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Im Tempel der Minerva sah man einen goldenen, von dem lydi-
schen Könige Crösus hergeschickten Schild, und außerhalb des Tempels
eine große Bildsäule von Erz, welche die Marseiller in Gallien zum
Andenken eines Sieges über die Karthager geweihet hatten.
Schon zu Homers Zeit war Delphi's Reichthum zum Sprichwort
geworden. Ilias H V. 401—405. versichert Achilleus:
Nichts sind gegen das Leben die Schätze mir, nichts, was vordem auch
Zlioö barg, wie man sagt, die Stadt voll prangender Häuser,
Einst, als blühte der Fried', eh' die Macht der Achaier daher kam;
Noch, was die steinerne Schwelle des Treffenden drinnen bewahret,
Phöbos Apollons Schatz, in Pytho's klippigen Feldern.
An dem Tempel des Apollo waren Oikoi, große Gewölbe, ange-
bracht, worin die Weihgeschenke aufbewahrt wurden. Nachher wurden
Schatzkammern innerhalb des Tempeldistrikts angelegt; dann Leschoi,
Versammlungssäle. Zn einem derselben waren Gemälde vonPolygno-
tus, z. B. die Abfahrt der Griechen nach Troja; Odysseus befrägt den
Tiresias, u. s. w.
Delphi, meinten die Alten, sei der Mittelpunkt der Erde, oder zum
wenigsten Griechenlands. Jupiter lies einst, um denselben ausfindig
zu machen, zwei Adler von den beiden äußersten Grenzen der Erde,
den einen von Osten und den andern von Westen fliegen, und diese
begegneten sich über dem Orakel. Die Einwohner von Delphi weiheten
zum Andenken an diese Begebenheit dem Tempel des Apollo zwei gol-
dene Adler").
Der Ort, wo die beiden Adler zusammen kamen, wurde der Na-
bel der Erde genannt, weil man glaubte, daß er eben so der Mittel-
punkt derselben sei, wie der Nabel der Mittelpunkt des menschlichen
Körpers ist").
Jetzt hat dieser angenommene Mittelpunkt der Erde seine Pracht
ganz verloren. Man bemerkt kaum noch Spuren von dem Apollotem-
pel. Mehrere Male ist er nieder gerissen, und geplündert und verbrannt,
und immer wieder bald von Holz, bald von Marmor, und endlich von
Bronze aufgebaut worden.
Die Phocenser raubten aus diesem Tempel gegen sechs Millionen
Thaler an baarer Münze.
Sylla machte sich zum Herrn des Schatzes").
Ungeachtet der zahllosen Räubereien und Plünderungen, denen der
Tempel ausgesetzt gewesen war, sah man nach Plinius") zu seiner
Zeit noch über 3600 Statüen zu Delphi.
Vor Nero's Negierung war Delphi schon eilf Mal geplündert
worden, und doch führte dieser Kaiser 500 bronzene Statüen aus dem
Im Tempel der Minerva sah man einen goldenen, von dem lydi-
schen Könige Crösus hergeschickten Schild, und außerhalb des Tempels
eine große Bildsäule von Erz, welche die Marseiller in Gallien zum
Andenken eines Sieges über die Karthager geweihet hatten.
Schon zu Homers Zeit war Delphi's Reichthum zum Sprichwort
geworden. Ilias H V. 401—405. versichert Achilleus:
Nichts sind gegen das Leben die Schätze mir, nichts, was vordem auch
Zlioö barg, wie man sagt, die Stadt voll prangender Häuser,
Einst, als blühte der Fried', eh' die Macht der Achaier daher kam;
Noch, was die steinerne Schwelle des Treffenden drinnen bewahret,
Phöbos Apollons Schatz, in Pytho's klippigen Feldern.
An dem Tempel des Apollo waren Oikoi, große Gewölbe, ange-
bracht, worin die Weihgeschenke aufbewahrt wurden. Nachher wurden
Schatzkammern innerhalb des Tempeldistrikts angelegt; dann Leschoi,
Versammlungssäle. Zn einem derselben waren Gemälde vonPolygno-
tus, z. B. die Abfahrt der Griechen nach Troja; Odysseus befrägt den
Tiresias, u. s. w.
Delphi, meinten die Alten, sei der Mittelpunkt der Erde, oder zum
wenigsten Griechenlands. Jupiter lies einst, um denselben ausfindig
zu machen, zwei Adler von den beiden äußersten Grenzen der Erde,
den einen von Osten und den andern von Westen fliegen, und diese
begegneten sich über dem Orakel. Die Einwohner von Delphi weiheten
zum Andenken an diese Begebenheit dem Tempel des Apollo zwei gol-
dene Adler").
Der Ort, wo die beiden Adler zusammen kamen, wurde der Na-
bel der Erde genannt, weil man glaubte, daß er eben so der Mittel-
punkt derselben sei, wie der Nabel der Mittelpunkt des menschlichen
Körpers ist").
Jetzt hat dieser angenommene Mittelpunkt der Erde seine Pracht
ganz verloren. Man bemerkt kaum noch Spuren von dem Apollotem-
pel. Mehrere Male ist er nieder gerissen, und geplündert und verbrannt,
und immer wieder bald von Holz, bald von Marmor, und endlich von
Bronze aufgebaut worden.
Die Phocenser raubten aus diesem Tempel gegen sechs Millionen
Thaler an baarer Münze.
Sylla machte sich zum Herrn des Schatzes").
Ungeachtet der zahllosen Räubereien und Plünderungen, denen der
Tempel ausgesetzt gewesen war, sah man nach Plinius") zu seiner
Zeit noch über 3600 Statüen zu Delphi.
Vor Nero's Negierung war Delphi schon eilf Mal geplündert
worden, und doch führte dieser Kaiser 500 bronzene Statüen aus dem