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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0127
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KLEINE MITTEILUNGEN.

A. Eclcardt, der durch zwei untergelegte Bleistücke die Fähig-
keit, auf einem Punkte gestützt zu schweben, verliehen war.
Im Hintergrunde des Saales erhob sich eine stattliche Bühne,
aus deren Vorhang der Vorsitzende des Festausschusses, Herr
Aug. Meyer, alsbald hervortrat, um nach freundlichen Be-
grüßungsworten das gesellige Szepter Herrn Baurat Semper,
dem Vorsitzenden des Vereins, zu übergeben. Es entwickelte
sich nun neben den kulinarischen Genüssen, die Herr Sage-
biel spendete, ein Redetournier, das an feierlichen, ernsten
und heiteren Episoden reich und vielfach bemerkenswert
war. Baurat Semper wies auf das Zusammentreffen dieses
ersten Jubiläums mit dem Jubiläum des deutschen Reiches
hin und erinnerte an die so lange unerfüllt gebliebene Sehn-
sucht unserer Väter nach Einheit und Einigkeit, die in der

der Kopf und die Hand des Meisters genügen, um das Kunst-
werk zu vollenden, so bedarf das Kunsthandwerk eines froh
arbeitenden, selbstdenkenden, von den schwersten Banden
dumpfer Sorge befreiten Arbeiterstandes, um gedeihlich
wirken zu können. Wenn wir uns dessen bewusst sind, so
darf der Verein, dessen Streben dem Kunsthandwerk zu-
gewendet ist, mit umso größerer Dankbarkeit, mit umso
festerem Vertrauen zum Kaiser emporblicken, dessen Wille
und Streben es ist, die Grundpfeiler auch unseres Strebens
zu unterstützen. Die Rede gipfelte dem entsprechend in
einem Hoch auf Se. Majestät, den Erhalter des Vaterlandes,
den Beschützer und Förderer der Künste wie des Hand-
werkes, des Meisters wie der Arbeiter. Nachdem das Hoch
erklungen, das ,,Heil dir im Siegerkranz" ertönt war, wurde

Apotheose des Festspiels vom 10. Stiftungsfest des Hamburger Kunstgew erbevereins, gezeichnet von A. Eckäkdt.

Person des deutschen Kaisers nun jene sichtbare Verkörperung
fände. Des Weiteren führte der Vorsitzende in gehaltvoller
Rede aus, dass das Kunstgewerbe als eine Verschmelzung
der Künste mit dem Handwerke anzusehen sei. Von dem
ersteren empfängt es Schulung, Anregung und Befruchtung;
seine Wurzeln aber ruhen im goldenen Boden des Hand-
werkes, von da saugt es sich Kraft und Tüchtigkeit. In den
klassischen Zeiten des Kunstgewerbes, da Kunst und Hand-
werk noch durch keine Spitzfindigkeit ihre Gemarkung ge-
schieden hatten, waren die Gesellen des Meisters, welche
auch Anteil an den Meisterwerken hatten, „fröhliche Ge-
sellen", sie waren um ihrer Thätigkeit und Fähigkeit willen
geschätzt und nahmen einen besseren Platz in der bürger-
lichen Familie ein. Erst spätere Zeiten dumpfer, materieller
und namentlich geistiger Verarmung haben gewisse Schei-
dungen und Anschauungen geschaffen, mit denen wir noch
zu kämpfen haben. Wenn in den sogenannten freien Künsten

das Kaiserlied von L. Streloio gesungen. Hierauf ergriff
Direktor Brinckmann das Wort zu einer eindringlichen, ge-
haltreichen Ansprache. Er erinnerte an die bescheidenen
Anfänge des Vereins vor zehn Jahren, als 136 Personen die
Gründung des Vereins vollzogen. Die Anregung zur Gründung
ging von acht Herren aus, von denen drei nicht mehr am
Leben seien: Rülffs, Lorenz und Denoth. Von den schon
damals ernannten drei Ehrenmitgliedern des Vereins seien
zwei, die Bürgermeister Kirchenpauer und Weber, nicht mehr
am Leben, der dritte, Herr E. G. Vivie, leider schwer krank.
Heute zähle der Verein 800 Mitglieder. Ist denn nun, fuhr
der Redner fort, eine plötzliche große Blüte des Kunst-
gewerbes in Hamburg aufgegangen? Wer das erwartet hat,
der wird enttäuscht sein. Im Gegensatze zu andern deutschen
Städten fehlte in Hamburg, obwohl es auf einigen Gebieten
Tüchtiges leistete, die stete Überlieferung, das Kunsterbe.
Der Kaufmann ist nun einmal gewöhnt, seine Ware dort zu
 
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