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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Kleine Mitteilungen
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KLEINE MITTEILUNGEN.

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Kx-Libris-Zeichnung von 0. Sohwindrazheim, Hamburg.

Gegenstände, die vermöge ihrer Form künstlerischer Be-
handlung widerstreben, plastisch anziehend gestalten kann,
sieht man an Enibry's Geldschrankmodell, welcher in „der
ewigen Chimäre" eine an Michelangelo's „Sturz der Engel"
erinnernde Komposition genial zur Ausführung bringt,
während er das Modell eines Opferstocks mit einem Relief-
fries von Gestalten armer Leute und Greise umgiebt. Die
Elfenbeinschnitzerei ist nur durch Samuel (Brüssel) vertreten,
der auf zwei cylindrischen Gefäßen aus Elfenbein in Ver-
bindung mit Bronze und Silber Eva unter einem Obstbaum
und Flora mit Lilien herausgearbeitet hat. Um den Metall-
gefäßen die ihnen infolge des Fehlens farbiger Verzierungen
eigene Einförmigkeit zu nehmen, schmückt man sie gern
mit bunten eingelegten Platten von Glasschmelz, eine Kunst,
welche stets in Frankreich gepflegt wurde. Beizend in
diesem Genre präscntirt sich eine Speisezimmervase von
Georges Jean mit bunten Weinlaubverzierungen. Außer-
ordentlich ist die Wirkung bei durchscheinenden dünnen
Emailplatten, welche in ihrer leuchtenden Transparenz an
Glasgemälde erinnern, wie bei einigen Vasen und Bechern
von Hirth mit Herbstlaub, Pfauenfedern und einer Cleopatra,
Ein wahres Meisterstück der Goldschmiedekunst darf man
einen goldenen Kelch von Falize nennen, um welchen sich
ein figurenreicher Ernailfries von großer Feinheit und der
harmonischsten durchsichtigen Lichtwirkung hinzieht. Da-
neben wird aber die Emaillemalerei auch als selbständige

Kunst zur Herstellung von Gemälden benutzt und ist für
Porträts, mythologische Scenen und Reproduktionen der
Werke alter italienischer und niederländischer Meister beliebt,
wie ein Greis von Memling, kopirt durch Mercurot, Matsys
Heil. Jungfrau von Richard, Bronzino's Heil. Familie (Man-
dart) etc. Die der Emaillirkunst nahe verwandte Glasmalerei
ist im Marsfeldsalon glänzend repräsentirt worden durch
Gallands 10 große Glasfenster, welche die ganze Geschichte
der Jungfrau von Orleans darstellen. Der Künstler erhielt
den ersten Preis bei der zur Ausschmückung des Doms von
Orleans vor zwei Jahren ausgeschriebenen Konkurrenz. Die
einzelnen Gruppen zeigen dramatisches Leben, und in den-
selben ist das Typische der legendenhaften Gestalten ge-
schickt mit der Vollkommenheit moderner Technik verbun-
den. Indem die Gemälde nach oben in architektonische
Zierate verlaufen, fügen sie sich harmonisch dem architek-
tonischen Rahmen ein. Besonders fein erscheint die Be-
handlung des Landschaftlichen und die der Gewandung bei
den Hof- und Kirchenscenen. Die Wirkung des Werkes ist
eine mächtige. Dagegen treten auch die verschiedenen
Kabinettgemälde in Glas weit zurück. Von Kunstglasbläserei-
Arbeiten heben wir Tiffany's zierliche und schlanke Gläser
nach venetianischer Manier in bunt schillernden Farben
hervor. Neben den aus Glas, Thon und Metall hergestellten
Gefäßen bleibt den übrigen Zweigen des Kunsthandwerks
nur ein geringer Raum. Aus Leder finden sich einige Stücke
mit durch Pressung und Mosaik hervorgebrachten bildlichen
Darstellungen für dekorative Zwecke, einige Sessel mit ge-
pressten Ornamenten und eine Truhe mit reizenden Holz-
verzierungen in Gestalt einer Eidechse. Die Kunstbuchbin-
derei, durch die Bibliophilie mächtig gefördert, steht in
Paris in hoher Blüte. Neben altertümlichen Möncheinbänden
und gediegenen Majolidecken finden wir namentlich in
Wiener's Kollektion auf dem Marsfelde die neuere Richtung
einerseits der japanischen und phantastischen Buchbekleidung,
welche oft bizarre Formen annimmt, und daneben Ein-
bände, welche mit allen Hilfsmitteln der Technik darnach
streben, mit der Malerei zu rivalisiren und wozu Entwürfe
von Künstlern wie Giraldon Rudnicki etc. angefertigt sind.
Dem gegenüber steht die klassische Schule im alten Salon,
welche nicht durch bildliche Darstellung zu glänzen sucht,
sondern durch Gediegenheit der Arbeit und Einfachheit der
Ornamentik wirkt. In den Liebhaberbänden von Gruel und
Reban verbindet sich auch der feinste Geschmack mit einer
virtuosen Technik. Sowohl die äußere Bekleidung wie
Rücken und Schnitt und die Innenseite sind gleich sauber
mit zierlichen Arabesken und Blumenmustern geschmückt.
Neben Pressung und Mosaikarbeit finden sich auch schöne
gepunzte und eingebrannte Sachen. Die Holzbearbeitung
ist nur durch wenige aber schöne Stücke im Marsfeldsalon
vertreten. Dubois' Holzstatue „das Elend" ist meisterhaft
realistisch ausgeführt, Hestiaux hat eine allerliebste Kollektion
von Holzschnitzereien geliefert. Höchst plastisch ausgeführt
ist ein Schreibtisch, welcher ein großes von Frauengestalten
getragenes Buch bildet mit Sessel, der Lehnen von Katzen
hat und dessen Rücken eine weibliche Figur zeigt. Ein
wahres Kabinettstück ist ein großes Bett in altertümlichem
Stil mit einer Art Baldachin am Kopfende und Engelsköpfen
an den Pfosten, mit eingelegten Holzreliefs geschmückt.
Recht kunstvolle Arbeit zeigt ein Schränkchen für einen
Sammler in inkrustirtem Holzmosaik Auch die textilen
Künste sind durch einige schöne Arbeiten vertreten; wir er-
wähnen nur eine Wandfüllung in Tapisserie ä la Jaquard
nach einem Muster von Rudnicki von Saurel, eine Kamin-
decke in chinesischer Seide mit gemalten Blumen, und im
 
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