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Lehrs, Max [Hrsg.]
Geschichte und kritischer Katalog des deutschen, niederländischen und französischen Kupferstichs im XV. Jahrhundert (Band 4, Textbd.): [Die Anonymen, 2] — Wien, 1921

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https://doi.org/10.11588/diglit.34185#0149
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DER MEISTER MIT DEN BANDROLLEN

135

dem ein Bach herabfiießt. Ein Hirsch, von einem Reh begleitet, trinkt
aus demselben. Links davon zerreißt der Adier einen Hasen, und tiefer
bekämpft ein Mann, von einem Hunde begieitet, den Drachen. Darüber
wird der Kopf eines Löwen zwischen den Bäumen sichtbar. Weiter
rechts im Waide ein Bär und zwei Hasen. — Links im Grunde breitet
sich Troja aus mit vieien Dächern und Türmen. Darüber steht der
Name: truim. Ganz links das Hochgericht und vor dem Stadttor ein
Bogenschütze. Links hinter dem Brunnen ragen die Köpfe dreier Enten
aus dem Wasser.
147:203 mm. Bl.
Le Blanc, Manuel I. 128. 70. — P. II. 23. 43. — Dehio, Der Meister von 1464 p. 5. -
L., M. m. d. B. p. 20. Anm. 2. und 30. 6. — Archivio storico VI. (1893) p. 104. (L.)
Kornätzung, verkleinert, im Archivio storico VI. (1893) p. 103. (Paris.)
PARIS (Ganz schwacher Abdruck, ringsum etwas verschnitten.)
Ich habe leider diesen Stich, den ich bei Abfassung meiner Monographie noch nicht
kannte, im Archivio storico dem Meister des heiligen Erasmus zugewiesen, mußte mich
aber später überzeugen, daß er, wie Passavant schon richtig erkannt hatte, doch dem
Meister mit den Bandrollen angehöre. Es ist eine frühe Arbeit dieses Stechers, der
ganz sicher ein italienisches Original zugrunde liegt. Le Blanc schrieb sie deshalb auch
dem Baccio Baldini zu, und Passavant macht auf die Zypressen im Hintergrunde wie
auf die italienische Architektur der Kuppeln und Türme von Troja aufmerksam. Ganz
mit Recht, denn sowohl die Zypressenform wie die der Bäume, welche übereinander
gespießten, oben kleiner werdenden Pilzen gleichen, ist auf den frühen italienischen
Stichen typisch und kommt im Norden niemals vor. Auch die Einführung von Affen und
Drachen in die Landschaft ist ausgesprochen italienisch. Dehio bestreitet entschieden
mit Unrecht die italienischen Elemente des Stiches. Der Buchstabe r hat hier stets die
Form f statt der sonst häußger vorkommenden t.
Die Pflanze zwischen Juno und Pallas ist gegenseitig nach der auf dem heiligen
Georg vom Meister der Spielkarten L. 351 kopiert und von demselben Blatt dürfte der
hutartige, mit fünf Straußenfedern gezierte Helm des Paris entlehnt sein.

91 DAS URTEIL DES PARIS
Paris liegt bartios und in voiier Rüstung mit Helm und Schwert
rechts am Fuße eines Zierbrunnens. Er hält in der Rechten den Streit-
^ F. M. Haberditzl hat im Jahrb. d. K. S. d. A. K. XXVIII. (1910) p. 291 nachgewiesen,
daß sich das Original des Spielkarten-Meisters nur in der Wiener Hofbibliothek be-
ßndet und daß der Dresdner Stich, den ich damit identißzierte, nur eine gleichzeitige,
aber minderwertige Kopie sei.
 
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