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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 5.1929

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Gilardone, Georg: Der Krieg mit der Pfalz: eine Speyerer Reichsstadtepisode
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https://doi.org/10.11588/diglit.41982#0051

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§

Der Krieg mit der Pfalz f
Eine Speherer Reichsstadtepisode
<E Von Georg Gilardone-München
^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^ ^

Die Tatsache, daß es einen Tag in der neueren Geschichte unseres oft
buntscheckig genug zusammengeslickten und ebenso oft wieder auseinander ge-
rissenen engeren Heimatlandes gab, an dem die jetzige Hauptstadt der baye-
rischen Rheinpsalz, die damalige freie Reichsstadt Speyer, im offenen Krieg
mit der Kurpfalz lag, dürfte den heute Lebenden nicht so ohne weiteres in den
Kopf wollen. Änd, wenn der Kriegszustand, in den man ganz unversehens
„hineingeschlittert" war, auch kein blutiges Opfer gefordert hat, so bildet doch
der 18. Juni im Iahre des Heils 16O1 mit den Irrungen und Wirrungen,
die ihm vorausgingen, und all dem sonstigen Drum und Dran eine derartige
Groteske in der Geschichte deutscher Kleinstaaterei, daß seine Verewigung der
Feder eines Gustav Freytag nicht unwürdig erscheint.
Immerhin — den Zeitgenossen dieser uns heute puppenhaft anmutenden
Episode erschien sie würdig und wichtig genug, im Wort und sogar im Bild
verewigt zu werden. Diesem Amftand aber wiederum dankt die alte Römer-
und Salierstadt das früheste Aquarellbild, das von Speyer am Rhein erhalten
ist. Denn unser Gewährsmann aus jenen fernen Tagen, der ehrengeachtete
und hochwürdige kurpfälzische Kirchenrat Marcus vom Lamb, hat es für
nötig gehalten, der langatmigen Schilderung dieses waffenstarrenden Tages
in seinem „Thesaurus picturarurn" ein eigenhändig gemaltes Bildchen vom
Orte der Begebenheit beizulegen. Da das Aquarell von hohem orts-, da-
neben auch uniformgeschichtlichem Werte ist, haben wir es seinem wenig be-
achteten Stilleben in der Handschriftenabteilung der Darmstädter Landes-
bücherei entrissen und hier wiedergegeben. Mit den verzipfelten Turmhauben,
welche das Frühbarock dem ehrwürdigen Dome der rheinischen Kaiser auf-
gepappt hatte und vielen auch im heutigen Stadtbild noch erhaltenen Einzel-
heiten, wie dem Altpörtel, dem Heidentürmchen und anderem, bildet das kleine
Kunstwerk des feder- und pinselgewandten Heidelberger Kirchenlichts ein
Kleinod von allerinnerlichstem Reiz.
Roh und gewaltsam allerdings reiht uns die Staffage des Wasserfarben-
bildes zurück in die Geschehnisse jenes 18. Iuni, der die Veranlassung zu sei-
nem Entstehen gab. Denn gar kriegerisch ist ihr Gegensatz zu dem scheinbar
leblos daliegenden Stadtbild im Hintergrund: Während nämlich auf dem im
mittleren Teil des Bildchens dargestellten Rhein ein stattlicher Schiffszug
stromabwärts gleitet und stolz die weih-rot-weihen Farben Strahburgs im
Winde flattern läßt, hat im Vordergründe, um in der krausen Sprache jener
fernen Tage zu reden, „eine stattliche kurpfälzische Miliz unter dem starren-
den Speerwald ihrer Pickeniere Posto gefaßt". Im Gegensatz zu der Ruhe
dieser Lanzenmänner sind die rechts und links an sie angehängten Schützen-
abteilungen um so geschäftiger. In ihren roten Mäntelchen — übrigens dem

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