— 487 —
Limesblatt.
488
das richtige Vorhandensein einer Pfahl-
oder l'alissadenreihe dem rätischen Limes
entlang sicher festgestellt, so dürfte schon
daraus hervorgehen, dass das demselben
entlang ziehende sogenannte „Grübchen",
welches wegen seiner ehemals beträcht-
lichen Tiefe wohl eher als Graben bezeich-
net werden darf, nichts anderes ist, als
der Graben, in welchen die Pfahlreihe
einst eingesetzt war, nicht aber ausschliess-
lich als Grenzmarkierung diente oder zur
Aufnahme einer Grenzmarkierung irgend-
welcher Art bestimmt war.
Für Palissadenreihe und gegen Grenz-
versteinung etc. spricht ferner:
1. Nehmen wir an, die Börner wären
genötigt gewesen, an Stelle von Steinen
behufs ununterbrochener Grenzmarkierung
Holz zu nehmen, da wäre denn doch die
Verwendung von, ihrer Länge nach in den
ausgehobenen Graben eingelegten ganzen
Baumstämme bequemer und zweckmässiger
gewesen als das Einsetzen von meist ge-
spaltenen Baumabschnitten; auch wäre
diese Art einer in den Boden versenkten
unsichtbaren Grenzmarkierung nicht nur
jederzeit gleich leicht auffindbar, sondern
auch dauerhafter gewesen. — 2) Die seit-
liche Verbindung der Pfähle unter sich,
sowie die Beilagerling von Langhölzern
musste deren Stabilität in weniger festem
Grunde wesentlich erhöhen und ein Lockern
oder Herausziehen einzelner Pfähle un-
möglich machen oder doch sehr erschwe-
ren, und gerade dieser Umstand spricht für
Palissaden. — 3. Die flache Seite der ge-
spaltenen Klötze ist stets nach der einen,
die runde nach der anderen Seite gewen-
det, offenbar um die einstigen Palissaden
durch Langhölzer bequem miteinander ver-
binden zu können; bei einer Grenzver-
pflockung wäre diese Anordnung überhaupt
nicht nötig gewesen. — 4. Waren die Pa-
lissaden auf ihrer Innen- und Aussenseite
mit flachen Steinen verkeilt, dann ver-
blieben nach völliger Vermoderung des
Holzes (oder nach dem Ausheben der
Pfähle etwa bei Anlage der Limesmauer)
diese Steine in einer Doppelreihe einan-
der gegenüber stehen, was nun den Ein-
druck einer kanalartigen Versteinung her-
vorruft ; waren aber nur an einer Seite-
Steine zur Einkeilung verwendet, dann,
entstand der Eindruck einreibiger Ver-
steinung, welche aber auch so entstanden
sein kann, dass nach etwaigem Entfernen
der Pfähle in die so gebliebenen Löcher-
Steine , z. '1'. in beträchtlicher Grösse
hineingeworfen wurden. — 5. Ausschlag-
gebend aber ist die Thatsache, dass diese
Steinreihen nicht auf der Sohle des Gra-
bens (Gräbchens) stehen, sondern beiläufig:
in halber Tiefe, auf lockerem, eingefüll-
tem Material, von diesem auch umgeben
und bedeckt, und daher durchaus nicht so-
fest stehen, wie es bei einer für Jahrhun-
derte bestimmten Reichsgrenze unbedingt
der Fall gewesen sein müsste. — 5. Die
gefundenen Holzkohlen sind die Reste der
angekohlten Pfähle und Langhölzer, welche
daher bald der Tiefe, bald der Länge nach
verlaufen, beziehungsweise zwischen oder
unter der sogenannten Steinsetzung liegen.
— (i. Besonders wichtig ist auch die in
halber Tiefe des Grabens zwischen Kohle»
gefundene Fibel, beschrieben und abgebil-
det im Limesblatt S. 408. — 7. Das nach-
träglich in den Graben eingefüllte Mate-
rial, also die Grabeneinfüllung enthält oft-
gar keine Beigaben und ist vom beider-
seits anstehenden gewachsenen Boden
häufig kaum zu unterscheiden, kann also
als Grenzmarkierung. unmöglich gedient
haben. — 8. Die offenbar später angelegte
Mauer überbaut wiederholt diesen Graben,
würde also damit die Beichsgrenze über-
schreiten. — 9. Wäre das Gräbchen mit
oder ohne Versteinung respektive Ver-
pflockung wirklich eine Grenzmarkierung,.
dann würde diese, gewiss mit vielen Opfern
an Zeit und Mühe gemachte Anlage doch
nicht mit oder nach dem Bau der Mauer
aufgegeben worden sein. — 10. Das jetzt
noch sichtbare Gräbchen entstand durch
Xachsinken des Erdreichs während der
Vermoderung oder nach dem Ausheben
der Pfähle.
Weissenburg a. S. Wilh. Kohl.
Mit dieser Nummer beginnt der vierte Jahrgang dieser Zeitschrift.
Fr. Liiitz'sclie Verlagshandlung in Trier.
Verantwortlicher Kodakteur Prof. Hettuer.
Limesblatt.
488
das richtige Vorhandensein einer Pfahl-
oder l'alissadenreihe dem rätischen Limes
entlang sicher festgestellt, so dürfte schon
daraus hervorgehen, dass das demselben
entlang ziehende sogenannte „Grübchen",
welches wegen seiner ehemals beträcht-
lichen Tiefe wohl eher als Graben bezeich-
net werden darf, nichts anderes ist, als
der Graben, in welchen die Pfahlreihe
einst eingesetzt war, nicht aber ausschliess-
lich als Grenzmarkierung diente oder zur
Aufnahme einer Grenzmarkierung irgend-
welcher Art bestimmt war.
Für Palissadenreihe und gegen Grenz-
versteinung etc. spricht ferner:
1. Nehmen wir an, die Börner wären
genötigt gewesen, an Stelle von Steinen
behufs ununterbrochener Grenzmarkierung
Holz zu nehmen, da wäre denn doch die
Verwendung von, ihrer Länge nach in den
ausgehobenen Graben eingelegten ganzen
Baumstämme bequemer und zweckmässiger
gewesen als das Einsetzen von meist ge-
spaltenen Baumabschnitten; auch wäre
diese Art einer in den Boden versenkten
unsichtbaren Grenzmarkierung nicht nur
jederzeit gleich leicht auffindbar, sondern
auch dauerhafter gewesen. — 2) Die seit-
liche Verbindung der Pfähle unter sich,
sowie die Beilagerling von Langhölzern
musste deren Stabilität in weniger festem
Grunde wesentlich erhöhen und ein Lockern
oder Herausziehen einzelner Pfähle un-
möglich machen oder doch sehr erschwe-
ren, und gerade dieser Umstand spricht für
Palissaden. — 3. Die flache Seite der ge-
spaltenen Klötze ist stets nach der einen,
die runde nach der anderen Seite gewen-
det, offenbar um die einstigen Palissaden
durch Langhölzer bequem miteinander ver-
binden zu können; bei einer Grenzver-
pflockung wäre diese Anordnung überhaupt
nicht nötig gewesen. — 4. Waren die Pa-
lissaden auf ihrer Innen- und Aussenseite
mit flachen Steinen verkeilt, dann ver-
blieben nach völliger Vermoderung des
Holzes (oder nach dem Ausheben der
Pfähle etwa bei Anlage der Limesmauer)
diese Steine in einer Doppelreihe einan-
der gegenüber stehen, was nun den Ein-
druck einer kanalartigen Versteinung her-
vorruft ; waren aber nur an einer Seite-
Steine zur Einkeilung verwendet, dann,
entstand der Eindruck einreibiger Ver-
steinung, welche aber auch so entstanden
sein kann, dass nach etwaigem Entfernen
der Pfähle in die so gebliebenen Löcher-
Steine , z. '1'. in beträchtlicher Grösse
hineingeworfen wurden. — 5. Ausschlag-
gebend aber ist die Thatsache, dass diese
Steinreihen nicht auf der Sohle des Gra-
bens (Gräbchens) stehen, sondern beiläufig:
in halber Tiefe, auf lockerem, eingefüll-
tem Material, von diesem auch umgeben
und bedeckt, und daher durchaus nicht so-
fest stehen, wie es bei einer für Jahrhun-
derte bestimmten Reichsgrenze unbedingt
der Fall gewesen sein müsste. — 5. Die
gefundenen Holzkohlen sind die Reste der
angekohlten Pfähle und Langhölzer, welche
daher bald der Tiefe, bald der Länge nach
verlaufen, beziehungsweise zwischen oder
unter der sogenannten Steinsetzung liegen.
— (i. Besonders wichtig ist auch die in
halber Tiefe des Grabens zwischen Kohle»
gefundene Fibel, beschrieben und abgebil-
det im Limesblatt S. 408. — 7. Das nach-
träglich in den Graben eingefüllte Mate-
rial, also die Grabeneinfüllung enthält oft-
gar keine Beigaben und ist vom beider-
seits anstehenden gewachsenen Boden
häufig kaum zu unterscheiden, kann also
als Grenzmarkierung. unmöglich gedient
haben. — 8. Die offenbar später angelegte
Mauer überbaut wiederholt diesen Graben,
würde also damit die Beichsgrenze über-
schreiten. — 9. Wäre das Gräbchen mit
oder ohne Versteinung respektive Ver-
pflockung wirklich eine Grenzmarkierung,.
dann würde diese, gewiss mit vielen Opfern
an Zeit und Mühe gemachte Anlage doch
nicht mit oder nach dem Bau der Mauer
aufgegeben worden sein. — 10. Das jetzt
noch sichtbare Gräbchen entstand durch
Xachsinken des Erdreichs während der
Vermoderung oder nach dem Ausheben
der Pfähle.
Weissenburg a. S. Wilh. Kohl.
Mit dieser Nummer beginnt der vierte Jahrgang dieser Zeitschrift.
Fr. Liiitz'sclie Verlagshandlung in Trier.
Verantwortlicher Kodakteur Prof. Hettuer.