Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

DOI Artikel:
Kleine Mitteilungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0088
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
KLEINE MITTEILUNGEN.

73

-u- Berlin. In der Sitzung des Vereins für Deutsches
Kunstgewerbe am Mittwoch, den 11. Dezember v. J. sprach
Herr Prof. Ferdinand Ijuthmer über Möbel und Innen-
dekorationen. Redner bemerkte einleitend, das besonders
das begüterte Publikum des westlichen Deutschlands seine
Reisen ins Ausland gern dazu benutze, um dort die großen
Magazine zu besuchen, weniger um Einkäufe zu machen,
als um die einheimische Industrie zur Aufmerksamkeit auf
das Ausland zu veranlassen. So seien die großen ein-
heimischen Möbelfabriken und Magazine entstanden, in
denen jede Stilrichtung vertreten sei. Allerdings sei man
zur Beurteilung dieser Verhältnisse auf das Verhalten der
reichen Leute angewiesen, da es trotz aller Bemühungen
durch Konkurrenzen noch nicht gelungen sei, einen charak-
teristischen Typus für die Wohnungen der ärmeren Klassen
zu schaffen. Aber der kleine Mann wolle auch gar kein
unterscheidendes Mobiliar, das ihn als solchen kennzeichne.
In dieser Erscheinung liege auch der Grund des rapiden
Wechsels in unseren Stilrichtungen und die Erklärung, dass
wir bis jetzt zu keinem deutschen Stil gelangt seien. Zwar
sei in den siebziger Jahren mit der deutschen Renaissance
ein viel versprechender Anfang gemacht, aber wie die Kunst
keine nationalen Grenzen kenne, so fuße auch jene Bewegung
vielfach auf ausländischen, z. T. auf flämischen Einflüssen.
Somit seien wir immer noch abhängig von Frankreich,
Amerika und England. Frankreich blicke mit Stolz auf eine
ununterbrochene Tradition in den Stilformen. Abgesehen
von neuerdings hervortretenden englischen Einflüssen, seien
die historischen Stile Frankreichs (Louis XVI. und Empire)
auch für uns immer noch vorbildlich. Was Amerika's Ein-
fluss beträfe, so ertöne zwar von jeder amerikanischen Welt-
ausstellung ein Alarmschuss über unser Kunstgewerbe, aber
es sei ein gutes Zeichen unserer Selbständigkeit, dass wir
mit diesen Drohungen immer bald fertig würden, auch seien
amerikanische Möbel und Beleuchtungskörper für unsere
Verhältnisse kaum verwendbar. Das Gesunde darin sei eng-
lisch. In England habe die dekorative Kunst durch die
Verbindung der besten Gesellschaft mit den Künstlern einen
enormen Aufschwung genommen; überall trete die gesunde
Tradition der Gotik hervor, wenn auch zuweilen auf Kosten
der Schönheit, und dieser Einfluss auf unsere moderne Pro-
duktion sei von der größten Wichtigkeit. In dem selb-
ständigen Verarbeiten dieser Einflüsse werde und müsse die
Zukunft unserer modernen heimischen Dekoration liegen. —
Ausgestellt waren Möbel und Möbelzeichnungen von den
Firmen: Gebrüder Bauer, Reinhold Beck, Lommatzsch &
Schweder, Ludwig Lüdtke, G. Olm, J. C. Pfaff, Paul Schirmer,
G. Wenkel Nachf.; Glasfüllungen von G. Schulze & Jost.

-u- Berlin. Im Verein für Deutsches Kunstgewerbe
sprach am Mittwoch den 15. Januar Herr Professor A. Waag,
Direktor der Kunstgewerbeschule in Pforzheim, über den
heutigen Stand der Pforzheimer Edelmetallindustrie, die
Pforzheimer Kunstgewerbeschule und den Pforzheimer Kunst
gewerbeverein. Die Gründung der Pforzheimer Bijouterie-
fabrikation falle in die Jahre 1767—1770, als Markgraf Karl
Friedrich von Baden dem Franzosen Autran die Konzession
erteilt habe zu einer Uhren- und Stahlwaren- und Bijouterie-
fabrik. Erstere sei bald wieder eingegangen, letztere sei
stetig emporgeblüht, nachdem sie 1776 auf eigene Füße ge-
stellt worden sei. Im Jahre 1800 seien 26 Betriebe mit
■522 Arbeitern vorhanden gewesen, heute sei sie eine mäch-
tige Industrie, in welcher künstlerische Handarbeit und
maschinelle Hilfsarbeit neben einander betrieben würden,
und welche fast nach allen Ländern der Erde exportire. Zur
Zeit seien etwa 540 Betriebe mit 12—13000 Arbeitern vor-
handen. Der Arbeitslohn betrage etwa 11 Mill. Mark jähr-
Kunsteewerbeblatt. N. F. VII. H. 5.

Bekrönung der Treppenspindel im
des Reichstagsgebäudes (s. d

Bücherlesesaal
beigeh. Tfl.)

10
 
Annotationen