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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Kleine Mitteilungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0203
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KLEINE MITTELUNGEN.

177

Industriepalast eine Spitzendecke von Lefebure in feinster
leichter Arbeit nach der Zeichnung des Architekten Corroyer.
Eine höchst anzuerkennende Neuerung hat die Nationale
Künstlergesellschaft im Marsfeldsalon eingeführt, indem sie
alle dekorativen Künste zu einer Gesamtleistung vereinigt,
an welcher alle Sektionen des Vereins mitwirkten, in der
Ausführung eines Bibliothekzimmers vorführt. Dasselbe er-
hält sein Licht durch bunte Glasscheiben, die Wandfüllungen
zeigen Gemälde von Capri. Zahlreiche plastische Arbeiten,
wie die Statue eines sich kämmenden Mädchens in Mar-
mor, ein kleiner Springbrunnen, eine Tänzerin (Leona), sowie
einige Reliefs sind über den Raum verteilt, während ver-
schiedene Ziergerate von Porzellan und Fayence Tische
und Wandbretter schmücken. Bücher, Stiche und Aqua-
relle füllen die Regale und Glasschränke. Das Zimmer
macht den Gesamteindruck vornehmer Gediegenheit und
harmonischen Zusammenpassena aller Einzelheiten. Weit
einfacher aber äußerst anheimelnd ist ein von Serrurier
(Lüttich) ausgestelltes Arbeitskabinett mit altertümlichen
Mahagonimöbeln, wie man sie zu Anfang des Jahrhunderts
hatte, einem großen Arbeitstisch mit Fächern und einem
grünen Kachelkamin.

Paris. Weltausstellung. Die Beteiligung des Deutschen
Reiches ist nunmehr of'ficiell zugesagt und Herr Geheimer
Regierungsrat Dr. Richter zum Reichskommissar ernannt
und Herr Regierungsrat Lewald gleichfalls mit Wahrnehmung
der Geschäfte für die Ausstellung betraut worden. Alle,
welche Herrn Geheimen Regierungsrat Richter anlässlich
seiner Thätigkeit bei der Weltausstellung in Chicago kennen
und sein reges Interesse und hohes Verständnis für die Be-
dürfnisse des Handwerks und der Industrie schätzen gelernt
haben, wird seine Wahl zum Reichskommissar nur sym-
pathisch berührt haben. Es wird nun Aufgabe vor allem
des deutschen Kunstgewerbes, das wohl den schwersten
Kampf auf der Ausstellung im Wettbewerb mit dem ein-
ladenden Lande selbst zu bestehen haben wird, sein, sich
jetzt schon für eine würdige und sehr gewählte Beschickung
zu rüsten. Sache des Verbandes deutscher Kunstgewerbe-
vereine wird es aber auch sein, beizeiten für das einheit-
liche Auftreten des deutschen Kunstgewerbes und das Heran-
ziehen der besten Kräfte einzutreten. Der Vorort bat be-
reits sich an die Reichsregierung gewandt und wird hoffent-
lich bald in der Lage sein, zwecks fester Organisation der
Angelegenheit an die Einzelvereine heranzutreten. H—

MUSEEN.

Aus dem schweizerischen Landesmuseum in Zürich. In
Zürichs schönstem Park, der von der Sihl und Limmat um-
spülten Platzpromenade, erhebt sich der stattliche Gebäude-
komplex des schweizerischen Landesmuseums, das eine
würdige Stätte für schweizerische Kunst- und Kulturdenk-
mäler früherer Jahrhunderte bietet. Und in der That, eine
glücklichere Lösung für eine derartige Sammelstätte hätte
nicht leicht gefunden werden können, und wer den überaus
malerischen Bau mit seinem Turm, seinen Türmchen und
Spitzdächern etc. etc. betrachtet, wird uns gewiss darin bei-
pflichten. Wird es auch bis zur endgültigen Eröffnung des
Museums Frühjahr 1897 werden, so ist doch der äußere und
innere Ausbau so weit gediehen, dass sich ein orientirender
Gang durch seine Räume jetzt schon lohnt, und es sei des-
halb in kurzen Zügen hierüber berichtet. Was zunächst die
äußere architektonische Anlage des Gebäudes betrifft, so ist
der Architekt (Stadtbaumeister Gust. Gull) von dem Grund-

satze ausgegangen, dieselbe dem Inhalte möglichst genau
anzupassen und in Harmonie mit demselben zu bringen.
Es kann deshalb von einem streng einheitlich durchgeführten
Stile nicht gesprochen werden, aber gerade darin liegt der
große malerische Reiz, den das Museum auf den Beschauer
übt; in der möglichsten Rücksichtnahme auf den Inhalt
aber auch ein großer Vorzug des Baues, der dem Architekten
fast unüberwindliche Schwierigkeiten bereitete, aber auch
das allein richtige Prinzip für derartige Bauwerke bildet.
Die ganze Anlage zeigt ein breites Mittelgebäude mit an-
schließenden Flügeln, die zusammen einen weiten Hof um-
schließen von überaus malerischer Wirkung. Das Wahr-
zeichen des Museums ist sein hoher Turm mit buntem Dache.
Unter seinem Thorbogen betritt man das Gebäude, ähnlich
wie man in den meisten alten Schweizerstädten durch das
Stadtthor ins Innere trat. Die großen Wandfläehen des
Thorbogens sollen mit Fresken bemalt werden, die den Ein-
tritt Zürichs in den Schweizerbund 1351 zur Darstellung
bringen. Links unter dem Thorbogen gelangt man durch
die Eingangspforte ins Museum und zunächst in ein hohes
Vestibül, von dem aus eine Treppe ins obere Stockwerk
führt. Die künstlerische Dekoration des Vestibüls soll im
Stile der bekannten Winterthurer Keramik gebalten werden.
Die Antiquarische Gesellschaft Zürich wird ihre wertvollen
Sammlungen im Erdgeschoss unterbringen. Hier sind auch
das Vorstandszimmer mit anstoßender Bibliothek, ferner das
geräumige Lese- und Arbeitszimmer für das Publikum, das

Ex-Libris-Zeiclmung von 0. Schwindrazheim, Hamburg.
 
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