LIMESBLATT.
Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichsiimeskommission.
Erscheint jährlich in 5—6 Nrn. zum Treiso von 3 Mark.
Druck und Verlag der Fr. Lintz'schen Buchhandlung in Trier.
19. Ausgegeben am 15. Juli 18%.
Wiesbaden. [Kastell.] Das Terrain des
sogenannten „Heidenberges", auf welchem
•n den Jahren 1838 and 1839 durch eine
sehr gründliche auf Kosten des Vereins
für Nassauische Geschichte und Altertums-
kunde ausgeführte Ausgrabung ein rö-
misches Kastell aufgedeckt wurde, ist seit
»er Mitte dieses Jahrhunderts durch
Strassenanlagen und Häuserbauten, sowie
durch langjährige Ausbeutung als Lehm-
grube für Backsteinbrennercien stark ver-
ändert und umgewühlt worden; endlich
wurden in den siebziger Jahren bei Ge-
legenheit der Grund- und Xivellieruugs-
arbeiten für die Gebäude des städtischen
Krankenhauses, welche in der oberen Hälfte
des alten Kastells stehen, alle Reste der
Mauern völlig vernichtet und auch die
Niveauvorhältnissc stark umgestaltet. Unter
diesen Umständen konnten, als die Reichs-
iimeskommission auch Wiesbaden in den
Bereich' ihrer Untersuchungen zog, von
neuen Ausgrabungen von vornherein nur
sehr geringe Ergebnisse erwartet werden.
Dennoch wurde der Versuch gemacht durch
eine kurze Grabung, vom 24. Juni bis
11. Juli 189"), über einige bisher dunkle
Punkte Aufklärung zu gewinnen.
lici der Ausgrabung der Jahre 1838/39
batte man nach der Angahe Habels, welcher
sich dafür ausdrücklich auf die Unter-
suchungen des Architekten Kihrn beruft
(Annal, III, 2. 14(i), „eine dreifache Linie
parallel laufender Gräben" auf drei Seiten
des Kastells beobachtet, deren erster 6'
vor der Ringmauer beginnend eine Breite
von 8' -= 2,">0 m und eine Tiefe von
5' = 1,(50 m hatte und zusammen mit
den beiden anderen gleich breiten und
tiefen Gräben ein Annähcniiigshindcrnis
von 30' = 9,40 m Breite darstellte. Die
aus inneren Gründen geschöpften Zweifel
an der Richtigkeit dieser Beobachtung
wurden verstärkt durch den Umstand, dass
spätere, ebenfalls auf eigener Anschauung
ruhende Mitteilungen von einem das Kastell
umziehenden Doppelgraben reden, sowie
dass ein im Jahre 1800 aufgenommener
Plan eines Teiles der Südwest- und Süd-
ostfront des Kastells dieselben von einem
doppelten Graben umgeben zeigt; ja
Habel's eigene Mitteilung (Annal. III, 2.
147), dass bereits vor Beginn der Aus-
grabungen in einem Grundstück vor der
Südostfront beim Hausbau nur zwei Grä-
ben beobachtet worden seien, konnte in
diesem Zusammenhang Verdacht gegen die
Richtigkeit seiner anderen Angaben er-
wecken. In dem Gemüsegarten des städti-
schen Krankenhauses wurde an einer Stelle,
an welcher die nordwestliche Ringmauer
des Kastells durchziehen niusste, ein Ein-
schnitt gemacht und in etwa 1,20 m Tiefe
unter dem jetzigen Terrain die scharf-
kantige Fundamentgrube dieser Mauer in
1,80 m Breite gefunden; dieselbe war, ab-
gesehen von wenigen Stein- und Mörtel-
brocken, ganz mit Schutt der neuesten
Zeit gefüllt. Ein rechtwinklig zu der
Mauerflucht gemachter Schlitz ergab ein
ziemlich gut erhaltenes -Grabenprofil: an
die 0,80 m breite Berme srhloss sich der
innere 10,20 m breite und 2,10 m tiefe
Graben, der bis auf die Sohle mit Maner-
schutt und römischen Gefässscherben ge-
füllt war; der äussere Graben hatte eine
Breite von 7 m und eine Tiefe von 1,40 m
unter dein Niveau der Berme, Ein zwei-
ter an der Siidwestfront des Kastells in
der Nähe der porta principalis sinistra ge-
machter Einschnitt ergab fast genau das-
selbe Profil: vor dem deutlich erkennba-
Mitteilungen der Streckenkommissare bei der Reichsiimeskommission.
Erscheint jährlich in 5—6 Nrn. zum Treiso von 3 Mark.
Druck und Verlag der Fr. Lintz'schen Buchhandlung in Trier.
19. Ausgegeben am 15. Juli 18%.
Wiesbaden. [Kastell.] Das Terrain des
sogenannten „Heidenberges", auf welchem
•n den Jahren 1838 and 1839 durch eine
sehr gründliche auf Kosten des Vereins
für Nassauische Geschichte und Altertums-
kunde ausgeführte Ausgrabung ein rö-
misches Kastell aufgedeckt wurde, ist seit
»er Mitte dieses Jahrhunderts durch
Strassenanlagen und Häuserbauten, sowie
durch langjährige Ausbeutung als Lehm-
grube für Backsteinbrennercien stark ver-
ändert und umgewühlt worden; endlich
wurden in den siebziger Jahren bei Ge-
legenheit der Grund- und Xivellieruugs-
arbeiten für die Gebäude des städtischen
Krankenhauses, welche in der oberen Hälfte
des alten Kastells stehen, alle Reste der
Mauern völlig vernichtet und auch die
Niveauvorhältnissc stark umgestaltet. Unter
diesen Umständen konnten, als die Reichs-
iimeskommission auch Wiesbaden in den
Bereich' ihrer Untersuchungen zog, von
neuen Ausgrabungen von vornherein nur
sehr geringe Ergebnisse erwartet werden.
Dennoch wurde der Versuch gemacht durch
eine kurze Grabung, vom 24. Juni bis
11. Juli 189"), über einige bisher dunkle
Punkte Aufklärung zu gewinnen.
lici der Ausgrabung der Jahre 1838/39
batte man nach der Angahe Habels, welcher
sich dafür ausdrücklich auf die Unter-
suchungen des Architekten Kihrn beruft
(Annal, III, 2. 14(i), „eine dreifache Linie
parallel laufender Gräben" auf drei Seiten
des Kastells beobachtet, deren erster 6'
vor der Ringmauer beginnend eine Breite
von 8' -= 2,">0 m und eine Tiefe von
5' = 1,(50 m hatte und zusammen mit
den beiden anderen gleich breiten und
tiefen Gräben ein Annähcniiigshindcrnis
von 30' = 9,40 m Breite darstellte. Die
aus inneren Gründen geschöpften Zweifel
an der Richtigkeit dieser Beobachtung
wurden verstärkt durch den Umstand, dass
spätere, ebenfalls auf eigener Anschauung
ruhende Mitteilungen von einem das Kastell
umziehenden Doppelgraben reden, sowie
dass ein im Jahre 1800 aufgenommener
Plan eines Teiles der Südwest- und Süd-
ostfront des Kastells dieselben von einem
doppelten Graben umgeben zeigt; ja
Habel's eigene Mitteilung (Annal. III, 2.
147), dass bereits vor Beginn der Aus-
grabungen in einem Grundstück vor der
Südostfront beim Hausbau nur zwei Grä-
ben beobachtet worden seien, konnte in
diesem Zusammenhang Verdacht gegen die
Richtigkeit seiner anderen Angaben er-
wecken. In dem Gemüsegarten des städti-
schen Krankenhauses wurde an einer Stelle,
an welcher die nordwestliche Ringmauer
des Kastells durchziehen niusste, ein Ein-
schnitt gemacht und in etwa 1,20 m Tiefe
unter dem jetzigen Terrain die scharf-
kantige Fundamentgrube dieser Mauer in
1,80 m Breite gefunden; dieselbe war, ab-
gesehen von wenigen Stein- und Mörtel-
brocken, ganz mit Schutt der neuesten
Zeit gefüllt. Ein rechtwinklig zu der
Mauerflucht gemachter Schlitz ergab ein
ziemlich gut erhaltenes -Grabenprofil: an
die 0,80 m breite Berme srhloss sich der
innere 10,20 m breite und 2,10 m tiefe
Graben, der bis auf die Sohle mit Maner-
schutt und römischen Gefässscherben ge-
füllt war; der äussere Graben hatte eine
Breite von 7 m und eine Tiefe von 1,40 m
unter dein Niveau der Berme, Ein zwei-
ter an der Siidwestfront des Kastells in
der Nähe der porta principalis sinistra ge-
machter Einschnitt ergab fast genau das-
selbe Profil: vor dem deutlich erkennba-