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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Kisa, Anton Carel: Antikes Kunsthandwerk am Rhein, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0159
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ANTIKES KUNSTHANDWERK AM RHEIN.

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flächlicher Weise durch Eintauchen der Fäden in Blatt-
gold angewendet. Das Bestreuen mit Goldstaub, das
Auflegen von Blattgold wurde schon im 1. Jahrh. in Alexan-
drieu geübt; von dort aus kam auch die Bemalung mit
flüssigen Schmelzfarben, die eingebrannt wurden und
deshalb haltbar waren. Die Gläser dieser Sorte gehen
nicht über das Ende des 3. Jahrh. zurück. Gleichzeitig
mit ihnen und manchmal mit Emailmalerei kombinirt
erscheint die solide Vergoldung durch Überfangen des
Glases oder der Bildfläche mittelst einer dünnen farb-
losen Glasschichte, bekannt aus der Mosaiktechnik und
den sog. Fondi d'oro, die nicht nur in den römischen
Katakomben, sondern in sehr guten Exemplaren auch in
Kölner und Trierer Gräbern gefunden wurden. Zu ihnen,
die gewöhnlich Einzelmedaillons mit Köpfen, dem Mono-
gramm Christi und Inschriften in Gold tragen, treten
größere Gefäße, wie die Glaskassette von Neuß, die
Patene von St. Ursala in Köln, die jetzt nach London
gewandert ist, der gleichfalls dahin verschlagene Becher
der ehemaligen Sammlung Disch, ein potorium gemmatum
mit eingesetzten Medaillons, die biblische Scenen in Gold
auf blauem und grünem Emailgrundo enthalten u. a. In
Byzanz wurde diese Technik bis ins 14. Jahrh. hinein
nachgeahmt und verschwand dann, um in den eglomisirten
Gläsern der Kenaissance und den Zwischenvergoldungen
der böhmischen Glasindustrie des 18. Jahrh. wieder auf-
zuleben.

Mit der Glasindustrie erhob sich in den gallisch-
rheinischen Ländern die verwandte Technik des Schmelz-
schmuckes zu großer Bedeutung. Die ersten Anfänge
derselben gehen noch in vorrömische Zeit zurück und
sind wahrscheinlich durch ägyptische, von Phöniziern
an die Küsten der keltischen Länder gebrachte Arbeiten
hervorgerufen. Während in Italien der Schmelzschmuck
nicht geübt wurde, galten die Kelten darin als Meister.
Die nicht zahlreichen Arbeiten dieser Art, die man in
Italien findet, sind gallischer Import; in rheinischen
Gräbern sind schon im 1. Jahrh. n. Chr. Gewandnadeln,
Anhänger, Siegelkapseln, Kundbeschläge, Fingerringe
und andere Schmucksachen mit farbigem Grubenschmelz
sehr häufig. Er bildet geometrische Formen, Bänder
und Kinge, Schachbrett- und Kautenmuster, Rosetten
in weiß, rot, blau, grün, gelb, dunkelbraun und schwarz,
verfügt also über eine weit reichere Farbenskala als das
rheinische Schmelzwork der romanischen Zeit. Die ein-
zelnen Farben sind durch ausgesparte Metallstege ge-
trennt, aber oft unmittelbar nebeneinander gesetzt. Durch
Eindrücken kleiner farbiger Glasstifte in die noch weiche
Paste wurden zierliche Streumuster von Blümchen und
Kosetten in hellen Farben auf dunklem Grunde herge-
stellt. Solche Arbeiten auf scheibenförmigen Gewand-
nadeln wurden in neuester Zeit in großer Zahl in Mainz
zusammen aufgefunden, darunter unvollendete Stücke,
was auf eine Schmelzwerkstätte schließen lässt. Im
4. Jahrh. versuchte man sich auch in figürlichen Dar-

stellungen in Zellenschmelz, allerdings in einer naiven,
an angelsächsische Miniaturen erinnernden Weise der
Umrisslinien. Mit dem Ende der Römerherrschaft bricht
diese schöne Technik jäh ab; den Franken galten ge-
schnittene farbige Glasstücke und Halbedelsteine, nament-
lich Almandine in Kastenfassung, als ein glänzenderer
und bequemer herzustellender Schmuck, zu welchem der
Orient und Italien Vorbilder lieferten. Erst in Byzanz
wurde die Schmelztechnik wieder belebt und von da an
den Rhein zurückgebracht.

Dagegen haben sich von Römerzeiten her unter
Franken und Alemannen zwei andere Verzierungsarten
des Metalles erhalten, die Tauschirarbeit in Gold und
Silber, sowie das Niello; in ersterer übertrafen die
Barbaren sogar bald ihre Meister. Bis zum 4. Jahrh.
ist in diesen Techniken am Rhein sehr Bemerkenswertes
geleistet worden, namentlich in der Verzierung von
Waffen, Tischgeräten, bronzenen Tintenfässern, Arznei-
kästchen, Fibeln und anderen Schmucksachen. Der Luxus
in Gewandnadeln war größer als in Italien. Eine un-
endliche Mannigfaltigkeit herrscht in ihren Formen;
außer den auch in Italien heimischen giebt es eine große
Zahl von Phantasiemustern, von welchen einzelne, wie
die in Gestalt von Vögeln, Pferdchen und anderen Tieren,
neben den Rad- und Scheibenfibeln durch die fränkische
Periode hindurch bis ins Mittelalter übergehen. Eine

Glaskanne mit bunter Fadenverzierung. 3. Jahrh.
Köln. Museum W. H.
 
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