Im Untersuchungsgebiet sind derzeit 50 frühgeschichtliche
Brandbestattungsplätze mit insgesamt rund 1800 überlieferten
Leichenbrandbeisetzungen zu verzeichnen. Sie sind in den
Katalogen I und II zusammengestellt.
Im folgenden wird zunächst die chronologische Einordnung
dieser Befunde erörtert: Kap. 1 nimmt Stellung zur Datierung
des Urnenfriedhofs auf dem „PFINGSTBERG" (s. Katalog 11,
Nr. 45) durch D. Gaedtke-Eckardt. In Kapitel 2 wird die
chronologische Einordnung des Fundmaterials aus den in
Katalog I verzeichneten Bestattungsplätzen Nr. 1 bis 36 erör-
tert, Kapitel 3 erläutert die Datierung der in Katalog II
verzeichneten Brandbestattungsplätze Nr. 40 bis 44 und 46 bis
49. Kapitel 4 befaßt sich mit der Rekonstrution der Befunde
und der Datierung des Fundmaterial aus dem in Katalog I
unter der Nr. 37 verzeichneten Brandbestattungsplatz von
QUERUM. Kapitel 5 faßt die Ergebnisse von Kapitel 1 bis 4
hinsichtlich der Nutzungsdauer der Brandbestattungsplätze
zusammen.
In den anschließenden Kapiteln 6 bis 13 werden die auf die-
sen Friedhöfen zu beobachtenden Brandbestattungsformen,
die Anlage und Kennzeichnung der einzelnen Grabstellen
sowie die Lage und Größe der Bestattungsplätze dargestellt
und erörtert.
Zur Chronologie
1. Der „PFINGSTBERG" (45) bei Helmstedt
Von den insgesamt 50 nachweisbaren Brandbestattungsplät-
zen des Untersuchungsgebietes ist nur der auf dem
„PFINGSTBERG" bei Helmstedt nahezu vollständig ausge-
graben und in seiner Gesamtausdehnung erfaßt worden (s.
Karte 1)35.Am „PFINGSTBERG" sind insgesamt mindestens
881 Leichenbrände beigesetzt worden, fast alle davon in
Keramikgefäßen36. Das Fundmaterial aus diesen Grabbefun-
den ist von D. Gaedtke-Eckardt bearbeitet und 1991 vorgelegt
worden37. Da die überwiegende Mehrheit der Leichenbrand-
beisetzungen keine datierbaren Objekte bzw. Beigaben ent-
hält, bildete ein stilistischer Vergleich von Formen und Dekors
der Urnen die Grundlage der Datierung der Befunde.
Mit einem Beginn der Belegung des Bestattungsplatzes ist ab
der Stufe Cl der Römischen Kaiserzeit zu rechnen38. Fund-
material der älteren Kaiserzeit fehlt völlig. Zur Aufgabe des
Bestattungsplatzes dürfte es m. E. im Laufe des 6. Jhs. gekom-
men sein, denn die jüngsten datierbaren der am „PFINGST-
BERG" entdeckten Urnen sind handgeformte Keramikgefäße,
die nach Gaedtke-Eckardt mit Keramik der von B. Schmidt
definierten Stufen II (450-525) und III (525-600) der „Spä-
ten Völkerwanderungszeit" vergleichbar ist39.
Gaedtke-Eckardt ist allerdings der Ansicht, daß der Bestat-
tungsplatz schon „bald nach der Mitte des 5. Jh." wieder auf-
gegeben worden ist40. Obwohl dem 6. Jh. zuweisbare Leichen-
brandbehälter vorliegen, spricht nach ihrer Einschätzung u. a.
das Fehlen von eindeutig in dieses Jahrhundert datierbaren
Beigaben gegen eine Nutzung der Nekropole nach dem 5. Jh.
Dieses Argument scheint mir in Anbetracht der Tatsache, daß
die „PFINGSTBERGER" Leichenbrandbeisetzungen ins-
gesamt nur ausnahmsweise datierbare Objekte enthalten, nicht
überzeugend41. Zu berücksichtigen ist auch, daß das Fehlen
von sicher in das 6. Jh. datierbaren Objekten aus den Lei-
chenbränden seine Ursache in einem Wandel der Brandbestat-
tungssitte haben kann. Gaedtke-Eckardt vermutet ferner, daß
sich „im braunschweigischen Raum" bereits im 5. Jh. die Sitte
der Körperbestattung durchsetzt42. Da Körpergräber auf dem
Bestattungsplatz vom „PFINGSTBERG" fehlen, spricht dies
ihrer Meinung nach ebenfalls für ein Ende der Nutzungszeit
noch im 5. Jh. Wie aber noch näher erläutert werden wird, sind
die von Gaedtke-Eckardt als Belege für eine Durchsetzung der
Körpergrabsitte angeführten Grabfunde von SCHÖNINGEN
(70) (s. Katalog III) und BEUCHTE (s. Katalog III) aus dem
5./6. bzw. 6. Jh. im Braunschweiger Raum in jeder Hinsicht
singuläre Befunde und können meines Erachtens keinesfalls
als Beweise dafür gelten, daß es hier schon im 5. zu einer
Übernahme der Körperbestattungssitte durch breite Bevölke-
rungsschichten gekommen ist.
35 Ein Gesamtplan der erfaßten Befunde findet sich bei GAEDTKE-
ECKARDT 1991 als Beilage.
36 Zum Nachweis und Vorkommen anderer Beisetzungsformen s. Kap.
6.2.
37 GAEDTKE-ECKARDT 1991.
38 GAEDTKE-ECKARDT 1991, 119, „Chronologische Einordnung".
39 Wie Anm. 38.
40 Wie Anm.38.
41 S. GAEDTKE-ECKARDT 1991, 16, zu „Totenzubehör und -1
ben“.
42 Wie Anm. 38.
16
Brandbestattungsplätze mit insgesamt rund 1800 überlieferten
Leichenbrandbeisetzungen zu verzeichnen. Sie sind in den
Katalogen I und II zusammengestellt.
Im folgenden wird zunächst die chronologische Einordnung
dieser Befunde erörtert: Kap. 1 nimmt Stellung zur Datierung
des Urnenfriedhofs auf dem „PFINGSTBERG" (s. Katalog 11,
Nr. 45) durch D. Gaedtke-Eckardt. In Kapitel 2 wird die
chronologische Einordnung des Fundmaterials aus den in
Katalog I verzeichneten Bestattungsplätzen Nr. 1 bis 36 erör-
tert, Kapitel 3 erläutert die Datierung der in Katalog II
verzeichneten Brandbestattungsplätze Nr. 40 bis 44 und 46 bis
49. Kapitel 4 befaßt sich mit der Rekonstrution der Befunde
und der Datierung des Fundmaterial aus dem in Katalog I
unter der Nr. 37 verzeichneten Brandbestattungsplatz von
QUERUM. Kapitel 5 faßt die Ergebnisse von Kapitel 1 bis 4
hinsichtlich der Nutzungsdauer der Brandbestattungsplätze
zusammen.
In den anschließenden Kapiteln 6 bis 13 werden die auf die-
sen Friedhöfen zu beobachtenden Brandbestattungsformen,
die Anlage und Kennzeichnung der einzelnen Grabstellen
sowie die Lage und Größe der Bestattungsplätze dargestellt
und erörtert.
Zur Chronologie
1. Der „PFINGSTBERG" (45) bei Helmstedt
Von den insgesamt 50 nachweisbaren Brandbestattungsplät-
zen des Untersuchungsgebietes ist nur der auf dem
„PFINGSTBERG" bei Helmstedt nahezu vollständig ausge-
graben und in seiner Gesamtausdehnung erfaßt worden (s.
Karte 1)35.Am „PFINGSTBERG" sind insgesamt mindestens
881 Leichenbrände beigesetzt worden, fast alle davon in
Keramikgefäßen36. Das Fundmaterial aus diesen Grabbefun-
den ist von D. Gaedtke-Eckardt bearbeitet und 1991 vorgelegt
worden37. Da die überwiegende Mehrheit der Leichenbrand-
beisetzungen keine datierbaren Objekte bzw. Beigaben ent-
hält, bildete ein stilistischer Vergleich von Formen und Dekors
der Urnen die Grundlage der Datierung der Befunde.
Mit einem Beginn der Belegung des Bestattungsplatzes ist ab
der Stufe Cl der Römischen Kaiserzeit zu rechnen38. Fund-
material der älteren Kaiserzeit fehlt völlig. Zur Aufgabe des
Bestattungsplatzes dürfte es m. E. im Laufe des 6. Jhs. gekom-
men sein, denn die jüngsten datierbaren der am „PFINGST-
BERG" entdeckten Urnen sind handgeformte Keramikgefäße,
die nach Gaedtke-Eckardt mit Keramik der von B. Schmidt
definierten Stufen II (450-525) und III (525-600) der „Spä-
ten Völkerwanderungszeit" vergleichbar ist39.
Gaedtke-Eckardt ist allerdings der Ansicht, daß der Bestat-
tungsplatz schon „bald nach der Mitte des 5. Jh." wieder auf-
gegeben worden ist40. Obwohl dem 6. Jh. zuweisbare Leichen-
brandbehälter vorliegen, spricht nach ihrer Einschätzung u. a.
das Fehlen von eindeutig in dieses Jahrhundert datierbaren
Beigaben gegen eine Nutzung der Nekropole nach dem 5. Jh.
Dieses Argument scheint mir in Anbetracht der Tatsache, daß
die „PFINGSTBERGER" Leichenbrandbeisetzungen ins-
gesamt nur ausnahmsweise datierbare Objekte enthalten, nicht
überzeugend41. Zu berücksichtigen ist auch, daß das Fehlen
von sicher in das 6. Jh. datierbaren Objekten aus den Lei-
chenbränden seine Ursache in einem Wandel der Brandbestat-
tungssitte haben kann. Gaedtke-Eckardt vermutet ferner, daß
sich „im braunschweigischen Raum" bereits im 5. Jh. die Sitte
der Körperbestattung durchsetzt42. Da Körpergräber auf dem
Bestattungsplatz vom „PFINGSTBERG" fehlen, spricht dies
ihrer Meinung nach ebenfalls für ein Ende der Nutzungszeit
noch im 5. Jh. Wie aber noch näher erläutert werden wird, sind
die von Gaedtke-Eckardt als Belege für eine Durchsetzung der
Körpergrabsitte angeführten Grabfunde von SCHÖNINGEN
(70) (s. Katalog III) und BEUCHTE (s. Katalog III) aus dem
5./6. bzw. 6. Jh. im Braunschweiger Raum in jeder Hinsicht
singuläre Befunde und können meines Erachtens keinesfalls
als Beweise dafür gelten, daß es hier schon im 5. zu einer
Übernahme der Körperbestattungssitte durch breite Bevölke-
rungsschichten gekommen ist.
35 Ein Gesamtplan der erfaßten Befunde findet sich bei GAEDTKE-
ECKARDT 1991 als Beilage.
36 Zum Nachweis und Vorkommen anderer Beisetzungsformen s. Kap.
6.2.
37 GAEDTKE-ECKARDT 1991.
38 GAEDTKE-ECKARDT 1991, 119, „Chronologische Einordnung".
39 Wie Anm. 38.
40 Wie Anm.38.
41 S. GAEDTKE-ECKARDT 1991, 16, zu „Totenzubehör und -1
ben“.
42 Wie Anm. 38.
16