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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0127

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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für die wissenschaftliche Forschung sei hier nur erwähnt.
□ Aus allen diesen Gründen bitten die ergebenst Unter-
zeichneten Vereine ein Hohes Ministerium, die Errichtung
eines Museums für sächsische Volkskunst an recht geeig-
neter Stelle gütigst fördern zu wollen. □
Der Dresdner Kunstgewerbeverein, K. Groß, Kgl. Professor
Der Dresdner Architektenverein, Reuter
Die Dresdner Kunstgenossenschaft, G. von Mayenburg
Die Künstlervereinigung »Zunft«, Hans Erlwein
Der Dürerbund, Paul Schumann
Der Dresdner Handwerkerverein, Carl Wendschuch
Der Landesverein Sächsischer Heimatschutz, Bähr
Die Sächsische Landesstelle für Kunstgewerbe, Lossow.
□ Hamburg. Die Feier des 25jährigen Bestehens des
Hamburger Kunstgewerbevereins. Am 27. Februar vormittags
eröffnete der Vorsitzende, Herr Kunsthistoriker Oliienstein,
die 212. Sitzung des Vereins und begrüßte die zahlreich
erschienenen Deputationen des Senats und der Bürger-
schaft der Stadt Hamburg und vieler Vereine. Er gab
dann einen Rückblick über die fünfundzwanzigjährige Ge-
schichte des Vereins, die er auch unseren Lesern in der
vorliegenden Nummer auf Seite 114/15 geschildert hat.
Seinen Ausführungen fügte Herr Prof. Dr. Brinckmann
interessante Ergänzungen an, indem er auf die wichtige
Förderung hinwies, die sein Museum für Kunst und Ge-
werbe und der Verein sich im Laufe der Jahre angedeihen
ließen. Im Namen der Verwaltung des Gewerbeschul-
wesens sprach Herr Schulrat Prof. Dr. Thomae dem Vereine
Glückwünsche aus und lobte sein gutes Ziel, das Schöne
mit dem Nützlichen zu verbinden. Herr Physikus Dr.
Sieveking gab als Vertreter der Patriotischen Gesellschaft
der Hoffnung Ausdruck, daß die Unruhe, unter der Ge-
werbe und Handwerk gelitten hätten, jetzt überwunden
bleiben möge. Herr Geheimrat Prof. Bubendey und Herr
Architekt Groothoff, als Delegierte des Architekten- und
Ingenieurvereins bezw. des Bundes Deutscher Architekten,
erwähnten die enge Zusammengehörigkeit von Architektur
und Kunsthandwerk und Herr Johannes Hirsch, als Ver-
treter des Gewerbevereins, fand warme Worte zum Lobe
der endlich wieder erreichten Waffenbrüderschaft zwischen
Gewerbe und Kunsthandwerk. Es folgten nun noch ähn-
liche ehrende Ansprachen der Herren Dr. Spiero von der
Hamburgischen Kunstgesellschaft, Prof. Dr. Brinckmann
vom Verein für Kunst und Kunstwissenschaft, Prof. Dr.
Lehmann vom Altonaer Museum, Prof. Dr. Lauffer vom
Museum für Hamburgische Geschichte und vom Verein
für Hamburgische Geschichte und Eduard Steinbach vom
Hamburger Künstlerverein. Schließlich wurde noch ein
Glückwunschschreiben des Vorsitzenden des Verbandes
Deutscher Kunstgewerbevereine, Herrn Geheimen Regie-
rungsrat Dr. Hermann Muthesius, verlesen. □
n Am Abend vereinte eine gesellige Feier 400 Personen
im großen, schön geschmückten weißen Festsaale des
Konventgartens. Auch hier folgte eine Ansprache der
anderen, doch waren sie mehr auf den launigen und intimen
Ton gestimmt. Der Vorsitzende Herr Gliienstein ehrte
die Ehrenmitglieder des Vereins, Prof. Dr. Brinckmann,
Baurat Necker, Architekt Meerwein und besonders den in
Hamburg sehr geschätzten Direktor der Krefelder Kunst-
gewerbeschule Prof. Wollbrandt, der sich in seiner früheren
langen Hamburger Tätigkeit große Verdienste um den
Verein erworben habe. Herr Direktor Prof. R. Meyer

brachte das Hoch auf den Kaiser und die Stadt Hamburg
aus, Herr Prof. Wollbrandt toastete in Prosa und in Versen
auf die ehemaligen und den jetzigen Vorsitzenden usw.
Herr Heinrich Fittje waltete des Festleiter-Amtes mit großer
Liebenswürdigkeit. — Die Darbietungen auf der Bühne
standen auf einer künstlerischen Höhe, wie sie bei Vereins-
festen, selbst in den künstlerisch interessierten Kreisen,
nur selten erreicht wird. Herr Dr. Spiero hatte den Prolog
gedichtet, der die Einigung der Kunst und des Gewerbes,
die schließlich die Hammonia mit einer Krone schmücken,
zum Thema hatte. Die formschönen Verse wurden von
Damen des Vereins in prächtigen Gewändern vorgetragen.
»Die Wiege« war der Titel eines sehr amüsanten kunst-
gewerblich-historisch-modernistischen Scherzspieles von
Prof. Richard Meyer. Eine junge Frau wehrt sich dagegen,
daß die »schönen alten, historisch-echten« Möbel ihres
Salons gegen moderne umgetauscht werden, und weigert
sich, die »Raumkunst-Ausstellung« des Hamburger Kunst-
gewerbe-Vereins zu besuchen, während ihr Gemahl es auf
das dort ausgestellte »blaue Zimmer« (von Heller?) ab-
gesehen hat. Vergebens versucht der findige Gatte seiner
Frau zu beweisen, daß sie ja doch bei Dingen, die sie
persönlich beträfen, nur der Gegenwart ein Recht auf ihren
Geschmack einräume. Sie protestiert allerdings energisch
dagegen, das Kapottehütchen ihrer Großmutter zu tragen,
wenn auch das Alter dieses Kunstwerkes durch Motten,
löcher bewiesen würde, ähnlich wie Wurmstiche die
historische Echtheit der geliebten Möbel dokumentierten.
Da erscheinen der jungen Frau im Schlummer die Genien
der vergangenen Kunstepochen, nacheinander der Spätgotik,
der Renaissance, des Barock, des Rokoko und des Empire-
in schönen Versen von hoherdichterischer Qualität (gedichtet
von Dr. Niemeyer) schildern die Genien ihren innigen Zu-
sammenhang mit dem Geiste ihrer eigenen Zeit. Symbolisch
tragen sie die Wiegen ihrer Epochen mit sich, in denen
bedeutende Männer geboren wurden, die, den Blick gerade-
aus und nicht rückwärts gerichtet, dem Jahrhundert durch
Taten und Gedanken markanten Ausdruck verliehen: Martin
Luther, Johannes Keppler, Sebastian Bach, Wolfgang Goethe
und Otto Bismarck. Die Träumende erwacht endlich bei
den Worten des Traumgeistes: »Glaube drum dem neuen
Glücke! Ist der Wandel doch Gebot. Gegenwart ist Schiff
und Brücke — Daß dein Arm am Segel rücke, Ist dein
Glück und deine Not!« Nun ist die Widerstrebende von
ihrem unklaren Hang zur historischen Umgebung befreit
und beschließt, ihrem Kinde, das sie erwartet, das Milieu
der Gegenwart, seiner Zeit, zu geben; — zunächst soll
ihm eine moderne Wiege das Symbol dieses Gelöbnisses
sein. Der geistreiche Einfall, der diesem Stücke und seinen
schönen Versen zugrunde lag, wurde mit rauschendem Bei-
fall belohnt, der ebensosehr auch den prächtigen, von Dela-
villa entworfenen Kostümen und deren schönen Trägerinnen
und der Darstellung galt. Lieder zur Laute, von Fräulein
Emma Vivie klangschön vorgetragen, und ein von Prof.
Heinrich Hohle geleitetes Reigenspiel ä Ia Duncan, aber
viel feiner, das reizende junge Damen mit Liebe und
Grazie tanzten, beschlossen den dramatischen Teil des
Abends. Die andere Hälfte wurde dem Walzer gewidmet
und dauerte bis zum späten Morgen. □
n Ein geschmackvoll gesetztes und von B. Heim und
Delavilla mit Zeichnungen geschmücktes Programm- und
Textbüchlein wurde den Teilnehmern als sichtbares Er-
innerungszeichen an diese sehr schöne Feier gewidmet.
F. H.

Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwag, Berlin-Zehlendorf
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., g. m. b. h. in Leipzig
 
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