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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

DOI article:
Widmer, Karl: Zur Erhaltung des Handwerks
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0116

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FRAUENHANDARBEIT

109

Arbeit, vollzieht sich nie ohne
starke Rückschläge. Der Verlust des
Alten wird nicht ohne Widerspruch
hingenommen; im Gegenteil, sein
Wert kommt der lebenden Genera-
tion nur desto stärker zum Bewußt-
sein. Nie hat man die malerischen
Reize alter Stadt- und Straßenbilder
tiefer empfunden als in unserer Zeit
des nivellierenden Städtebaus. Das
Fußwandern ist zu einer um so
größeren Leidenschaft geworden, je
mehr die Eisenbahnen dem Reisen
an persönlichem Genuß der Selbst-
bestimmung genommen haben. □
□ Und dieses Gesetz, daß der
Mensch eine Sache erst dann ganz
zu schätzen anfängt, wenn er sie
zu verlieren glaubt, kommt auch
dem Handwerk in unsern Tagen
wieder zu Hilfe. Heute steht die
künstlerische Schönheit der Hand-
werksarbeit höher im Preis, als sie je
in den besten Zeiten des alten Kunst-
handwerks gegolten hat: eben weil
die Handwerkskunst kein Allgemein-
gut mehr ist. Und wie die künstle-
rische so steigt überhaupt die ideale
Wertschätzung jeder persönlichen,
individuellen Arbeit desto mehr, je
seltener sie zu haben ist, je weiter
die allgemeine Mechanisierung jeder
ehemals handwerklichen Tätigkeit
fortschreitet. Es ist im Grunde
dieselbe Gesinnung, die auch ein
ererbtes Familienstück höher in

Lizzie Marx-Diestelmann, Dessau
Bemalte und lackierte Pappkasten; gestickte
Häubchen u. Kissen und ornamentale Stickerei,
schwarz und gelb auf Kochelleinen.
 
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