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Lübke, Wilhelm
Geschichte der Architektur von den ältesten Zeiten bis auf die Gegenwart — Leipzig, 1855

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https://doi.org/10.11588/diglit.29616#0070

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56

Zweites Buch.

verbunden werden, wie am L ö w e n t h o r zuMycenae, theils mit senkrecht
gestellten Pfosten, deren Verbindung dann durch mehrere über einander
vorkragende Steine bewirkt ist, wie zu Phigalia und Amphi ssa.
Herrscher- Als besonders reich ausgestattet erscheinen die Herr sch er paläste

Pcilästo • • •

bei Homer, der sich gern in der Schilderung derselben ergeht. Säulenhallen
werden erwähnt, und vorzüglich wird des Metallglanzes gedacht, von wel-
chem die Wände schimmerten. Wie dies gleich manchen andern Eigen-
tümlichkeiten durchaus an asiatische Sitten erinnert, so ist es auch der
Denkart des nachmaligen Griechenthums fremd, Privatwohnungen kostbar
zu schmücken. Es lässt sich daher auch für jene Bauwerke mit Sicherheit
eine mehr oder weniger fremdartige Form gleich den cyklopischen Mauern
Schatzhäuser, und Thoren annehmen. Solchen Königsburgen war die Anlage von Schatz-
häusern (Thesauren) eigenthümlich, die zur Aufbewahrung der oft
reich aufgehäuften Kostbarkeiten aller Art dienten. Sie waren gewölbt, oft
unterirdisch, doch beruht auch bei ihnen die Wölbung auf dem Gesetze der
Ueberkragung. Das noch wohlerhaltene Schatzhaus des Atreus zu My-
cenae gibt eine deutliche Vorstellung davon. Von einem etwa 48Fuss im
Durchmesser haltenden Kreise steigt eine durch horizontal geschichtete
Steinlagen gebildete Wölbung eben so hoch auf, die dadurch hervorgebracht
wird, dass jede obere Steinreihe über die untere vorgekragt und sodann an
den vorstehenden Ecken abgeschrägt ist. Erzplatten scheinen ehemals das
ganze Innere bekleidet zu haben. Dies, so wie Spuren von Halbsäulen am
Eingänge sammt anderen Verzierungen aus grünem, rothem und weissem
Marmor, bekundet denselben Sinn für bunten Farbenschmuck und Metall-
schimmer , und die Art der Ornamente verräth ein weiches, an asiatische
Kunst erinnerndes Formgefühl.

Umwälzung. Fragt man, welche geschichtlichen Ereignisse dem Walten jenes rohen,
seltsamen künstlerischen Triebes ein Ende gemacht und an seine Stelle die
klare, edle Weise, die wir als griechische Kunst kennen, gesetzt haben,
so ist auf die entscheidende Umwälzung hinzudeuten, welche durch das
Dorer im Eindringen der Dorer aus dem Norden Griechenlands nach dem Pelo-
Peioponnes. p0mies bewirkt wurde. Dies ist der Beginn der Entwicklung des griechi-
ionier. sehen Lebens. Indem die Dorer den Stamm der Ionier nach Attika zu-
rückdrängten und ihn zur Kolonisation der kleinasiatischen Küste trieben,
gestaltete sich eine Basis für das Doppelwesen jener beiden so grundver-
schiedenen Stämme desselben Volkes, durch das die vollendet harmonische
Charakter der Entfaltung des Griechenthums bedingt war. Die ernsten, würdevollen,
stamme, kriegerischen Dorer bildeten nicht bloss einen Gegensatz, sondern eine
glückliche Ergänzung zu dem weicheren, anmutigeren, den friedlichen
Künsten mehr zugeneigten Charakter der Ionier; jene wurden durch den
Einfluss dieser gemildert, diese durch den Wetteifer mit jenen gekräftigt,
und nur diesem einzig in der Geschichte dastehenden Wechselverhältnisse
verdanken wir die Wunderblüthe griechischer Kultur. Wie sich hierdurch
erst die Eigentümlichkeiten hellenischer Sitte ausbilden konnten, muss
auch die Entfaltung der Architektur unter dem Einflüsse derselben günsti-
Erste Bildung gen Bedingungen stattgefunden haben. Es lässt sich demnach annehmen,
Architektur dass die Zeit von der Einwanderung der Dorer (1104 v. Chr. nach der ge-
vonlioo-600 wohnlichen Annahme) bis zur Epoche der in ihren Grundzügen vollendeten
''Chr' Verfassungen, die durch Solons Gesetzgebung bezeichnet wird , auch den
 
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