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Kunsthaus Lempertz <Köln> [Hrsg.]; Kunsthaus Lempertz [Hrsg.]; M. Lempertz' Antiquariat (P. Hanstein) [Mitarb.]
Math. Lempertz'sche Kunstversteigerung: Werke alter Malerei und Plastik: altes Kunstgewerbe ; Versteigerung: 14. Dezember 1926 — Köln, Nr. 247.1926

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https://doi.org/10.11588/diglit.17748#0010
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religiösen Durchdrungenseins von der Weihe der Stunde, der auch sie sich nicht entziehen
können. Der Hauptmann selbst wirkt wie ein begeisterter Apologet, der die mystische Gewalt
des Kreuzestodes erkannt hat und verkündigen will. Und erst die Engel: Die beiden Hymnen
singenden Chöre in der linken und rechten oberen Bildecke, und die einzeln schwebenden
zu beiden Seiten Christi! Sie brechen, von Himmelsbläue umwallt, aus dem Goldgrund
heraus und singen das hohe Lied der Erlösung.

Aber neben dieser lyrischen und mystischen Mentalität, aus der heraus das Werk ent-
standen ist, bedeutet es, rein vom Standpunkte der bildenden Kunst, einen der frühesten Ver-
suche der deutschen Malerei, sich mit dem Problem der Landschaft auseinanderzusetzen.
Und hier ist der Punkt, wo sich in unserem Werke das versinkende Mittelalter mit der
Neuzeit berührt.

Es ist köstlich, zu sehen, wie unser Meister mit dem Problem der Landschaft und der
Perspektive ringt, wie er sich abmüht, aus dem flächenhaften Übereinander ein raumtiefes
Hintereinander zu machen und wie er dann doch in so ungemein reizvoller Weise im Problem
stecken bleibt; reizvoll uns heutigen Menschen, Kampf und heißes Bemühen dem Meister
und seinen Zeitgenossen in der Kunst.

Ein ganz großer und vor allem vom Standpunkte der historischen Forschung nicht genug
zu schätzender Vorteil des Werkes ist seine völlige Unberührtheit. Nicht die geringste Zutat
oder Übermalung ist auch nur versucht worden. Man hat lediglich durch Befestigung des
Vorhandenen auf dem Untergründe, durch Beseitigen gelb gewordenen Firnisses, einem Ver-
falle vorgebeugt. Mit dem Fehlen des Christuskopfes wird sich der wahre Liebhaber eher
abzufinden wissen als mit einer versuchten Ergänzung desselben.

Man ist jetzt zum Glück völlig davon abgekommen, Kunstdenkmäler für die Menge herzu-
richten durch Übermalungen und Ergänzungen, die in den meisten Fällen nur eine Irre-
führung, wenn nicht gar eine gänzliche Unkenntlichmachung des eigentlichen Charakters
des betr. Kunstwerkes bedeutet haben.

Ist zwar das im vorstehenden gewürdigte Kölnische Malerwerk das Glanzstück dieses
Kataloges, so möchten wir doch wünschen, daß es die Bedeutung der übrigen angebotenen
Werke nicht verdunkele. Wenn wir einiges im Vorwort hervorheben und unterstreichen, so
soll dies nicht zum Nachteile des nicht Hervorgehobenen geschehen, sondern lediglich eine
Gliederung des Ganzen bedeuten.

Unter Nr. 8 finden wir ein vornehmes Damenbildnis von Francois Clouet, das von C. Hof-
stede de Groot kategorisch als eigenhändige Arbeit des Meisters angesprochen wird, ein
Werk von eindringlicher Wirkung in seiner exklusiven Auffassung des Gegenständlichen und
von trefflicher Erhaltung.

Nr. 9 ist ein Bild kleineren Ausmaßes von der Hand des sogenannten Antwerpener Manie-
risten von 1518, des Meisters des Lübecker Altares. Es ist ein fein gemaltes Bildchen von
intimem Stimmungsreiz (C. Hofstede de Groot, G. Swarzenski, W. Vogelsang, haben Gut-
achten darüber geschrieben). Gleichfalls in Flandern entstanden (um 1540, unter italienischem
Einfluß) ist die dreifeldrige Predella (Nr. 11) mit drei Halbfiguren (St. Joseph, Madonna,
ein Engel).

Dem holländischen Kunstkreise des 15. Jahrh. gehört ein Triptychon des Meisters von Alk-
maar an (Nr. 5): Die Madonna mit dem Kind auf der Mitteltafel, die heiligen Augustinus und
Elisabeth von Ungarn auf den Flügeln. Aus dem Flandern der gleichen Periode stammt die
Kreuzigung (Nr. 6).

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