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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 5.1929

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Ginthum, Paul: Drei Pfälzer Tage
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https://doi.org/10.11588/diglit.41982#0090

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Aber das Land, das Land! Dunkelgrün der Strich des Rasenwegs am
Bach, smaragdgrün und wie durchsichtig wallen die Hügelwiesen, silbern
fächeln die Erlen, fahlgelb und rostbraun die Fackeln der Pappeln, dunkel-
braun und fettglänzend starren die aufgeworfenen Schollen, purpurglühend
die zerfetzten Rebenblätter, rötlichweiß die Straßen, schiefergrau und klatsch-
rosenrot die Bauernhäuser, bläulichgrün die Kirchtürme, violett die Berge —
ein Meer von tausend ineinanderwebenden und immer wechselnden Farben
flieht durch die sanft wehende Luft. Es duftet nach dem letzten Heu. das die
Wagen dort in die Stadt führen.



Ein zur stummen Musik gewordenes Wesen scheint dieses Land mit den
winzigen spielerischen Hügeln, ziehenden Wingertzeilen, der Schnur der
Pappeln und Platanen, dem schlängelnden Lauf des Baches. Godramstein ist
darin wie ertrunken, aber der schiefe Kirchturm ist wie eine lächelnde Abwehr
dieses Gedankens. Schräg darüber auf der welligen, vom Rot und Gelb der
Reben jauchzenden Anhöhe, gerade vor dem dunklen Berg und dem feuer-
speienden Steinbruch, liegt Frankweiler. Wie ein Lied hängts zwischen Berg
und Tal, und die Reben, die es wiegen und halb verhüllen, singen: Wein!
Wein!
O du goldener Aeberfluh der Welt!
Run ist die Sonne hinter den zerrissenen Zinnen der Madenburg unter-
gegangen. Die kühne und schmiegsame Linie des Wasgnus glüht leise nach.
Ein kühler Hauch streift durch die breite Mulde des Tals, das wie flüssiger
Stahl erschimmert und in einen Schatten sinkt.
Schöner noch und ganz geheimnisvoll wird die Landschaft, da das Wider-
spiel der Farben und der zarte Rebel ineinandergreifen, Bilder zu zaubern,
die mit dem sterbenden Licht schneller und schon ganz unirdisch enteilen. An-

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