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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 23,4.1910

DOI Heft:
Heft 19 (1. Juliheft 1910)
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Buschmann, Johannes: Weltausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.9020#0014
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Iahrg. 23 Erstes Iulihest lSl 0 Heft l S

Weltausstellungen

^^rotz allem, was in den letzten Iahren in Deutschland von Aus-
stellungsmüdigkeit geredet und geschrieben worden ist, ist die dies--
-^^jährige Brüsseler Weltausstellung von unserer Industrie be--
sonders reich und sorgfältig beschickt worden. Zwar schrieb schon
im Iahre 1,878 Max Eyth von der Pariser Weltausstellung aus,
was einleuchtend genug klingt: „Dem Kundigen kann die Ausstellung
kaum etwas Neues bringen. Mit unsern gesteigerten Verbindungs--
mitteln, mit Telegraphen, Eisenbahnen und der Presse sind wir uns
alle so nahe gerückt, daß nichts von Bedeutung auf dem ganzen
Lrdkreis auch nur wochenlang für den verborgen bleibt, der sich
ernstlich dafür interessiert." Aber die volkswirtschaftliche Praxis hat
sich immer wieder der Ausstellung bedient, sei es nun in der Form
nationaler oder internationaler Schauen, auf Fachgebiete begrenzt
oder die Gewerbe in ihrer Allgemeinheit umfassend, und immer
hat sie das getan mit dem Willen, durch dieses Mittel produktive
Aufgaben zu lösen. Freilich immer entspann sich auch wieder ein
Streit um die Frage, ob Aufwand und Erfolg im rechten Verhält-
nis zueinander standen. Meist wurde sie durchaus subjektiv beant-
wortet, und die Nrteilenden vergaßen nur allzu leicht, daß die ver-
schiedenen, zum Teil einander widersprechenden und sich kreuzenden
Interessen, die an ein Ausstellungsunternehmen anknüpfen, sich in
seinem Rahmen gewissen Gesamtzwecken unterordnen müssen. Äber
die Art dieser Gesamtzwecke und darüber, wie sie im einzelnen Falle
befriedigt wurden, besteht gerade in den am meisten beteiligten Kreisen
noch ziemliche Rnklarheit. Deshalb möchte ich im Hinblick darauf,
daß die Ausstellungsfrage wieder aktuell wird, diese wirtschaftlich
Interessierten, die Industriellen und Kaufleute, auf ein Buch auf-
merksam machen, das all die bisher auf Ausstellungen gewonnenen
Erfahrungen zu einer Klärung der Anschauungen verwertet. Es heißt
„Das Ausstellungsproblem in der Volkswirtschaft", sein Verfasser
ist vr. Alfons Paquet, sein Verleger Gustav Fischer in Iena. Es
wäre schade, wenn dieses Werk, das aus einer unmittelbaren Fühlung
mit der Praxis entstanden ist, in wissenschaftlichen Büchereien ver-
graben bliebe. Mir wenigstens scheint es durchaus geeignet, dem
Manne der wirtschaftlichen Tat zu nützen.

Paquet betont vor allem, daß man die Rentabilität und die Pro
duktivität eines Ausstellungsunternehmens scharf voneinander trennen
muß. „Ein Ausstellungsunternehmen kann ein Defizit ergeben und
doch produktiv sein im höheren Sinne, ebenso wie sich der FM
denken läßt, daß es rein privatwirtschaftlich einen Aberschuß ergibt,
objektiv aber für die Produktivität der Volkswirtschaft nichts leistet,
ja sogar, zum Beispiel durch die Verbreitung der Vergnügungssucht,
schädigend zurückwirkt." Ausschlaggebend kann natürlich nur dieser
Gesichtspunkt der volkswirtschaftlichen Ersprießlichkeit sein, zu dem
noch der der technischen Vervollkommnung hinzutritt.


tz Iuliheft 1910
 
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