über das Ergebnis
der Verhandlungen aus. Er hege die Hoffnung, dass die
Regierung bald eine eingreifende Änderung herbeiführen
werde. Herr Oberpräsident Fürst Ratzfeldt gab dann ein
Resume der Verhandlungen, welches darin gipfelte, dass die
Verbingung zwischen Kunst- und Kunstgewerbeschule aufrecht
zu erhalten sei, die Kunstgewerbeschule solle insbesondere
durch Fachklassen erweitert werden und die Kunstschule in
ihrem Bestände erhalten bleiben. Es sei eine Gewährung
von Stipendien von Seiten der Stadt und Provinz wünschens-
wert. Für die Errichtung eines Museums müssen die Stadt
und beteiligte Vereine eintreten. Die zahlreich besuchte
Sitzung spendete den Ausführungen des ersten Vorsitzenden
H. Rumseh lebhaften Dank. Sodann gab Herr Martin Kimbel
einen ausführlichen mit Humor untermischten Bericht über

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