Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
166

DER MEISTER DER BOCCACCIO-BILDER

vermehren. Man wird es daher entschuidigen müssen, wenn ich in
diesem Abschnitt des kritischen Kataiogs im wesentiichen schon Ge-
sagtes zu wiederhoien gezwungen bin.
Der Meister der Boccaccio-Biider ist sicher ein Fiame und, wie man
aus seiner Tätigkeit für den Verieger Coiard Mansion schiießen kann,
wahrscheiniich ein Brügger Kind. Auch die Stadtprospekte auf einigen
seiner Biätter* scheinen dies zu bestätigen, sind wenigstens wiederhoit
ais Ansichten aus dem aiten Brügge betrachtet worden. Lippmann hat
sogar der etwas kühnenMutmaßungRaum gegeben, daß CoiardMansion,
der ein erßndungsreicher Kopf war, die Stiche seibst verfertigt habe.s
Jedenfaiis ist der Boccaccio-Meister der erste, der ein gedrucktes
Buch mit Kupferstichen geziert hat, wenn auch für ein einzeines Biid
der neun Iiiustrationen: Boccaccio schreibt die Geschichte der ersten
Menschen (Nr. 3), seinem deutschen Koüegen, dem Meister des Haus-
buches, hierin der Vorrang gebührt.^ Die Stiche waren offensichtiich
bestimmt, für die besonders in Fiandern so beiiebten Iiiustrationen
der Manuskripte durch Miniaturen Ersatz zu schaffen, und das in
New Battie behndiiche Exempiar der Boccaccio-Ausgabe von 1476
ist auch aufs sorgfäitigste nach Art von Miniaturen iüuminiert worden,
während die Stiche in dem Göttinger Band unbemait biieben.
Der Boccaccio-Meister ist ein ziemiich gewandter Zeichner und ver-
steht es treffiich, seineFiguren mit dem meistsehr liebevoübehandeiten
iandschaftiichen Hintergrund in Beziehung zu setzen. Er zeigt eine
gewisse Verwandtschaft mit seinem ein wenig äiteren Landsmann, dem
Meister NVdoch sind seine Gestaiten von gedrungeneren Körper-
verhäitnissen. Sie haben etwas Schwerfäüiges in den Bewegungen und
etwas Vuigäres, Derbes im Gesichtsausdruck. Das Grobknochige,
Ungeschickte fäüt besonders auf, wenn man z. B. das zweite Biatt der
Iüustrationen (Nr. 3) neben die gieiche Darsteüung des Hausbuch-

1 Nr. 4, 7 und 8.
2 Der Kupferstich, erste und zweite Auflage p. 34. In der dritten, 1905 von mir revi-
dierten Auflage p. 36 ist diese Hypothese unterdrückt.
3 Ebenso wahrscheinlich dem anonymen Niederländer, der die größere, dasselbe
Thema behandeinde Darsteiiung B. X. 37. 72. in der Aibertina stach. Vergi. Nr. 82 der
Unbekannten.
 
Annotationen