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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 7.1896

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Zur Wiener Dekorationsmalerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.4885#0212
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ZUR WIENER DEKORATIONSMALEREI.

Kunstschreinerei, Sgrafntto von M. Gaertnefi, am Museum für Kunst

und Industrie in Wien.

Aus: Figurale Kompositionen Wiener Künstler.

museums neben jenen geschaffen haben, so erkennt man
deutlich, wie aus der Reaktion, als welche uns die
stilistische und koloristische Sichtung der Munkaczy und
Makart gegenüber der alten Schule erscheint, die jungen
Wiener Meister einen klassischen und dabei doch so
modernen Stil herausgebildet haben, dass uns um die

weitere Entwicklung nicht bange zu sein braucht. Vor
allem gilt hier, was bereits oben auseinandergesetzt wurde,
vielleicht in noch höherem Maße: unsere Künstler schaffen
keine Historikerbilder, sondern Historienbilder; die Pro-
fessorenweisheit, welche alles mit peinlichster geschicht-
licher Treue dargestellt fordert, macht sie nicht irre in
ihrem instinktiv richtigen Empfinden, dass sie, da man
von ihnen vor allem Kunstwerke verlangt, sich nicht in
Kleinkram verlieren dürfen. In diesem Sinne hat sich
die glückliche Naivetät Makart's auf sie vererbt. Da-
mit ist keineswegs gesagt, dass sie nicht imstande
wären, einer konkreten historischen Aufgabe gegenüber
gestellt, der Historie so viel Eecht einzuräumen, als die
Kunst von ihrem Standpunkte aus dies nur immer ge-
stattet. Die glänzendste Leistung dieser Art und eines
der schönsten und gelungensten Werke der modernen
Dekorationsmalerei überhaupt ist das große Decken-
gemälde Julius Berger's: „Die Mäcene der bildenden
Künste im Hause Habsburg", für welches Hg in muster-
gültiger Weise das Programm entworfen hatte. Lützow
hat es in der Zeitschrift für bildende Kunst N. F. IV aus-
führlich gewürdigt. Den Brüdern Klimt und Franz Matsch
ist es gelungen, in den 16 Zwickelbildern im Stiegenhause
des Museums die Entwicklung der Stile mit Berück-
sichtigung aller Anwendungsgebiete des Kunstschaffens
in einer Weise darzustellen, wie dies gar nicht treff-
licher gedacht werden kann. Von Ernst Klimt sind:
die deutsche Kenaissance, Spanien und Niederlande,
italienische Hochrenaissance; von Gustav Klimt: Ägypten,
altitalienische Kunst, römisches und venetianisches
Quattrocento, griechische Antike; von Franz Matsch:
nordische Gotik des späteren Mittelalters, romanische
und byzantinische Kunst, römische Antike, die karo-
lingische undburgundische Zeit, florentinisches Cinquecento
und Quattrocento, Barock, Rokoko, holländische und
vlämische Kunst.

Eduard Veith's malerische Dekorationsarbeiten im
Wiener Volkstheater stehen zwar nicht auf derselben Höhe
wie die Leistungen seiner einstigen Mitschüler, sie zeigen
aber immerhin beachtenswertes Talent und eine flotte
Mache, in welche sich zur Wiener Leichtigkeit des Pro-
ducirens französische Technik gesellt hat. Das große
Deckenbild stellt eine Huldigung der Vindobona durch
Vertreter aller Wiener Stände vor; das kleine Decken-
bild, die Huldigung Eaimund's durch die Musen und die
Vertreter der Volksmuse, Nestroy und Anzengrubor, der
Vorhang ein Maifest zur Zeit Leopold's des Glorreichen.
Der Plafond ist außer durch jene zwei Bilder noch mit
mehreren Medaillons, Darstellungen von Kindergruppen
geschmückt. Hier waltet Laufberger'sche Tradition.
Große geistige Tiefe wird man in Veith's Bildern nicht
finden, sie sind aber gerade deshalb dekorativ wirksam
und sie wären es in noch höherem Grade, wenn der
Farbenton, in dem sie gehalten sind, nicht allzu kreidig
geraten wäre.
 
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