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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Hellwag, Fritz: Ernst Neumann und seine Schule
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0101

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ERNST NEUMANN UND SEINE SCHULE


im sicheren Mannesalter nach Berlin, nachdem
er seine Art in stilleren Gegenden ausreifen
lassen und meistern lernen konnte. »Produzieren«
mußte auch er sich in Berlin, anders gehts hier
einmal nicht, und er tat es als »Plakat-« und
»Reklamekünstler«. So war es seine »Form«,
die sich uns einzuprägen hatte, und sie war in
ihrer Art so durchgebildet und vollendet, daß
ihr ein Erfolg beschieden wurde. Man akzep-
tierte sie, allerdings nur nach äußerlichen Merk-
malen urteilend, als »amerikanische Reklame«,
die dem amerikanisierten Berliner sehr will-
kommen war, und die dieser, als vermeintlich
seiner endlich errungenen Wesensart kongenial,
sich hocherfreut zulegte. Man sah und sieht
in Ernst Neumanns Plakatkunst aber noch nicht
viel mehr als den geschickten Import erprobter,
grotesker, amerikanischer Reklameeinfälle und
-tricks. Aber das genügt uns Berlinern ja voll-
auf: der eine hat »den englischen Baustil in
Deutschland eingeführt« (Bums: Stempel: er-
ledigt), der andere hat »der Weltstadt Berlin die
amerikanische Reklame gebracht«. (Bums:
Stempel: erledigt.) Daß Ernst Neumann den
Bewohnern des Landes der unbegrenzten Mög-
lichkeiten aber nicht nur äußerliche Mache ab-
geguckt hat, sondern ihnen wirklich innerlich
wesensverwandt ist, indem er sich hinter
seine Arbeit stellen, sie mit heißer, persön-
licher Lebenskraft erfüllen und durchdringen
kann, davon verstehen bis jetzt noch wenige
etwas. □
□ Im Gegensatz zu unseren geschmackvoll die
Fläche füllenden kunstgewerblichen Plakatkünst-
lern sind Ernst Neumanns Plakate architektonisch.
Sie sind Raumkunst, als Raumkunst empfunden
und so auf die Fläche gebracht, halten sich aber
auf der anderen Seite in bester Weise fern von
der mühsam geometrisch errechneten Raum-
konstruktion unserer Staffeleimaler. □
□ Der malerische Impressionismus, der mit
Schnelligkeit das Wesentliche aus der Natur-
erscheinung herausholt und wiedergibt, der zu
zeigen versucht, wie die Dinge in Bewegung
erscheinen, konnte nicht umhin, zunächst ohne
eine auf besondere Zwecke hinzielende Absicht,
die Umgebung der Dinge und ihre wechsel-
seitigen Beziehungen zu diesen mit darzustellen.
So wurde die impressionistische Studie not-
wendig eine Raumschöpfung aus Licht und
Farbe. Das wissenschaftliche Studium des Zu-
standekommens dieses räumlichen Eindrucks
ergab dann die Methode, die Dinge bewußt in
den Raum za denken und ihnen den Eindruck
der Bewegung und des Lebens zu verleihen.
Je stärker und fesselnder dieser Eindruck sein
sollte, und dies ist ja die erste Forderung eines
Plakatkünstlers, um so mehr mußten die künst-
lerischen Mittel, nämlich Farbe und Linie, ver-
stärkt werden. Eine Verstärkung künstlerischer
Mittel bedeutet aber, besonders in der Plakat-
 
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