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52

Moderne Geschichtswissenschaft.

Ahnung, wonach sich hier typische Vorgänge einer sich ständig
wiederholenden psychischen Mechanik des Übergangs abspielen
müßten, allmählich bis zu einem solchen Grad bestimmter Ver-
mutung erheben, daß deren Prüfung an den Tatsachen ge-
boten schien.
Nun leuchtet ohne weiteres ein, daß für eine solche Prüfung
die jüngsten Übergangserscheinungen von besonderer Wichtigkeit
fein müssen, denn für sie liegt das bei weitem beste Beobachtungs-
material vor. Wir haben daher, wie gesagt, schon für die
letzten Zeitalter diesen Punkt besonders genau dargestellt. Im
höchsten Grade lehrreich und fördernd aber führt in den hier
zu untersuchenden Zusammenhang insbesondere der letzte Über-
gang zu der heute lebendigen Periode ein; und darum haben
wir seine Darstellung, um eingehender berichten zu können, für
diese Stunde aufgespart. An die Schilderung dieses Vorganges
aber wird sich dann — und zwar, um klar und eingehend
darstellen zu können, noch in dieser Stunde — die allgemeine
psychologische Betrachtung der ihm zugrunde liegenden Mechanik
anschließen müssen, und es wird sich ergeben, daß diese, so-
weit unsere Quellen uns einen Einblick gestatten, mit der
psychischen Übergangsmechanik der früheren Zeitalter identisch
ist: ein Ergebnis, das'freilich insofern nichts Überraschendes hat,
als es sich auch von vornherein aus allgemeinen Gesetzen der
Psychologie mit Bestimmtheit ableiten läßt.
Die seelische Entwicklungsstufe, auf der sich das deutsche
Volk heute befindet, wurde durch überaus große Verschiebungen
auf wirtschaftlichem, sozialem und politischem Gebiete eingeleitet,
— Verschiebungen, die schon bis in die letzten Jahrzehnte des
18. Jahrhunderts zurückreichen. Damals trat, auf dem platten
Lande ebenso wie in den Städten, schon etwas von dem aus,
was wir modernes Unternehmertum nennen; die Ritterguts-
besitzer des nordöstlichen Deutschlands, mit starkem Getreide-
export vornehmlich nach England beschäftigt, bildeten ihre Wirt-
schaft kapitalistisch um und begannen dem gutsherrlich-
patriarchalischen Verhältnisse zu ihren Dorfinsassen schon
teilweis zugunsten der Ausbildung eines agrarischen Lohn-
 
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