Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Katalog / Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin: Antiquitäten aus dem Besitz des Herrn Louis Berghold, Danzig: Ausstellung: 6. Oktober und 7. Oktober 1912. ; Versteigerung: Dienstag, den 8. Oktober bis Freitag, den 11. Oktober 1912 — Berlin, Nr. 1650.1912

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.16528#0007
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
ie Methode, eng begrenzte Einzelgebiete künstlerischer oder kunst-
gewerblicher Produktion zum Gegenstand wissenschaftlicher For-
schung zu machen und die Ergebnisse in kurzen Umrissen in den
leicht zugänglichen Fachzeitschriften zu publizieren, hat viel dazu
beigetragen, fortschreitendes Verständnis auch in solche Kreise zu bringen,
die großen, wissenschaftlichen Spezialwerken im allgemeinen fernstehen.
Einen praktischen Vorteil hieraus hat zunächst der provinzielle Kunsthandel
gezogen. Kann der Händler in den Kunstzentren, dem allgemeinen
Spezialisierungssystem folgend, es sich leisten, seiner Neigung und seinen
Mitteln entsprechend sein Lager nach einer bestimmten Richtung hin aus-
zubauen — seien es frühere Epochen oder das 18. Jahrhundert, seien es
Stiche, Skulpturen oder Gemälde —, so muß im allgemeinen der Provinzhändler
sein Lager mit allem füllen, was ihm Gewinn verspricht. Jetzt pflegt er
aber fast überall ein Spezialgebiet, entsprechend der künstlerischen Ver-
gangenheit seines Landes oder seiner Stadt; er wird ein wenig zum
Schatzgräber des spezifisch provinziellen Kunstschaffens, wozu ihm die vielen
Spezialarbeiten den Wegweiser abgeben.

Von diesem Standpunkt aus darf man den Antiquitätenbestand des Herrn
Louis Berghold beurteilen, der seit vielen Jahren Danzigs Kunsthändler war
und der in seiner Heimat den vielen Freunden alter Kunst häufiger Berater und
Besorger war. Von dem Grundsatz ausgehend, daß auch die beste Imitation in ein
Antiquitätengeschäft nicht gehöre, war es sein Stolz, bei jedem einzelnen Stück
seines Bestandes die Echtheit betonen zu können. Mit Bedauern wird seine zahl-
reiche Klientel, die lediglich aus Altersrücksichten erfolgte Auflösung seines
Antiquitätenlagers vernehmen. — Wie jeder Händler allmählich auch zum
Sammler wird, der sich nicht entschließen kann, ihm besonders liebe Stücke
auch für hohen Gewinn herzugeben, wollte auch Louis Berghold in den
letzten Jahren immer nur das verkaufen, was er ohne besondere Schwierig-
keiten wieder ergänzen konnte. Auf diese Weise ist in den Bestand eine
gewisse Einheitlichkeit gekommen. Einmal ist es die bodenständige Kunst
Danzigs, die in ihrem Hauptgebiet, den Möbeln des 17. und 18. Jahrhunderts
in vorzüglichen Exemplaren vertreten ist, und die uns nicht nur kunstgewerblich,
sondern auch kulturhistorisch interessiert. Die Schränke in der Art des „Ham-
burger Schapp", die tief gebauchten und geschweiften Rokokokommodenund Eck-
schränke mit geschnitztem Rahmenholz auf der Verglasung, mit dunkelbraunem,
geflammtem Nußholzfurnier, kann man ohne weiteres als charakteristisch für
die Danziger Werkstätten bezeichnen; weniger die interessanten Möbel mit
süddeutschen, holländischen und englischen Einflüssen, die teilweise den
Vorbildern ohne eigene Zutaten entlehnt sind. Die geschnitzten Verzierungen
im sog. Knorpelstil, die farbigen Intarsien mit durchbrochenen Laubsäge-
blenden, die reichliche Verwendung von blankem Messingblech an Kästen
 
Annotationen