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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0225

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

leisten kann, so wird wohl in der nächsten Zeit die andere
Art wieder mehr in den Vordergrund treten, wie schon
aus manchen Anzeichen ersichtlich ist. Wer denkt nicht
mit Entzücken an die alten englischen Zeichnungen zu
Dickens, die jetzt wieder ausgegraben werden? Man wird
die Phantasiefülle eines Dore wieder bewundern, und wenn
man die buchtechnischen Voraussetzungen dabei berück-
sichtigt, den Text schön druckt, gut ordnet und auf das
sonst dabei übliche störende Beiwerk verzichtet, ist da-
gegen nichts zu sagen. Der Leser ist nämlich nicht nur
Auge, sondern auch Gehirn; und dieses Gehirn folgt nicht
ohne geheimes Entzücken den bizarr verschlungenen Linien
der Zeichnung, wobei er nicht nur an dem Dargestellten
sklavisch zu haften braucht, sondern einen neuen Reiz
seiner Vorstellung einverleibt, den Reiz des Erlebens durch
eine künstlerisch sich frei auslebende Phantasie. □
Ernst Schur.
□ Die Kunstausstellung zu Darmstadt. So bedeutend
die Rolle ist, die Darmstadt in Architektur und Kunstge-
werbe spielt, so sehr tritt hier die Malerei in den Hinter-
grund. Die diesjährige Ausstellung auf der Mathilden-
höhe beweist das aufs neue. Die Darmstädter Maler fallen
weder durch Zahl noch durch Bedeutung auf. Eine stärkere
persönliche Note macht sich bei Georg Altheim geltend.
Doch geht er mit seiner kleinmeisterlich stilisierenden Be-
handlung der Landschaft auch Wege, wie sie ähnlich schon
andere gegangen sind. Im ganzen überwiegen die größeren
Kunststädte des Westens und Südens; namentlich Karlsruhe
und München, von dem die Scholle besonders reich ver-
treten ist. Von den Karlsruhern bildet Trübner mit seiner
Schule eine geschlossene Gruppe. Adolf Bühler hat u. a.
seinen Hiob und seine Nibelungen ausgestellt. Walter
Georgi beherrscht mit seinen beiden großen, für Brüssel
gemalten Wandfriesen den zweiten Hauptsaal. Aus Frank-
furt hat Wilhelm Altheim eine große Kollektion seiner aqua-
rellierten Zeichnungen geschickt; nach dem Ruf, der ihm
vorausgeht, enttäuscht er; er erinnert in der engen Auf-
fassung wie in der kleinlichen und etwas süßen Behand-
lung an die überwundene Art altmodischer kolorierter Stein-
zeichnungen. Interessant ist im allgemeinen die Platsik
vertreten: vor allem durch Bernhard Hoettger, dessen ganzer
Entwickelungsgang von dem asiatisierenden Manierismus, von
dem er ausgegangen ist, zu dem stilvollen Realismus, der
allmählich bei ihm zum Durchbruch gelangt ist, in einer
Reihe von Statuen und Büsten zum Ausdruck kommt. Von
Karlsruher Bildhauern ist namentlich Georg Schreyögg reich
vertreten. Mit einer großen farbigen Plastik (Persephone)
hat Benno Elkan einen Versuch gemacht, der aber von der
künstlerischen Berechtigung der Polychromie in der Plastik
in dieser Weise nicht zu überzeugen vermag. Die Kollek-
tionen von Kley, Julius von Hoffmann usw. sind bekannt.
Durchweg gut und geschmackvoll ist das Arrangement;
namentlich der erste Saal mit Bildern von Thoma, Dill,
Hellwag, Fritz Erler, Erich Erler usw. und der zweite Haupt-
saal mit geschickt eingebauten Kopien und einer inter-
essanten Aufstellung von Plastiken. Das eigentliche Kunst-
gewerbe ist nur durch eine Kollektion Metallarbeiten von
Paul Haustein und oxydierten Gläsern von Schneckendorf
in Darmstadt vertreten. K. w.
□ Krefeld. Direktor Dr. Deneken vom Kaiser-Wilhelm-
Museum ist, nachdem er wiederholt die Veranstaltung von
lokalen und Einzelausstellungen dem Deutschen Werkbunde
empfohlen hatte, in Krefeld zur Tat übergegangen und hat
im April die Kcefelder Mitglieder veranlaßt, gemeinsam ihr
Können öffentlich' zu zeigen. Das Unternehmen ist künst-
lerisch vollkommen geglückt und selbst diese wenigen Teil-
nehmer vermochten es, zu veranschaulichen, was unter

»Werkbund-Arbeit* zu verstehen sei. Mancher mag die
Augen aufgesperrt haben, als er die wundervollen Seiden-
stoffe, die er als »echt englisch« zu fordern gewohnt war
und die ihm (leider, leider!!) auch so angeboten und ver-
kauft wurden, hier als Fabrikate der ausgezeichneten Firma
Audiger & Meyer wiederfand. Die Teppichfabrikation ist
in dieser Hinsicht schon besser daran, denn ihre Fabrikate
gehen doch schon unter dem Namen der entwerfenden
deutschen Künstler. Das sind alteingesessene Produktions-
zweige, die nun künstlerisch geläutert heraustreten. Aber
auch in vielen anderen Branchen ist in Krefeld Leben zu
spüren, und wenn man sich die Namen der hier mittätigen
Künstler ansieht, so möchte man zu dem Schlüsse neigen,
daß es Dr. Deneken war, der den jungen Kräften die Zug-
brücke heruntergelassen hat und sie einstürmen ließ. Aber
wie oft erst mußte hier sein gutes Beispiel, seine ausge-
zeichneten Ausstellungen und die unermüdliche Überredung
durch Wort und Schrift wirken, bis aus dem ausgestreuten
Samen Pflanzstätten des Kunstgewerbes erwuchsen? Nun
wird in der Kunstbuchbinderei sehr Schönes geleistet; mit
Auszeichnung ist hier zu nennen die Buchbinderei von
Karl Sauer, die unter anderen das Missale romanum von
Peter Behrens im Aufträge des Kaiser-Wilhelm-Museums
ansführte. Feine Preßschriften führt die Firma Maas &
Jungvogel aus. Schöne Möbel, plastische und Schmiede-
eisenarbeiten, Schmucksteine, Grabmäler usw. bewiesen,
daß der Gedanke des Deutschen Werkbundes in Krefeld
festen Fuß gefaßt hat. □
□ H amburg. In der Zeit vom 3. September bis 1. Ok-
tober veranstaltet der Kunstgewerbeverein im Museum für
Kunst und Gewerbe eine Ausstellung für Schaufenster- und
Ladenbedarf. Der Ausstellungsausschuß hat für die Aus-
stellung etwa folgende von Fabrikanten, Handwerkern,
Kunstgewerbetreibenden und Handlungen anzumeldende
Gegenstände in Aussicht genommen: Träger uud Ständer
aller Art aus Glas, Holz, Metall; Halter, Beleuchtungsgeräte,
sofern sie für den Laden oder das Schaufenster geeignet
sind, ferner Reklameartikel, Patentartikel usw. Daneben
ist die Herrichtung von Schaufenstern, in denen möglichst
die genannten Gegenstände praktische Verwendung finden
sollen, vorgesehen. Diese Schaustellungen können beliebig
oft gewechselt werden, auch Tischlerei- und Metallarbeiten
größeren Umfangs werden, so weit der Platz reicht, auf-
genommen. Um endlich auch Anregungen auf dem Ge-
biete der Schaufensterdekoration zu geben, wird der Aus-
schuß in vier besonderen Ständen wechselnde Ausstellungen
von Schaufenstern in der Weise veranstalten, daß nach-
einander, etwa eine Woche lang, je vier verschiedene Fenster
von Inhabern ein und derselben Branche unter Mitwirkung
von vier verschiedenen Künstlern, die der Ausschuß zur
Verfügung stellt, hergerichtet werden. Für die Wechsel-
ausstellungen ist die Beteiligung von Firmen folgender
Geschäftszweige erwünscht: Tabak- und Zigarren, Eisen-
waren, Drogen, Früchte, Kolonialwaren. Der Gedanke, ein-
mal eine Übersicht zu schaffen, was in dieser Richtung
bisher geboten wurde, Anleitung zu geben, wie diese Hilfs-
mittel geschmackvoller zu verwenden wären, ist sehr zu
begrüßen. Man darf auch hoffen, daß die Fabrikanten
Anregungen für technische Hilfsmittel, die von der neuen
Dekorationsmethode etwa bedingt werden, finden und auf-
greifen werden. °
□ Leipzig. Die diesjährige Michaelismesse wird am Sonn-
tag den 27. August eröffnet werden. °
□ Lüttich. Eine größere Kollektion von Photographien
nach vorbildlichen Bauten in Handel und Gewerbe war vom
»Deutschen Museum für Kunst im Handel und Museum
in Hagen« zusammengebracht und im Aufträge des Deut-
 
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