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Löwy, Markus
Amschelberger Jugenderinnerungen: 1855-75-80 — Prag: Selbstverlag, 1909

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https://doi.org/10.11588/diglit.53414#0048
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dem unſer Gartenbeſitzer vollkommen unſchuldig iſt (Omladiniſt. Mroch.
— aun lieber ſchnell in den ſonnigen Garten, wo Mutter Grün
uns die Sitze gepolſtert mit ſaftigem Graſe, wo ſie uns loſe Buketts
von Gänſe⸗ und Schweinsblumen hingeſtreut, denn es wird ein Diner
ſerviert, ein feines Piknik, geſpendet von Amſchelbergs goldener Jugend,
und da geht's hoch her. Die Pikniks wiederholen ſich allſamstäglich bei.
ſchönem Wetter. Die Tiſche wurden durch breite, platte Steine dar—
geſtellt, bedeckt mit den reinen, ſämstäglichen Taſchentüchern, die cuch
als Servietten dienten. Das Mahl beſtand aus den Spenden der
Syſſiten (Tiſchgenoſſen). Der eine brachte eine Libation von Kümmel⸗
branntwein oder Honig, der andere Pfefferkuchen, Aepfel, Nüſſe, Pflau⸗
men, gekochte Eier; Joachim Reichenſtein (richesse oblige) glänzte mit
einein weißen, mit Mohn, Powidel oder Quark bedeckten Kuchen, indes
Jakob Kaufmann ein flaumweiches Weizenbrot auf den Altar des
Vaͤterlandes niederlegte, wo es m ber gar nicht lange liegen blieb.
Mlles wurde verzehrt, nichts blieb übrig. Nın kamen die Spiele: Blinde
Kuh, Plumpſack, Balla, Paläſtra, die Lawn-tennis und Golfſpiele
unſerer Zeit. Schön war's, gut war's und noch heute fühle ich den
fuͤßen Naͤchgeſchmack des feſtlichen. Mahles. Proſit!

Na drackäch.

; Dräti heißt dechiſch: pflücken, hinwerfen, dracky loſe hingeworfenes
Zeug. Alſo lagen die Lehmhütten auf einem oberhalb des Ortes ge—
legenen Hügel. Dieſe Häuschen glichen mehr den Höhlen und wurden
daͤmals dielfach von Leuten ſehr zweifelhaften Rufes bewohnt. Da
wohnte z. B. der D ‚ ein tüchtiger Jünger Lips Tullians, der
jßon auf ſein Geſicht zehn Jahre Kerker verdient hätte; ferner der
Puklioka, kurz die ganze Gilde Mercurii. Ihr Troglodytentum leiſtete
ihnen gute Dienſte; in ihren Verſtecken ſpeicherten ſie alles auf, was
anderswo nicht niet- und nagelfeſt war. Doch das Auge des Geſetzes
wacht, der Arm der Gerechtigkeit reicht weit und das Schickſal in Ge—
ſtalt eines Gendarmen ſchreitet ſchnell. Die Nachtbeſuche der heiligen
Hermandad förderten manches zutage, die unrechtmäßigen Beſitzer aber
wanderten ins Finſtere, wo ſie wenigſtens für kurze Zeit über den
Unterſchied von Mein und Dein nachdenken konnten.

Qie Stcpnive
Gaumſchule Bavivnvavſtadi
lag zu beiden Seiten der Straße, die jenſeits des Maſtnikbaches ge—
legen, von Amſchelberg nach Selban führt. Es waren meiſt Klein—

baͤuern, Häusler, Handwerker und Arbeiter hier angeſiedelt. Der Simek,
unſer Hof- und Zeibhaarſchneider und Coiffeur, der Gemeindediener
 
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