Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

DOI Artikel:
Krefting, Walter: Die Geschmacksbildung des Volkes durch die Pflichtfortbildungsschule [S. 13: Erich Kleinhempel]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0017

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
10

ARBEITEN VON GRETE ALSBERG UND ELISABETH HAHN


und stampfenden Maschinen, zwischen
denen sich die Arbeiter wie lautlos be-
wegen, verbindet und ihnen auf diesem
Wege auch Verständnis für andere
Schönheitswerte zu geben. Bei einer
allgemeinen Geschmackserziehung des
Volkes werden wir aber zunächst nicht
mit feineren Gefühlsregungen rechnen
können, wir müssen vielmehr zunächst
mit Vernunftsgründen, mit Tatsächlichem
beginnen. Mehrfach wurde auf dem
Kunstkongreß auch der kunsterziehliche
Wert der Museen betont und wir stim-
men dem zu, meinen aber wiederum,
daß das eine fortgeschrittene Etappe
in der Geschmacksbildung ist. n
a »Schön ist nicht schön, Gefallen
macht schön« oder »Schön ist was
gefällt« sind unsinnige, im Volke aber
stark verbreitete Anschauungen. Wir
stellen dem gegenüber zunächst fest,
daß Geschmack und Schönheit ganz
verschiedene Begriffe sind, daß sich
über den Geschmack, weil er persön-
lich ist, streiten läßt, über Schönheit
im allgemeinen aber nicht, da sie eine
unveränderliche Eigenschaft der Dinge
selbst ist. Für den persönlichen Ge-
schmack gibt es keine Grundlagen, er
ist ein Produkt der Verhältnisse, des
Temperaments, des Charakters; für die
Schönheit lassen sich indessen gewisse
allgemein gültige Grundgesetze auf-
stellen, die nicht erfunden, nicht kon-
struiert werden, die auch keine Knecht-
schaft ausüben sollen, die sich aber
aus den Kunstwerken vergangener Jahr-
hunderte und vor allen Dingen aus der
Natur kristallisiert haben, die uns zum
Teil auch der gesunde Menschenverstand
diktiert. Es ist also unsere Aufgabe,
Verständnis für diese Grundlagen zu
erwecken, damit sich der Geschmack
daran bilden kann. □
o Es wird nun weiter die Frage zu
beantworten sein, lebt im Menschen,
auch in dem ganz ungebildeten, rohen
Genußmenschen, etwas, woran wir an-
knüpfen können, das uns einen gewissen
Untergrund für unseren Aufbau gibt.
Dies ist für mich nun ohne Zweifel der
Fall und die Erfahrung hat es bewiesen.
An anderer Stelle habe ich über einen
Versuch berichtet, durch den ich fest-
gestellt habe, daß in vierzehnjährigen
jungen Leuten ein Verständnis für ge-
wisse Schönheitsgesetze vorhanden ist.
Der Versuch wurde mit Lehrlingen
angestellt, die ein besonderes Interesse
für das Kunstgewerbe haben, ich hielt
es daher für nötig, hin mit jugend-
lichen, ungelernten Arbeitern zu wieder-

Grete Alsberg, Rodenkirchen bei Köln a. Rh.,
Batiken
Elisabeth Hahn-Berlin, Kissen in Kurbelstickerei
(Phot. Boedecker)
 
Annotationen