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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0146

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

Das Kunstgewerbe-Museum In Berlin. (Führer durch
i die Königlichen Museen in Berlin.) Herausgegeben von
der Generalverwahung. 15. Auflage, Berlin 1910. Ver-
lag von Georg Reimer. Preis 50 Pfg. □
□ Der kleine Führer enthält zunächst in einem Wegweiser
eine Übersicht der verschiedenen Räume und ihres Inhaltes,
einen Hinweis darauf, wo auf den späteren Seiten die spe-
zielle Beschreibung zu finden ist, und gibt schließlich die
Richtung an, in der man das Museum an der Hand dieses
Buches durchwandern kann. Es folgen dann die Beschrei-
bungen der einzelnen Räume und es ist meist mit einigen
kurzen Strichen der Gedanke, der die Museumsleitung bei
der Zusammenstellung dieser Gegenstände leitete, bezeich-
net. Wie es bei einem Fachmuseum nicht anders ist, ver-
langt es vom Beschauer gewisse Vorkenntnisse, die aber
durch die Anschauung und auch durch die im Führer ge-
gebenen vergleichenden Anhaltspunkte wesentlich gefördert
werden. Im Anhang sind einige der Hauptstücke des
Museums abgebildet. □
Führer durch das Bayrische Nationalmuseum. 9. amt-
liche Ausgabe, München 1909. Verlag des Bayrischen
Nationalmuseums. Preis 60 Pfg. □
□ Die gründliche Neubearbeitung dieses Kataloges stammt
schon aus dem Jahre 1908, von der die vorliegende Aus-
gabe in der Hauptsache ein Abdruck ist. Der Führer ent-
hält zunächst einige Angaben über die Entstehung und die
Aufgabe des Museums und schildert darin das Wachsen
und die Förderung der Sammlungen. Aus der Zeitschrift
»Das Bayerland« ist ein Aufsatz von Georg Hager »Zum
Verständnis des Baues und seiner Einrichtung« in den
Katalog übernommen worden. Es mag den jetzigen Mu-
seumsleitern mit ihren fortgeschrittenen und veränderten
Anschauungen nicht leicht sein, sich mit dem seltsamen
Bau des Architekten Gabriel von Seidl abzufinden. Gegen
diesen Bau darf man in einem amtlichen Katalog natürlich
selbst nichts sagen und so war es denn ein willkommener
Ausweg, eine fremde Beschreibung nachzudrucken. Hager
hat sich darin alle Mühe gegeben, die Vorzüge der Archi-
tektur hervorzuheben. Es ist ihm aber doch hin und wie-
der ein Satz, wie der folgende durchgeschlüpft: »Der Mu-
seumsbau Seidls kommt in seinem vollen Reize nur(!) zur
Geltung, wenn wir die einzelnen Teile betrachten.« Oder:
»Mit einem Male können wir überhaupt nicht alle die Mo-
tive erschöpfen, die hier aus der Phantasie oder aus der
Studienmappe ausgeschüttet sind.« Die weitere Einteilung
des Kataloges mit seinen, den Kapiteln vorangestellten vor-
züglichen, kunsthistorischen und kulturgeschichtlichen Ein-
leitungen ist ja bekannt. □
Ernst Schur, Führer durch die Nationalgalerie. Heraus-
gegeben von der Neuen freien Volksbühne, Berlin 1910.
□ Wer je einer »Museumsführung« beigewohnt hat, wird
das in den allermeisten Fällen Zwecklose eines solchen
Volksbildungsmittels erkannt und die arme Bildungsherde
bemitleidet haben. »Im Fluge durch die Kunst.« So leicht
geht’s denn doch nicht und der Geführte ist nachher »so
klug als wie zuvor«. Aber der Schrei nach dem »Führer«
bleibt. Das vorliegende Unternehmen trägt in kluger Weise
zur Erfüllung dieser Sehnsucht bei. Nicht durch trockene
Aufzählung von Wissen, das man schwarz auf weiß nach-
her getrost nach Hause tragen kann, sondern durch leben-
dige Hinweise und Anregungen, die zunächst ganz kleine
farbige Erlebnisse vermitteln, dann zu Vergleichen anregen
und schließlich Schlüssel zu den Vorhallen des Kunstver-
ständnisses geben. Schur sagt zuweilen ganz naiv eine
kurze Bemerkung, die wie ein Sonnenstrahl über das be-
schaute Gemälde huscht, in seine besondere Eigenart hinein-

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leuchtet und wie spielend ein kleines optisches Erlebnis
mit einer gedanklichen Überlegung verknüpft; trotz aller
Leichtigkeit so fest, daß sich mit diesem Netz schon wie-
der eine andere Erkenntnis fangen läßt. f. h.
Kgl. Landesgewerbemuseum in Stuttgart, Bericht über
das Jahr 1909. □
□ Das Museum hat zahlreiche Erwerbungen von hoher
Qualität auf allen Gebieten machen können; die besten
Stücke werden im Bilde vorgeführt. Minderwertige Ob-
jekte sind nicht einmal geschenkweise angenommen wor-
den. Unter den Neueingängen überwiegen (ich hätte bei-
nahe geschrieben: naturgemäß) die alten Stücke; insbeson-
dere hat der Leiter des Museums seine speziellen kerami-
schen Kenntnisse mit Erfolg bei Ankäufen eingesetzt, er
versteht es übrigens auch ausgezeichnet, seinem Museum
Gutes schenken zu lassen. Zum Beispiel ist das Ham-
burger Barockschapp ein Stück von großer Schönheit, ein
Geschenk von Geheimrat Kienlin in Eßlingen. Die mo-
derne Kunst ist relativ zahlreich bei den Erwerbungen
vertreten; daß es nicht mehr war, liegt wohl an der Zeit.
Die Ausstellungen des Landesgewerbemuseums finden
längst in ganz Deutschland Interesse und sind von Prof.
Dr. Pazaurek in der Themastellung sorgfältig vorbereitet
und geschickt durchgeführt. (Leider konnten wir seiner-
zeit einen längeren Bericht über die Ausstellung »Dreierlei
Rokoko« wegen Raummangels nicht unterbringen. Red.) □
AUSSTELLUNGEN
n Berlin. Die Kunstschulen der Malerinnungen. In dem
Hause der Berliner Sezession, woselbst sonsten die Bilder
unserer Klassiker zu sehen sind, hatten sich neulich die
brandenburgischen Malerinnungen ein Stelldichein gegeben,
haben durch ihre Vertreter schöne Worte machen lassen
und haben selbstgewiß und stolz sieben große Räume
angefüllt mit den Arbeiten der die Innungsschulen be-
suchenden Lehrlinge. Es war ebenso schauderhaft wie
unbegreiflich. Sind denn diese Innungsmeister und Schul-
leiter vom Teufel geritten, daß sie den Nachwuchs ge-
radezu ins Verderben und in die Lächerlichkeit hinein-
hetzen? Was soll denn nur all diese wüste und wütige
Pinselei? Kann denn mit dem Unfug nicht endlich auf-
gehört werden? Seit Jahren mühen wir uns nun und
warnen immer wieder: laßt das wahnwitzige Ornamenten-
geschmiere, mimt keine Kunst und züchtet aus euern Lehr-
lingen nicht größenwahnsinnige Kopisten. Anscheinend
sind die Herren Innungsschulmeister so völlig von jeder
vernünftigen Einsicht verlassen, daß wohl nichts anderes
übrig bleiben dürfte, als all diese verknöcherten und miß-
ratenen Anstalten radikal zu schließen. Es bedeutet einen
Raub an der Jugend, wenn Lehrlinge dazu verleitet werden,
unmögliche Kompositionen, Durcheinander von Pferden
und Mücken, abzuzeichnen oder gar selber zu fabrizieren.
Wozu geschieht das? Merken die Malermeister denn nicht,
daß die Ausschaltung der Dekorationspinselei immer kon-
sequenter durchgeführt wird und durchgeführt werden
muß, solange die Leistungsfähigkeit des Malerhandwerks
tief unter jeglicher erträglichen Grenze bleibt? Kein ver-
nünftiger Architekt verlangt von dem Maler Entwürfe; es
genügt durchaus, daß der Mann einen ordentlichen An-
strich leisten kann. Wieviele Maler aber gibt es wohl, die
sich solcher Selbstverständlichkeit rühmen dürfen? Haben
die Herren Innungsschulmeister, die ihre Zöglinge zu dem
Hexensabbath aus Stilleben und Landschaftsverkrüppelung
anreizten, sich davon überzeugt, daß die Jünglinge eine
Farbe richtig ansetzen, zwei Farben geschmackvoll zu-

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