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Kurpfälzer Jahrbuch: ein Volksbuch über heimatliche Geschichtsforschung, das künstlerische, geistige und wirtschaftliche Leben des Gebietes der einstigen Kurpfalz — 5.1929

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Zentner, Wilhelm: Scheffel als Heidelberger Student
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https://doi.org/10.11588/diglit.41982#0171

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Aus „Heidelberger ürankenlieder" von Zr. Ullmer, I92ö. Privaldruck

und weitere Umgebung der schönen Neckarstadt. Vor allem mit dem Besuche
bedeutsamer, vom Efeu der Sage und Geschichte umsponnener Stätten er-
weckten sie den regen historischen Sinn des Dichters auss lebhafteste. So ward
im Odenwald der mythische „Siegfriedbrunnen" ausgesucht und die XVI.Aven-
tiure des Nibelungenliedes beim Murmeln der Quelle vorgelesen: ein Ein-
druck voll eigenartiger Bannkrast, der sich in Scheffels Phantasie geradezu
zur poetischen Vision verdichtete. Lebendig wähnte seine Einbildungskraft
die Gestalten der Dichtung aus der Landschaft auf sich zuschreiten zu sehen.
Auch eine Pfalz- und Rheinfahrt an Pfingsten 1845, die unseren Wander-
gesellen, der sich gern unter dem Bilde eines fahrenden Schülers sah, im
Verein mit einigen Freunden auf den Gipfel des Donnersberges und von da
bis Kreuznach und Bingen führte, war gewinnspendend für Aug' wie Herz.
Die Erinnerung an das rege Gesellschaftsleben der Münchener Tage, das
Joseph anfangs in Heidelberg vermißte, war bald bis auf wenige Reste unter-
gegangen in den rauschenden Zauber eines in vollen Zügen genossenen Bur-
schenlebens. Statt des Versuches trockener Schilderung möge hierüber der
Heidelberger Teutone selbst das Wort erhalten:
„Vergangenen Samstag (5. Iuli 1845) haben wir die längst beschlossene
Kneiperei in Wiesloch sehr gelungen ausgeführt. Daß wir sie nicht zu einem
feierlichen Kommers machten, daran war hauptsächlich der Geldpunkt schuld,
indem die für den Landesvater nötige Musik fast 60 fl. konsumiert hätte. Die
ganze Teutonia, mit Ausnahme der schon in der Früh abgefahrenen Kom-
mission, fuhr — auf dem Stehwagen flatternd gen Wiesloch. Dort war in
jener Kneipe am Ende des Nestes, wo wir bei unserm Winterbesuch unser Bier
mit Klavierbegleitung vertilgt hatten, die Tafel gedeckt. Nach herzlicher Be-
grüßung der zwei Philister K(ußmaul) und Br(onner) und Vernichtung eines
ziemlichen Soupers wurde bis gegen elf Ahr im Garten gekneipt — unter be-
sonderem Reiz der Lachmuskeln durch einige famose Hockreden. Dann zog

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