Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

DOI Artikel:
Jessen, Peter: Die Kunst im Plakatwesen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0109
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
DIE KUNST IM PL AK AT WESEN.

91

täuschen kann noch will, das nur den einen Zweck hat,
zu wirken, sollte man beginnen. Hier wenigstens sollten
sich die Betriebsleiter und Vermittler, in deren Hände
dieses Kunstgebiet gegeben ist, auf ihren eigenen Wert
und ihre eigene Kraft, auf den Stil ihrer Ware besinnen.
Wer diesen Stil ausnutzt und ausbildet, ist zunächst
bei allen Verständigen und, wenn er den rechten Künstler
findet, auch bei der breitesten Masse, des Erfolges sicher.
Aus dem ewigen Zirkel, in dem bei uns sich die Künstler,
die Techniker und das Publikum gegenseitig beschul-
digen und sich hintereinander verstecken, müssen wir
endlich heraus; wer auch anfangen mag, er wird Mit-
arbeiter finden, und der Erfolg wird seine ersten Opfer
lohnen.

Die wohlwollenden Anregungen, die jetzt an manchen
Orten durch Konkurrenzen, Vorträge, Sammlungen, Aus-
stellungen gegeben werden, wollen wir dankbar be-
grüßen. Aber das, was wir durch die Plakatkunst
hoffen und erwarten, dass unsere besten Künstler sich

wieder einmal mit Ernst einer technischen Arbeit zu-
wenden, scheint sich nur langsam zu erfüllen. Noch
ergiebt es sich oft, wie bei der Konkurrenz um das
Berliner Ausstellungsplakat, aus der wir einige Ent-
würfe abbilden können, dass nur die Kunstgewerbe-
schüler mit ihrer wesentlich ornamentalen Vorbildung
überhaupt die Aufgaben des Plakats zu erfassen ver-
mögen. Aber es wird Zeit, dass alle Besten sich der
Arbeit unterziehen, damit die deutsche Plakatkunst
endlich ihren Platz erobere neben der unserer Nachbarn,
damit es nicht heiße, wie in einem kürzlich gedruckten
Bericht über das Plakat aller Länder: Deutschland
vacat. Aus der Vielheit der fremden Versuche können
wir für die Technik vieles, ja fast alles lernen; aber
auch das eine dürfen wir nicht vergessen, dass es nicht
darauf ankommt zu zeichnen wie Cheret oder Grasset
oder Bradley oder wer sonst, sondern dass jeder Künstler
so zeichnen muss, wie ihm selbst ums Herz ist: nur
dann werden wir eine deutsche Plakatkunst haben.

Schlüssel aus dem Kunstgewerbemuseum in Leipzig. Aufgenommen und gezeichnet von Arch."_M. Bischof - Leipzig.

12*
 
Annotationen