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Matz, Friedrich
Die Naturpersonifikationen in der griechischen Kunst — Göttingen: Druck der Dieterich'schen Univ.-Buchdruckerei W.Fr. Kaestner, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.51056#0037
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29

stimmt. Auch glaube ich, daß die Verbreitung ihres Kultes in
den späteren Jahrhunderten nur dann zu verstehen ist, wenn man
sie sich als göttliche Personifikation aufgefaßt denkt.
Denn im Hellenismus sind allerdings diese Kulte sehr ver-
breitet und deutlich zu fassen.
Münzen des sizilischen Thermai Himeraiai, bald nach dem
zweiten panischen Kriege geschlagen, zeigen ein weibliches Haupt
mit Schleier und Turmkrone1). Von Tyche darf man hier nicht
sprechen; denn wenn von Cicero (Herr. II 2, 35) eine Bronzestatue
erwähnt wird als „mira pulchritudine ipsa Himera in mulieris
figuram habitumque formata ex oppidi nomine et fluminis“ und
wir obendrein erfahren, daß der ältere Scipio nach dem Falle von
Karthago dieses Werk den Himeraiern zurückgegeben habe, so
stellt das Haupt der Münzen natürlich niemand anders dar als
Himera selbst2). Als Quellnymphe ist sie bekannt von den der
alten Stadt Himera gehörigen Münzen des V. Jhdts.3), sowie von
Münzen von Thermai, die in der ersten Hälfte des IV. Jhdts. ge-
prägt sind4). Aber die Turmkrone, die einer richtigen Nymphe
natürlich nicht zukommt, sondern auf diese Geschöpfe erst von
den Stadtgöttinnen oder Stadttychen übertragen sein kann 5 6), zeigt
den Wandel in der Auffassung an: Die eponyme Nymphe ist zur
Personifikation geworden. In Segesta sind die Verhältnisse ganz
analogG) und ebenso zu beurteilen. Der Übergang von der my-
thischen zur reflektierten Personifikation ist kaum sonst so deutlich
zu verfolgen wie in diesen beiden Fällen 7).
Die Beliebtheit dieser Kulte von Stadtpersonifikationen im
Hellenismus kann man vielleicht am besten an der θεά 'Ρώμη er-
messen, einer echtgriechischen Schöpfung8), deren Kult seit seiner
Stiftung zu Smyrna 195 (Tac. ann. II, 56) alsbald an den ver-
schiedensten Orten im Osten des Mittelmeeres blüht9).
Demselben zweiten Jahrhundert gehört eine koische Inschrift
an, aus der hervorgeht, daß auf ihrer Insel die Kos zusammen
1) Sead, H.N. 147.
2) Hill, Coins of Ancient Sicüy 1908, S. 218.
3) Sead 144.
4) Ebenda 146.
5) Furtwängler zu Samml. Sabouroff T. 25. Imhoof·-Blümer, Journ. Intern.
1908 S. 106.
6) Sead, Η. N. 167. Imhoof-Blumer S. 45.
7) Auch die Lokris Aianteia der lokrischen Mädcheninschrift ziehe ich hier-
her, muß die Begründung dafür aber noch hinausschieben.
8) Wissowa, Keligion und Kultus der Körner, 2. Auf!., S. 338 f.
9) Wissowa, S. 339. F. Richter, Lex. IV, 131 ff.
 
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