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Leo Liepmannssohn <Berlin> [Hrsg.]
Autographen von Musikern, Schriftstellern, Gelehrten, Naturforschern, bildenden Künstlern und historischen Persönlichkeiten, sowie von handschriftlichen und gedruckten Tabulaturen: Versteigerung, Freitag, den 15. November und Sonnabend, den 16. November 1929 im "Grünen Saal" des Meistersaales, Berlin W 9 (Katalog Nr. 56) — Berlin, 1929

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https://doi.org/10.11588/diglit.17505#0059
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52

TABULATOREN.

zweitens der Umstand, daß der sechsstimmige Schlußakkord des ersten Preludes der Tabu-
latur auf der damals noch fünf chörigen Gitarre nicht ausführbar gewesen wäre. Bleibt noch
die Möglichkeit, an eine für die Viola da Gamba bestimmte Tabulatur zu denken. Die oben
genannte Stimmung der Viola da Gamba deckt sich in der Tat völlig mit der in der Tabu-
latur angewandten Stimmung; auch ist bekannt, daß (von der verschiedenen Stimmung
abgesehen) zwischen der Lautentabulatur und der französischen Violentabulatur jener
Zeit eine sehr enge Verwandtschaft bestanden hat (cf. Johannes Wolf, Handbuch der
Notationskunde II, S. 229). Die Gambe wäre demnach in dem Ms. des Du Buisson auf
zwei verschiedene Arten notiert: 1. im Baß- und Altschlüssel, 2. in Tabulatur. Am
Schluß des Ms. befinden sich 5 Blätter mit im Violinschlüssel notier! en Stücken, wahr-
scheinlich für Flöte bestimmt (Courante, Ganarie, Passepieds, Galliarde, Menuet), und
12 Blätter mit zahlreichen technischen Übungen (Doppelzunge usw.) für ein Blasinstrument.
Das letzte Blatt enthält Anmerkungen über die Technik eines Streichinstrumentes (wahr-
scheinlich Gambe). — Eitner II, S. 231 führt einen Komponisten von verschiedenen Airs
namens Du Buisson an, der 1712 in Paris gestorben sein soll. Ob dieser Du Buisson mit
dem Verfasser des vorliegenden Ms. identisch ist, erscheint fraglich.
Musikalisch wichtiges und wertvolles Manuskript.

300 Neufranzösische Lautentabulatur der Gaultier-Schule (d-moll-Stimmung, für die
Chöre 7—11 „Accordo"), Laute 11-chörig. Schmal-quer-8°. Schwarzer Leder-
einband d. Zeit mit Goldpressung, Messingverschluß. 159 beschriebene Blätter.

Schöne Handschrift vom Ende des 17. Jahrhunderts. Auf der
Außenseite des Vorderdeckels des Einbandes stehen die Buchslaben:

F. B. C. AB. Z. S. O. G. / A. P. / 1694.
Auf der Außenseite des Rückdeckeis steht:

I. / R. P. I. R. D. R. S. O. C. AR. P.
Auf der Innenseite des Vorderdeckels finden sich die Worte:

„Viva fui in sylvis, occisa dura securi:
Dum vixi tacui: mortua dulce cano."
Darunter die deutschen Worte:

„Daß ist mein Bitt, vergüß mein nicht." und der Vermerk:
Die I» A.° 1695 (sie!).
Schreiber der Tabulatur war Pater Bernarsius Zwixtmeyer, wie aus der auf
Bl. 84v verzeichneten Widmung hervorgeht:

Barthia initiantibus multum perutilis: descripta aPre. Ber-
narsius Zwixtmeyer Allovadi Professo/Anno Domini 1695.

Inhalt: Favorita da C o n t e Logi (exA). Gavotte de C o n t e Logi. Sara-
bande de Mouton. Minuet Dumony (?). Minuet de Kilmansek. Sarabande
eiusdem. Gavotte A n t o n y. Courante A n t o n i. Aria D. B. Sarabande D. B. Aria
C. L. — 14 Sarabanden, 33 Minuets, 21 Arien, 14 Couranten, 10 Bourrees, 8 Giques, 11 Ga-
votten, 4 Allemanden, 2 Favoritte, 2 Trezze, 1 Pastorella, Rondo, Fuga, Aria: Ich weiß
mir ein schön Gesicht, Bourree supremaBurggrafia.Curiosa Dama, La folie d'Espag-
ne, Sarabande La folie d'Espagne. Über den Grafen Logi vgl. Denkm.
d. Tonkunst in Oesterr. Jg. XXV, 2. S. 18-24 u. 82-84.

301 Gitarrentabulatur. Handschrift aus dem Ende des 17. Jahr-
hunderts. Qu.-4°. Schweinslederband. 72 beschriebene Seiten.

Inhalt: 26 französische Chansons, 1 Air nouveau und 1 Courante nouvelle für Singstimme
allein; ferner 9 Seiten Gitarrentabulatur in der spätesten
französischen Notierungsart, die etwa von der Mitte des 17. bis Mitte
des 18. Jahrhunderls Geltung hatte: 5 Linien und kleine Antiquabuchstaben, Anschlags-
bezeichnung durch die Caudae der rhythmischen Zeichen. In Gitarrentabulatur sind 6
Intabolierungen von Chansons und 3 Chansons für Singstimme mit Gitarrenbegleitung
(die Singstimme im Diskanlschlüssel getrennt vom Gitarrenpart) notiert; die letzte dieser
Chansons ist als „Bourree" bezeichnet. Ferner befinden sich auf der Rückseite des 1. Blattes
und auf 12 Seiten gegen Ende des Ms. Gesangsübungen: „Les aecordances pour
apprendre a bien entonne r". Auch liegen dem Ms. 2 Einzelblätter und 2 Doppel-
blätter lose bei. Diese enthalten Diskant- und Baßpartie der beiden Chansons: „Qui conte
les faveurs" und „Pour quoi faut". Die 1. Chanson: „Qui conte les faveurs" trägt den
Vermerk: „un autre de Mr. Basilly"; offenbar handelt es sich um B e n i g n e
de Bacilly (geb. gegen 1625), Eitner, I., S. 295. Die andere Chanson „Pour quoi
faut" ist als „Air de court" bezeichnet. Die beiden losen Doppelblätter enthalten
Instrumentalstücke, und zwar 2 Allemanden und 2 Couranten mit Diskant und Baßpart.
Komponisten sind im Ms. sonst nirgends genannt.

Leo Liepmannssohn. Antiquariat. Berlin SW. 11. Bernburger Str. 14.
 
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