346 Fünftes Buch. Drittes Kapitel. Gothischer Styl.
Denkmäler in Wir haben schliesslich noch einen Blick auf die Denkmäler Spaniens
spamen. unc[ portugals zu werfen, für deren Erforschung freilich noch nicht viel
geschehen ist, so dass wir nur vereinzelte Anhaltspunkte für den Entwick-
lungsgang der gothischen Baukunst auf dortigem Boden besitzen. In Spa-
nien, einem Lande, dessen Volksthum in so überraschender Weise sich
durch manche Eigentümlichkeiten germanischen Geistes noch jetzt aus-
zeichnet, das auch in Wirklichkeit stark mit germanischen Elementen ver-
mischt ist, tritt der gothische Styl in viel strengerer, dem ursprünglichen
Gedanken des Systems entsprechender Weise auf als in Italien. Planform,
Pfeilerbildung, Gewölbanlage und Fensterbehandlung erinnern lebhaft an
nordische Weise. Nur pflegt auch hier das Mittelschiff sich in geringerem
Maasse über die Abseiten zu erheben , die Horizontale auch am Aeusseren
ziemlich kräftig betont zu sein. Im 15. Jahrh. nimmt der Einfluss aus-
wärtiger Meister, namentlich deutscher und niederländischer, zu und er-
zeugt im Bunde mit der rasch und feurig bewegten Phantasie der Nation
und ihrem Sinne für Entfaltung glänzender Pracht einen Dekorationsstyl,
dessen Hauptwerke an Reichthum die englischen und französischen minde-
stens erreichen, an Fülle überströmender Energie sie sogar überbieten.
Endlich ist die ununterbrochene Einmischung gewisser maurischer Formen
noch als charakteristisch-dekoratives Element hervorzuheben.
Kathedrale zu Zu den bedeutendsten Denkmälern des frühgothischen Styles gehört
roiedo. ^-e Kathedrale zu Toledo, die im J. 1227 begonnen sein soll. Von
grossartiger Wirkung, frei und kühn gestaltet sich das Innere; die gebün-
delten Pfeiler haben in ihrer Profilirung, den Basen und Kapitalen noch
Reminiszenzen an romanische Bildungsweise; selbst die Ringe an den
Schäften, wie die Uebergangszeit sie liebte, kommen noch vor. Die Chor-
wände sind mit durchbrochner Marmorarbeit im üppigsten spätgothischen
Kathedrale zu Dekorationsstyle verschwenderisch bedeckt. — Die 1299 begonnene Ka-
Burgos. thedrale zu Burgos hat eine im J. 1450 durch Meister Johann von Köln
ausgeführte Facade von ziemlich klarer Disposition mit zwei reichdurch-
brochenen, in willkürlich dekorativen Formen behandelten Thurmpyramiden,
Kathedrale zu die ohne Vermittlung eines achteckigen Obergeschosses aufsteigen. — Der-
Barceiiona. gg^g Meister Johann soll in Verbindung mit einem anderen kölnischen
Meister Simon im J. 1442 die Facade der Kathedrale zu Barcellona
mit ihren ebenfalls durchbrochenen Thurmhelmen aufgeführt haben. —
Kathedrale zu Von freiem, mehr hallenartigem Charakter ist das Innere der Kathedrale
Sevilla. zu Sevilla, 1401 begonnen, mit fünf Schiffen, die an Höhe nicht viel
unterschieden sind, und einer Kuppel auf der Kreuzung. Die Pfeiler er-
scheinen hier in edelster Profilirung.
Kirche zu In Portugal ist vorzüglich die Kirche des Klosters Batalha, 1383
Bataiha. gegründet, wegen ihrer klaren Durchbildung bemerkenswerth. An ein
langgestrecktes, dreischiffiges Langhaus, dessen reichgegliederte Pfeiler in
ziemlich weiten Abständen angeordnet sind, schliesst sich ein Querbau,
dessen östlicher Wand sich fünf gesonderte Chöre, jeder mit polygonem
Schluss und nur der mittlere die andern an Breite und Tiefe überragend,
anlegen. Am Aeusseren ist zwar durch flache Dächer und zahlreiche Gurt-
gesimse die Horizontale kräftig markirt, die aufstrebende Richtung indess
durch Strebebögen und Fialenwerk angemessen vertreten.
Denkmäler in Wir haben schliesslich noch einen Blick auf die Denkmäler Spaniens
spamen. unc[ portugals zu werfen, für deren Erforschung freilich noch nicht viel
geschehen ist, so dass wir nur vereinzelte Anhaltspunkte für den Entwick-
lungsgang der gothischen Baukunst auf dortigem Boden besitzen. In Spa-
nien, einem Lande, dessen Volksthum in so überraschender Weise sich
durch manche Eigentümlichkeiten germanischen Geistes noch jetzt aus-
zeichnet, das auch in Wirklichkeit stark mit germanischen Elementen ver-
mischt ist, tritt der gothische Styl in viel strengerer, dem ursprünglichen
Gedanken des Systems entsprechender Weise auf als in Italien. Planform,
Pfeilerbildung, Gewölbanlage und Fensterbehandlung erinnern lebhaft an
nordische Weise. Nur pflegt auch hier das Mittelschiff sich in geringerem
Maasse über die Abseiten zu erheben , die Horizontale auch am Aeusseren
ziemlich kräftig betont zu sein. Im 15. Jahrh. nimmt der Einfluss aus-
wärtiger Meister, namentlich deutscher und niederländischer, zu und er-
zeugt im Bunde mit der rasch und feurig bewegten Phantasie der Nation
und ihrem Sinne für Entfaltung glänzender Pracht einen Dekorationsstyl,
dessen Hauptwerke an Reichthum die englischen und französischen minde-
stens erreichen, an Fülle überströmender Energie sie sogar überbieten.
Endlich ist die ununterbrochene Einmischung gewisser maurischer Formen
noch als charakteristisch-dekoratives Element hervorzuheben.
Kathedrale zu Zu den bedeutendsten Denkmälern des frühgothischen Styles gehört
roiedo. ^-e Kathedrale zu Toledo, die im J. 1227 begonnen sein soll. Von
grossartiger Wirkung, frei und kühn gestaltet sich das Innere; die gebün-
delten Pfeiler haben in ihrer Profilirung, den Basen und Kapitalen noch
Reminiszenzen an romanische Bildungsweise; selbst die Ringe an den
Schäften, wie die Uebergangszeit sie liebte, kommen noch vor. Die Chor-
wände sind mit durchbrochner Marmorarbeit im üppigsten spätgothischen
Kathedrale zu Dekorationsstyle verschwenderisch bedeckt. — Die 1299 begonnene Ka-
Burgos. thedrale zu Burgos hat eine im J. 1450 durch Meister Johann von Köln
ausgeführte Facade von ziemlich klarer Disposition mit zwei reichdurch-
brochenen, in willkürlich dekorativen Formen behandelten Thurmpyramiden,
Kathedrale zu die ohne Vermittlung eines achteckigen Obergeschosses aufsteigen. — Der-
Barceiiona. gg^g Meister Johann soll in Verbindung mit einem anderen kölnischen
Meister Simon im J. 1442 die Facade der Kathedrale zu Barcellona
mit ihren ebenfalls durchbrochenen Thurmhelmen aufgeführt haben. —
Kathedrale zu Von freiem, mehr hallenartigem Charakter ist das Innere der Kathedrale
Sevilla. zu Sevilla, 1401 begonnen, mit fünf Schiffen, die an Höhe nicht viel
unterschieden sind, und einer Kuppel auf der Kreuzung. Die Pfeiler er-
scheinen hier in edelster Profilirung.
Kirche zu In Portugal ist vorzüglich die Kirche des Klosters Batalha, 1383
Bataiha. gegründet, wegen ihrer klaren Durchbildung bemerkenswerth. An ein
langgestrecktes, dreischiffiges Langhaus, dessen reichgegliederte Pfeiler in
ziemlich weiten Abständen angeordnet sind, schliesst sich ein Querbau,
dessen östlicher Wand sich fünf gesonderte Chöre, jeder mit polygonem
Schluss und nur der mittlere die andern an Breite und Tiefe überragend,
anlegen. Am Aeusseren ist zwar durch flache Dächer und zahlreiche Gurt-
gesimse die Horizontale kräftig markirt, die aufstrebende Richtung indess
durch Strebebögen und Fialenwerk angemessen vertreten.