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Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus <Berlin> [Hrsg.]
Katalog / Rudolph Lepke's Kunst-Auctions-Haus, Berlin: Die Majolikasammlung Adolf von Beckerath: Versteigerung: 4. Novbr. 1913, 5. November 1913 — Berlin, Nr. 1691.1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.16180#0007
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VORWORT.

dolf von Beckerath ist als Majolikasammler
seinen eigenen Weg gegangen. Schon vor
Jahrzehnten, als die große Mehrzahl der
Sammler und Museen von den italienischen
Fayencen nur die reifen Malereien der Re-
naissance begehrte, hat Beckerath fast aus-
schließlich die schlichteren Gefäße der Früh-
zeit aufgesucht und zusammengetragen. Wäh-
rend die Sammlung Spitzer, die als ein Muster-
beispiel für den Sammlergeschmack ihrer Zeit gelten kann, unter
ihre trefflich gewählten Majoliken nicht ein Stück der toskanischen
Quattrocentogeschirre aufgenommen hatte, waren diese in der
Sammlung von Beckerath bereits in stattlichen Reihen vereinigt.
Seither ist der allgemeine Geschmack auf diesem Weg nachgefolgt,
und allerseits ist man jetzt bereit, die starken dekorativen Eigen-
schaften der archaischen Majoliken, bis auf die wirklich primi-
tiven Töpfereien des Trecentostils herab, vollauf zu würdigen.

Von der virtuosen Malweise und Glasurtechnik der reifen
Renaissancemajoliken, von ihren satten Farben und figurenreichen
Bildern sind die italienischen Fayencen des 15. Jahrhunderts
noch weit entfernt; aber sie haben — ganz abgesehen von ihrer
entwicklungsgeschichtlichen Bedeutung — vor den glänzenden
Werken der Hochblüte eine urwüchsige Kraft der Dekoration
und Einheitlichkeit der Wirkung voraus. Vom Beginn des
J6. Jahrhunderts herwärts waren die Majoliken zum allergrößten
Teil reines Schaugerät zum Schmuck der Kredenzen, Wände
und Apotheken; ihre Dekoration, ob ornamental oder figürlich,
beruht auf den Vorbildern der gleichzeitigen Malerei und des
Kupferstiches; sie ist von außen her in die Töpferei übertragen,
ein Abglanz der hohen Kunst auch dort, wo keine unmittelbare
Entlehnung fremder Motive vorliegt. Demgegenüber sind die
Majoliken vor dem Ausgang des 15. Jahrhunderts vorwiegend
noch wirkliches Gebrauchsgeschirr, oder wenn sie schon als
Schaustücke dienten, was für viele Apothekengefäße und manche
reicher ausgestatteten Schüsseln und Vasen zutreffen mag, so
haben sie doch in ihren Formen und Zierweisen an den Tra-
 
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