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Kunstgewerbeblatt: Vereinsorgan der Kunstgewerbevereine Berlin, Dresden, Düsseldorf, Elberfeld, Frankfurt a. M., Hamburg, Hannover, Karlsruhe I. B., Königsberg i. Preussen, Leipzig, Magdeburg, Pforzheim und Stuttgart — NF 24.1913

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Kunstgwerbliche Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.4432#0207

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KUNSTGEWERBLICHE RUNDSCHAU

200

□ Leipzig. Das Plakat der Internationalen Buchgewerbe-
ausstellung Leipzig 1914. Bekanntlich hatte die Inter-
nationale Buchgewerbeausstellung zur Erlangung eines
Plakats einen Wettbewerb ausgeschrieben, zu dem ca.
600 Entwürfe eingegangen waren. Sonderbarerweise fand
sich jedoch unter den Entwürfen nicht ein einziger, der
allen Anforderungen an künstlerischen Gehalt in Idee und
zugleich an propagandistischen Wert entsprochen hätte.
Die Ausstellungsleitung hatte sich daraufhin mit Professor
Tiemann in Leipzig in Verbindung gesetzt und ihn mit
dem Entwurf eines neuen Plakats beauftragt. Dieser Ent-
wurf ist so vollkommen gelungen, daß er einstimmig ge-
wählt und als Plakat für die Buchgewerbeausstellung er-
worben wurde. Das Plakat, das im Motiv durchaus
originell und überraschend ist, zeigt einen kraftvollen Jüng-
ling mit einer brennenden Fackel, der auf einem Greif,
dem guten, alten Buchdruckerzeichen, durch die Lüfte zur
Erde hinabfliegt. Es ist in drei Farben gehalten und stellt
eine glückliche Verbindung zwischen einem graphischen
Kunstblatt und einem Plakat dar, die von außerordentlich
lebendiger Wirkung ist. Der gewaltige Greif, der mit aus-
gebreiteten Fittichen und vorgestreckten Klauen in sausen-
dem Flug durch die Lüfte fährt, auf seinem Rücken den
lichtspendenden Jüngling mit flatterndem Haar und der lo-
dernden Flamme, versinnbildlicht deutlich und eindrucksvoll
die lebenspendende Kraft der Druckkunst und den Triumph-
zug, den sie durch die Welt genommen hat. Auch die
Schrift ist ungemein klar und wirksam. Sie zeigt unten
den Text »Internationale Ausstellung für Buchgewerbe und
Graphik Mai bis Oktober« und oberhalb des Bildes die
Worte »Leipzig 1914, unter dem Protektorat S. M. des
Königs Friedrich August von Sachsen«. Das Plakat ist
eine künstlerische Leistung ersten Ranges und auch propa-
gandistisch von höchster Wirkung. Professor Tiemann wird
es eigenhändig lithographieren, sodaß der ursprünglichen
künstlerischen Flandschrift nichts verloren geht. □
□ Neuland für Graphiker: Ex-epistulis. Es ist all-
gemein bekannt, welch große Dimensionen in neuerer Zeit
die Nachfrage nach Exlibriszeichnungen angenommen hat;
und mit gutem Recht, denn diese kleine Vorhalle schmückt
nicht bloß künstlerisch das Buch, es zeigt auch nicht ledig-
lich trocken den Namen des Besitzers an, sondern es gibt
in vielen Fällen, fast möchte ich sagen, die Weltanschauung
des Betreffenden in nuce wieder. Ein gleiches Fest für die
Phantasie des Graphikers scheint sich vorbereiten zu wollen
in einer den Exlibris ähnlichen Sache, die meines Wissens
noch relativ unbekannt ist, und über die ich heute nur kurz
meinen verehrten Kollegen in graphicis referieren möchte.
□ Es handelt sich um eine künstlerische Ausschmückung
des Privatbriefes; und zwar soll eine Zeichnung — dem
Exlibris analog Ex-epistulis genannt — am Kopf des
Schreibens angebracht werden. Ich sage ausdrücklich:
Privatbrief, denn in der Geschäftswelt existiert ja dieser
Brauch zu Reklamezwecken schon lange (vgl. die Propa-
gandamarken usw.). Hier aber will der Inhalt der Zeich-
nung auf Beruf, Charaktereigenschaften und Liebhabereien
des Briefschreibers hinweisen, so daß der Brief nicht allein
künstlerisch wertvoller, sondern auch individueller, persön-
licher wird. Ich glaube sicher annehmen zu können, daß
diese für Graphiker so wertvolle Idee beim Publikum An-
klang finden dürfte; und um dieselbe bekannter zu machen,
wäre es vielleicht wünschenswert, wenn Ex-epistulis-Aus-
stellungen in größeren Kunstzentren veranstaltet würden.
□ Es existiert auch bereits ein junger Ex-epistulis-Verlag,
Jos. Mayer-Hohenaschau, der jedenfalls gern Interessenten
Näheres über die Ex-epistulis-Idee mitteilen würde. Auch
ich wäre für weitere Vorschläge aus Kohegenkreisen zur
Förderung dieses Unternehmens äußerst dankbar. □
Friedrich Preuß - Weißenburg (Bayern).

München und seine Bauten. Herausgegeben vom Bayer.
Architekten- und Ingenieur-Verein. Lexikon-Format,
818 Seiten Text und 1200 Abbildungen, Schnitten und
Grundrissen, nebst einem farbigen Staffelbauplan. (Verlag
F. Bruckmann A.-G., München.) Preis in Leinen ge-
gebunden 24 M. □
□ Die im September 1912 in München tagende Versamm-
lung des Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieur-
Vereine gab die Veranlassung zur Herausgabe des vor-
liegenden Werkes. Seit 36 Jahren ist keine zusammenfassende
Publikation mehr über Münchens Bauten erschienen. Die
Aufgabe war eine doppelte: einesteils galt es, den histo-
rischen Bauten eine würdige Darstellung zu geben, anderer-
seits das gewaltig angewachsene architektonische Schaffen
der Neuzeit in ausreichendem Umfang vorziifiihren. Dem-
entsprechend schildert das Werk in seinem ersten Teile
auf 195 Seiten mit 245 Abbildungen, die zum Teil hier zum
erstenmal veröffentlicht werden, an zahlreichen, sorgfältig
gewählten Beispielen mit ausführlichem Text aus berufener
Feder die geschichtliche Entwicklung des Münchner Stadt-
bildes, während die mächtig emporgeblühte Architektur des
modernen München auf nicht weniger als 584 Seiten mit
913 Abbildungen aufs ausführlichste dargestellt ist. Die
einzelnen Abschnitte des modernen Teiles enthalten spezial-
technische Einleitungen und den Abbildungen selbst sind
die wissenswertesten sachlichen Angaben beigefügt. Man
kann dem Bayerischen Architekten- und Ingenieur-Verein
den Stolz nachfühlen, mit dem er dieses Dokument heraus-
gab, und selbst ein Berliner muß es mit oder ohne Neid
anerkennen: München ist die Stadt der Architektur, der
vorzüglichen Tradition, in der außerordentlich viel Gutes
und kaum etwas wirklich Schlechtes geschaffen wird. Beim
Durchblättern dieses stattlichen Bandes mit seinen vielen
übersichtlichen Bildern wird es einem erst recht klar, daß
zu der großen Liebe, die wir alle ehemaligen Gäste der
Stadt im Herzen haben, nicht zum wenigsten die stille,
sichere und immer geschmackvolle Münchner Architektur
beigetragen hat. □


Berlin O.17.

Für die Redaktion des Kunstgewerbeblattes verantwortlich: Fritz Hellwag, Berlin-Zehlendorf
Verlag von E. A. Seemann in Leipzig. — Druck von Ernst Hedrich Nachf., g.m. b. h., in Leipzig
 
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