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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 22.1911

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Kunstgewerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4361#0226

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

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sehen Werkbundes auf der »Internationlen Ausstellung für
Architektur und Kunstgewerbe« zur Schau gestellt worden.
Der Kaiserliche Deutsche Konsul in Lüttich und die Stän-
dige Ausstellungskommission für die deutsche Industrie
hatten dem Deutschen Werkbunde diese Ausstellungsgelegen-
heit vermittelt, wofür ihnen besonders gedankt sei, denn
die deutsche Kollektion hat beim belgischen Ausstellungs-
komitee und beim Publikum größte Anerkennung gefunden.
Künftig will man die deutschen Künstler wieder und in
größerem Umfange heranziehen. □
□ Madrid. Die spanische Regierung wird im Jahre 1913
im Palaste Karls V. neben der Alhambra eine große Aus-
stellung maurischer Kunst veranstalten, in der alle Schätze
aus jener Zeit vereinigt werden sollen. □
□ Stuttgart. Die Zentralstelle für Gewerbe und Handel
veranstaltet in der Zeit vom 1. August bis 15. Oktober 1911
in der König-Karl-Halle des Landesgewerbemuseums und
in dem gegenüberliegenden Ausstellungsgebäude eine
Ausstellung schwäbischer kirchlicher Kunst, die aus einer
alten und einer neuen Abteilung bestehen wird. Die kunst-
gewerblichen Gruppen aus alter und neuer Zeit wurden
dem Landesgewerbemuseum, die Architekturabteilung der
Beratungsstelle für das Baugewerbe zur Vorberatung und
Aufstellung überwiesen. o
□ Wien, ln der Zeit vom Oktober 1911 bis einschließ-
lich Monat Januar 1912 wird im k. k. Österreichischen
Museum, wie alljährlich, eine Ausstellung neuer Arbeiten
österreichischer Kunstgewerbe veranstaltet werden. Zur Be-
schickung derselben sind alle Kunstgewerbetreibenden aus
den im Reichsrate vertretenen Königreichen und Ländern
und auch die im Auslande domizilierenden Kunsthand-
werker, welche österreichische Staatsbürger sind, eingeladen.
Platzmiete wird nicht erhoben. Die Anmeldungen sind
bei der Direktion des Österreichischen Museums schriftlich
zu erstatten. °
LITERATUR
□ Cornelius-Hildebrands Elementargesetze. Der Um-
stand, daß die »Elementargesetze der bildenden Kunst« von
Hans Cornelius (Leipzig und Berlin, B. G. Teubner) vor
kurzem die zweite Auflage1) erleben konnten, nötigt zu
einer eingehenderen kritischen Betrachtung, als man einer
so einseitigen und so wenig überzeugenden Schrift sonst
zu widmen brauchte. Nicht als ob wir fürchteten, daß die
Arbeit einen verderblichen Einfluß auf unsere Künstler
üben könnte. Theorien pflegen Gott sei Dank der Kunst
wenig zu schaden. Wohl aber scheint es, als bilde sie im
Publikum eine Art ästhetischer Partei aus, und dem muß
entgegengetreten werden. Einmal handelt es sich nicht
um die schlechtesten Teile des Publikums, um solche ge-
rade, die ein tieferes, innerliches Verhältnis zur Kunst ge-
winnen, die von einem persönlich-empirischen Urteil los-
kommen wollen. Sie glauben, in dieser selbstbewußt
philosophisch auftretenden Schrift den Führer gefunden zu
haben. Dann aber hat die künstlerische Produktion in-
direkt unter einer jeden ästhetischen Voreingenommenheit
größerer Teile des Publikums zu leiden. o
□ Als Adolf Hildebrand sein »Problem der Form« schrieb,
war er ein fertiger Künstler. Er hat nicht eine Theorie
aufgestellt und dann nach ihr gearbeitet, er hat vielmehr
gearbeitet und dann seine Arbeit theoretisch zu fundieren
gesucht. (Wie weit die Art seiner Arbeit von Mareesschen
Prinzipien von vornherein beeinflußt war, spielt hier keine

□ 1) Eine redaktionelle Besprechung des Buches bleibt
Vorbehalten (Red.). p

Rolle.) Wäre es umgekehrt gewesen, so wäre seine Schrift
vermutlich klarer, seine Kunst unklarer geworden. Daß
wir den ersten Verlauf der Dinge segnen, mag uns der
Theoretiker Hildebrand nicht verübeln, so wenig wir es
ihm verübeln, daß er in seiner Schrift »die« Kunst und
»seine« Kunst so schlechthin identifizierte. Als Glaubens-
bekenntnis eines großen und verehrungswürdigen Künstlers
ist und bleibt seine Schrift von großem Wert. n
o Aber es geht nicht an, dieses persönliche Glaubens-
bekenntnis zu einer Religion, ja mehr, zu einem Gewissens-
zwange zu machen, und das geschieht, wenn Cornelius
seine »Grundlagen einer praktischen Ästhetik« aus ihm
entwickelt. Es ist bedauerlich, daß die Sprache von Cor-
nelius genau so zwecklos abstrakt, so unnötig mit Terminis
überladen, so schwierig und unwirklich ist, wie die Hilde-
brands. Denn in einfachen, klaren, konkreten Worten aus-
gedrückt, würde all das Schiefe, Einseitige, Falsche weit
leichter zu erkennen sein. Nebelhafte Dunkelheit läßt alles
größer und bedeutender erscheinen als klares Sonnenlicht.
□ Nun hat die Schrift von Cornelius zwei Seiten. Neben
der theoretischen Entwicklung geht eine Sammlung prak-
tischer Beispiele und Gegenbeispiele einher. Gegen das,
was hier als gute und schlechte Lösung gezeigt wird, ist
im allgemeinen von Fall zu Fall wenig einzuwenden. Es
wäre aber falsch, daraus auf die Richtigkeit der theore-
tischen Grundlagen zu schließen, denn die gleichen Tat-
sachen wird ein anderer völlig anders begründen. Es ist
bemerkenswert, daß praktisch fast alle unsere Semper,
Cornelius, Crane usw. zu den gleichen Urteilen kommen,
bei völlig verschiedenen Voraussetzungen. Diese aber
stehen zur Debatte. Es sei jedoch gleich hier bemerkt,
daß gegen die Beispiele von Cornelius der Einwand er-
hoben werden muß, daß die guten nur eine bestimmte
und beschränkte Gattung des Guten ausmachen. Davon
später mehr. □
p Den ersten Fehler macht Cornelius im ersten Satze:
»Bildende Kunst ist Gestaltung für das Auge.« Für das
Auge des Beschauers natürlich! Es heißt Seite 1 ausdrück-
lich, daß alle Kunst für »das Auge des Beschauers« arbeitet.
Auch die Umkehrung findet sich: »eine für das Auge ver-
ständliche Darstellung, also ein Kunstwerk« (Seite 11). Die
Kunst wird also vom Betrachter aus angesehen. Ganz
bewußt und konsequent werden die Gesetze der Kunst
aus dem Prozeß der Aufnahme entnommen. Wäre es da
nicht richtiger, .Cornelius verzichtete auf den Ausdruck
»bildende« Kunst? Bildende Kunst — so denkt man —
müßte vom Bildner aus verstanden werden, und wichtiger
als der Prozeß des Aufnehmens müßte für den, der die
Gesetze der bildenden Kunst verspricht, der Prozeß des
Gestaltens sein. Nicht für Cornelius. Mag man ihm zu-
geben, daß das Bild, das nicht gesehen wird, seinen Beruf
verfehlt hat, so ist doch sein künstlerischer Charakter etwas,
das nur in ihm liegt und ihm bleibt, ob es nun gesehen
wird oder nicht. Cornelius freilich glaubt das Ei des
Columbus gefunden zu haben, indem er das Gut und
Schlecht des Kunstwerks von gewissen Erfordernissen des
betrachtenden Auges abhängig macht. Hier hat er etwas,
das wie ein ruhender Pol in der Erscheinungen Flucht sich
darstellt, dem mit fast naturwissenschaftlicher Genauigkeit
beizukommen ist und mit dessen Hilfe allem Streit über
die Qualität ein Ende gemacht werden kann. Aber das.
ist eben ein Trugschluß. Bildende Kunst ist Gestaltung!
Weil wir ihr Produkt mit dem Auge aufnehmen, ist sie
so wenig Gestaltung »für das Auge«, als die Alpen Alpen
für das Auge sind. p
□ Ist denn außerdem das Auge mit seinen Bedürfnissen
etwas Feststehendes? Ein japanischer Holzschnitt verstößt
gegen die Gesetze von Cornelius ebenso wie ein Bild von
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