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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Otto, Karl Heinrich: Grosse Kleinigkeiten
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0173

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166
WILMERSDORFER KUNSTGEWERBESCHULE


Farbige Naturstudien. Lehrer Becker-Tempelbourg, Schüler H. Plank. Wilmersdorfer Kunstgewerbeschule

die Größten unter ihnen verpöbeln und an ihnen Schmeiß-
fliegenarbeit verrichten. Meistens geschieht das nicht laut
und öffentlich, sondern in kleinen Kreisen, so wie sich die
günstigste Gelegenheit dazu bietet; aber es wirkt doch
schließlich wie ein Schneeball, der zur Lawine wird. Kollegen
unter sich wissen das; heute mir, morgen dir — dem
Sieger ist ja immer am leichtesten beizukommen. Es be-
steht doch die Möglichkeit, sich zu rächen. □
□ Anders ist es, wenn die Herabsetzung, oder bleibe ich
bei dem »verpöbeln«, eines Kollegen sich an eine andere
Adresse richtet, an Preisrichter, andere Instanzen, Vorge-
setzte, Angehörige der Opfer, Freunde oder auch Schüler,
denen der Geschmähte dann zu einer Null herabgewürdigt
wird. Wer hierüber noch im Zweifel ist, der verfolge
Künstler- und Gelehrten-Fehden in Zeitungen und Fach-
zeitschriften, die als sogenannte Federkriege gelten; der
lese Kritiken über Bücher, Forschungen, Heilmittel und
dergleichen, in denen Kollegen den Wahlspruch vertreten
■ Rache ist süß« oder »Der muß geduckt werden«. Wie
manches Gutachten von kollegialer Seite ist da nicht schon
zum Todesurteil des andern geworden. □
□ Diese Zeilen richten sich absolut nicht gegen die an-
ständige, sachliche und objektive Kritik Berufener, die sich
ohne Ansehen der Parteien um die Wahrheit mühen, wirk-
liche Werte festlegen wollen, Kunst und Wissenschaft von
Gauklern, Stümpern, Pfuschern, Scharlatanen und Maul-
helden säubern wollen, um den Begabten und Produktiven
den Weg frei zu machen. Ich wählte absichtlich die Über-
schrift »Kollegen unter sich«, denn nur auf sie trifft das
zu in der Ziehung der letzten Folgen des Ehrgeizes, der
Ruhmsucht und künstlerischen Geschäftsgebarens, was

unter dem Worte »verpöbeln« verstanden sein soll. Das
ist weit schlimmer als das sonst geübte »totschweigen«,
denn dagegen kann [man sich wehren durch rastlose
Tätigkeit, eben daß man zeigt, daß man lebt. Es sind ja
auch von guten Freundenjschon viele totgelobt worden;
die waren schließlich tot, denn sie vermochten nichts mehr
zu leisten, was über jenes tragische Lob hinausgereicht
hätte. Der schärfste, natürlich dabei anständige und un-
voreingenommene Kritiker kann nicht so viel Unheil an-
richten, wie das Kollegen unter sich vermögen, wenn der
Sinn des Wortes »verpöbeln« ganz ausgeschöpft wird. □
« *
*
II. Plagiatschniiffelei.
□ Unter Plagiat versteht man bekanntlich den Diebstahl
am geistigen Eigentum, also am Schrift- und Kunstwerk,
am Notensatz wie am Architekturwerk. Besonderes Auf-
sehen erregten in jüngster Zeit zwei Fälle, die beide nicht
ohne einen gewissen Beigeschmack waren, ln dem einen
Falle griff ein kiinstlernder Gelehrter einen nicht unbe-
deutenden Künstler an, der ihm einen in eigenartiger
Stellung verharrenden Jüngling nachgemacht haben sollte;
der Künstler wurde als Plagiator festgenagelt. In dem
zweiten Falle handelte es sich um das vielbesprochene
Bismarck-Plakat, bei dem ein Graphiker einen bronzenen
Bismarckkopf, gleichfalls von einem nicht unbedeutenden
Künstler stammend, in graphischer, also flächenhafter Über-
tragung entlehnt hatte. Beim ersten Falle konnte man
ohne weiteres zur Tagesordnung übergehen, beim zweiten
dagegen nahm die Entrüstung kein Ende, — die beiden
Köpfe glichen doch reproduziert wie ein Ei dem andern.
 
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