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Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (Band 4, Textbd.): [Die Anonymen, 2] — Wien, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.34185#0018
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DER MEISTER MIT DEN BANDROLLEN

keinemGeringeren als BotticeHi in Beziehung setzen,an dessen Stecher-
tätigkeit man damais glaubte. Waagen^ verstieg sich zu der Behauptung:
„er besitzt die seitenste und höchste Eigenschaft eines Künstiers, eine
eigentümliche Erßndungsgabe in einem ungemeinen Grade" usw.
Henri Hymans, dem die teiiweise Übereinstimmung der Kreuz-
abnahme (Nr. 20) mit Rogiers berühmtem Bilde im Escorial aufßei,
benutzte dieseWahrnehmung seitsamerweise nicht dazu,die Erßndungs-
gabe des Bandroüen-Meisters in Frage zu steüen, sondern versuchte
aüen Ernstes seine Persöniichkeit mit der des großen Hämischen Maiers
zu identißzieren, eine Hypothese, die schon baid nach ihrem Auftauchen
aus Quaiitätsgründen iebhaften Widerspruch erfuhr.^ Wenige Jahre
später veröfßentiichte Lippmann^ den in Lüneburg entdeckten Streit um
die Hosen (Nr. 89), in dem er die freie Kopie eines itaiienischen Stiches
in München zu erkennen giaubte. Er knüpfte aber an diesen Fund eine
künstierische Wertschätzung des BandroHen-Meisters, in der er u. a.
behauptete, der Meister von 1464 sei eine der bedeutendsten Individuaii-
täten der deutschen Kunst des XV. Jahrhunderts und einer der ersten,
wenn nicht vieüeicht der erste originaie Künstier des GrabstichelsA
Gegen soiche Hyperbei richtete sich hauptsächiich meine in dem-
seiben Jahre erschienene Schrift, in der ich das Werk des Bandroüen-
Meisters auf seine prinzipieüe Originaiität hin kritisch untersuchte.
Dabei ergab sich in 26 FäHen, fast der Häifte der damais bekannten
Stiche des Meisters, eine Abhängigkeit von äiteren Vorbiidern, teii-
weise sogar von soichen, die Passavant, wie den Meister °(E den
Meister der Sibyüe und denMeister der Spieikarten, für zeitiich später
gehaiten hatte ais den sogenannten „Meister von 1464". In dem nach-
folgenden Kataiog erweisen sich unter 106 Biättern 34 ais direkte
Kopien und 63 zeigen Entiehnungen aus Kupferstichen, Hoizschnitten
oder Gemäiden, wobei noch nicht einmai diejenigen mitgezähit sind,
bei denen man aus stilistischen Gründen mit Sicherheit aufverschoiiene
Voriagen bestimmter Meister schiießen kann.
1 Kunstdenkmäler in Wien. II. p. 244.
2 Vergl. A. v. Wurzbach, Kunstchronik XVII. (1882). Sp. 441.
3 Jahrb. VII. (1886) p. 73 u. ff.
4 Ebenda p. 78.
 
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