KLEINE MITTEILUNGEN.
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über dies Werk den ganzen Reichtum
gegossen. Wenn man dieses Pult
eine ungewöhnlich gut vergoldete
Gruppe aus Bronze, die durch
einen leichten Federdruck ver-
schwindet und einem mit den kost-
barsten Steinen besetzten Schreib-
zeuge Platz macht. Die Lade ober-
halb dieses Schreibzeuges ist für
Papiere oder Geld bestimmt. Die
kühne Hand, die eventuell in un-
erlaubter Absicht in diese Schub-
lade greifen will, würde sich sehr
schnell verraten; denn die Berühr-
ung der Lade genügt, um eine unter
der Schreibplatte angeordnete Orgel
zum Ertönen zu bringen. Außerdem
befinden sich in dem Tische noch
mehrere kleine Schubkästen, um
geheime Papiere etc. aufzubewahren.
Wünscht man zu lesen, anstatt zu
schreiben, so zieht man eine Tafel
heraus und im Augenblicke ist das
bequemste Lesepult hergestellt. Aber
man muss in der That dies einzig-
artige Pult sehen, um von seinen
kostbaren Intarsien, Dekorationen
mannigfacher Natur und seinen sinn-
reichen Vorkehrungen eine gute
Vorstellung haben zu können; es
ist fast unmöglich, eine genügende
Beschreibung zu geben. Der Künst-
ler verlangte 20000Rubel; die Kai-
serin glaubte aber, dass derselbe
damit nicht bezahlt sei und legte
unaufgefordert 5000 Rubel zu. Be-
rühmt waren noch besonders zwei
Stücke aus der Roentgen'schen Werk-
stätte, der wir noch kurz Erwäh-
nung thun wollen. Unser Künstler
arbeitete sie gemeinsam mit seinem
geschicktesten Schüler Michel Rum-
mer (geb. 1747J. Die eine Tafel
war für das Kunstkabinett der Kö-
nigin von Frankreich bestimmt, die
andere für den Prinzen Karl von '
Lothringen. Die erste Tafel stellte
den Friedensschluss zwischen den
Römern und Sabinern vor; die an-
dere eine Scene aus dem Leben
Scipio's, des Afrikaners. Rummer
hat die meisten Figuren eingelegt.
Beide Künstler brachten die Tafeln
zunächst nach Brüssel. Einzelne
Forscher haben diese Werke für
identisch mit den bei den oben er-
wähnten Platten im Kunstgewerbe-
museum zu Wien gehalten; diese
schildern aber Ereignisse aus dem
Leben des Coriolan. Welcher Maler
die Zeichnung geliefert hat, ist nicht
sicher bekannt; aber es ist sehr
wohl möglich, dass auch diesmal
J. Zick dieselben entworfen hat.
Dieser Künstler, der sehr viel in den
seiner Erßndung'aus-
öffnet, erblickt man
Pilaster im Vorsaal
für den Bundesrat im neuen Eeichstagsliause,
modelHrt von Professor Otto Lessing, Berlin.
Kirchen der alten Kurfürstentümer Mainz und Trier gemalt hat,
war in dieser Hinsicht der künstlerische Mitarbeiter des
Roentgen'schen Etablissements. Zum
Schlüsse sei noch an ein Wort, das
^^^_ Goethe in „Wilhelm Meister's Wan-
derjahren" ausspricht, erinnert. Er
spricht von dem Palaste der kleinen
Zwergenprinzessin und vergleicht ihn
mit einem Roentgen'schen Schreib-
pulte. „Wer," sagt er, „einen künst-
lichen Schreibtisch von Roentgen ge-
sehen hat, wo mit Einem Zug viele
Federn und Ressorts in Bewegung
kommen, Pult und Schreibzug, Brief-
und Geldfächer sich auf einmal oder
kurz nacheinander entwickeln, der
wird sich eine Vorstellung machen
können, wie sich jener Palast ent-
faltete." Gewiss eine sehr deutliche
Kundgebung für das Ansehen der
Tischlerei unseres Meisters, der selbst
in Frankreich den französischen Ri-
valen gleichgestellt wurde und noch
wird. (Hamb. Nachr.)
Die Elirengabe schlesiseher
Frauen und Jungfrauen xuru 80. Ge-
burtsfeste des Fürsten Bismarck.
Unter den vielen Geschenken, wel-
che deutsche Liebe und Treue dem
Schöpfer der deutschen Einheit zu
seinem 80. Geburtstage dargebracht
haben, nimmt die Gabe der schle-
sischen Frauen und Jungfrauen
wegen ihrer Originalität und künst-
lerischen Wertes eine hervorragende
Stelle ein. Die Gabe stellt im
wesentlichen eine Art Stehpult dar,
das Pult selbst ist zu einem Schrein
ausgebildet, welche eine in Silber
getriebene, mit Gold und Email ver-
zierte Deckplatte trägt. Der Schrein
enthält zu unterst die Namen der Tau-
sende von schlesischen Frauen und
Jungfrauen, welche die Mittel auf-
brachten, sodann in verzierter Schrift
eine Widmung und zu oberst eine
auf Pergament gemalte figuren-
reiche Allegorie, die eigentliche
Adresse. Das in schönem, braun
getöntem Holz gearbeitete Fußge-
stell und Schreingehäuse ist vom
Zeichner Pauliny entworfen und von
der Firma Gebrüder Bauer ausge-
führt. Der Adressenschrein ruht in
der Hauptsache auf zwei Greifen,
welche in stilistischer Weise zu tra-
genden Füßen ausgebildet sind. Die
Art der Anordnung giebt dem Gan-
zen eine angenehme Form und trotz
allen Reichtums an Schmuck eine
vornehme Wirkung. Der Entwurf
zur silbernen Platte und die Zeich-
nungen zu den sonstigen ange-
brachten Kartuschen sind vom Maler
und Konservator Sitxmann gefertigt;
31
über dies Werk den ganzen Reichtum
gegossen. Wenn man dieses Pult
eine ungewöhnlich gut vergoldete
Gruppe aus Bronze, die durch
einen leichten Federdruck ver-
schwindet und einem mit den kost-
barsten Steinen besetzten Schreib-
zeuge Platz macht. Die Lade ober-
halb dieses Schreibzeuges ist für
Papiere oder Geld bestimmt. Die
kühne Hand, die eventuell in un-
erlaubter Absicht in diese Schub-
lade greifen will, würde sich sehr
schnell verraten; denn die Berühr-
ung der Lade genügt, um eine unter
der Schreibplatte angeordnete Orgel
zum Ertönen zu bringen. Außerdem
befinden sich in dem Tische noch
mehrere kleine Schubkästen, um
geheime Papiere etc. aufzubewahren.
Wünscht man zu lesen, anstatt zu
schreiben, so zieht man eine Tafel
heraus und im Augenblicke ist das
bequemste Lesepult hergestellt. Aber
man muss in der That dies einzig-
artige Pult sehen, um von seinen
kostbaren Intarsien, Dekorationen
mannigfacher Natur und seinen sinn-
reichen Vorkehrungen eine gute
Vorstellung haben zu können; es
ist fast unmöglich, eine genügende
Beschreibung zu geben. Der Künst-
ler verlangte 20000Rubel; die Kai-
serin glaubte aber, dass derselbe
damit nicht bezahlt sei und legte
unaufgefordert 5000 Rubel zu. Be-
rühmt waren noch besonders zwei
Stücke aus der Roentgen'schen Werk-
stätte, der wir noch kurz Erwäh-
nung thun wollen. Unser Künstler
arbeitete sie gemeinsam mit seinem
geschicktesten Schüler Michel Rum-
mer (geb. 1747J. Die eine Tafel
war für das Kunstkabinett der Kö-
nigin von Frankreich bestimmt, die
andere für den Prinzen Karl von '
Lothringen. Die erste Tafel stellte
den Friedensschluss zwischen den
Römern und Sabinern vor; die an-
dere eine Scene aus dem Leben
Scipio's, des Afrikaners. Rummer
hat die meisten Figuren eingelegt.
Beide Künstler brachten die Tafeln
zunächst nach Brüssel. Einzelne
Forscher haben diese Werke für
identisch mit den bei den oben er-
wähnten Platten im Kunstgewerbe-
museum zu Wien gehalten; diese
schildern aber Ereignisse aus dem
Leben des Coriolan. Welcher Maler
die Zeichnung geliefert hat, ist nicht
sicher bekannt; aber es ist sehr
wohl möglich, dass auch diesmal
J. Zick dieselben entworfen hat.
Dieser Künstler, der sehr viel in den
seiner Erßndung'aus-
öffnet, erblickt man
Pilaster im Vorsaal
für den Bundesrat im neuen Eeichstagsliause,
modelHrt von Professor Otto Lessing, Berlin.
Kirchen der alten Kurfürstentümer Mainz und Trier gemalt hat,
war in dieser Hinsicht der künstlerische Mitarbeiter des
Roentgen'schen Etablissements. Zum
Schlüsse sei noch an ein Wort, das
^^^_ Goethe in „Wilhelm Meister's Wan-
derjahren" ausspricht, erinnert. Er
spricht von dem Palaste der kleinen
Zwergenprinzessin und vergleicht ihn
mit einem Roentgen'schen Schreib-
pulte. „Wer," sagt er, „einen künst-
lichen Schreibtisch von Roentgen ge-
sehen hat, wo mit Einem Zug viele
Federn und Ressorts in Bewegung
kommen, Pult und Schreibzug, Brief-
und Geldfächer sich auf einmal oder
kurz nacheinander entwickeln, der
wird sich eine Vorstellung machen
können, wie sich jener Palast ent-
faltete." Gewiss eine sehr deutliche
Kundgebung für das Ansehen der
Tischlerei unseres Meisters, der selbst
in Frankreich den französischen Ri-
valen gleichgestellt wurde und noch
wird. (Hamb. Nachr.)
Die Elirengabe schlesiseher
Frauen und Jungfrauen xuru 80. Ge-
burtsfeste des Fürsten Bismarck.
Unter den vielen Geschenken, wel-
che deutsche Liebe und Treue dem
Schöpfer der deutschen Einheit zu
seinem 80. Geburtstage dargebracht
haben, nimmt die Gabe der schle-
sischen Frauen und Jungfrauen
wegen ihrer Originalität und künst-
lerischen Wertes eine hervorragende
Stelle ein. Die Gabe stellt im
wesentlichen eine Art Stehpult dar,
das Pult selbst ist zu einem Schrein
ausgebildet, welche eine in Silber
getriebene, mit Gold und Email ver-
zierte Deckplatte trägt. Der Schrein
enthält zu unterst die Namen der Tau-
sende von schlesischen Frauen und
Jungfrauen, welche die Mittel auf-
brachten, sodann in verzierter Schrift
eine Widmung und zu oberst eine
auf Pergament gemalte figuren-
reiche Allegorie, die eigentliche
Adresse. Das in schönem, braun
getöntem Holz gearbeitete Fußge-
stell und Schreingehäuse ist vom
Zeichner Pauliny entworfen und von
der Firma Gebrüder Bauer ausge-
führt. Der Adressenschrein ruht in
der Hauptsache auf zwei Greifen,
welche in stilistischer Weise zu tra-
genden Füßen ausgebildet sind. Die
Art der Anordnung giebt dem Gan-
zen eine angenehme Form und trotz
allen Reichtums an Schmuck eine
vornehme Wirkung. Der Entwurf
zur silbernen Platte und die Zeich-
nungen zu den sonstigen ange-
brachten Kartuschen sind vom Maler
und Konservator Sitxmann gefertigt;