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Matz, Friedrich
Die Naturpersonifikationen in der griechischen Kunst — Göttingen: Druck der Dieterich'schen Univ.-Buchdruckerei W.Fr. Kaestner, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.51056#0083
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7ο

Verlauf der Ortspersonifikation ein scharfes Streiflicht zu werfen.
Dort waren es mythische Wesen als Personifikationen — jeden-
falls beinahe schon — verwandt, hier sind es richtige Personi-
fikationen, die nach allem, was wir sonst über diese Verhältnisse
aus dem Hellenismus wissen, in Anlehnung an mythische Vor-
stellungen gebildet zu denken sind :). Schon Kallimachos kannte
ähnliche Gruppen. Die Verse 23 f. des Delosbymnos bekommen
ihre Pointe erst1 2), wenn man sich die übrigen Inseln, die sich
nach dem Muster der in der Götterversammlung auf dem Olymp
erscheinenden homerischen Nymphen (Y 7) und Flüsse bei Okeanos
und Thetis versammeln, als Frauen mit Mauerkronen, nur Delos
mit Lorbeer bekränzt denkt.
Κεΐναι μέν πύργοισι περισκεπέεσσιν έρομναί,
Δήλος δ’ Άπόλλωνι* τί δέ στψαρώτερον ερκος ;
Es ist sehr bezeichnend: der Dichter wählt zur Personifizierung
der Inseln die altgewohnten mythischen Gestalten, in diesem Falle
die Nereiden, steht aber doch so ganz im Banne seiner begrifflich
denkenden Zeit, daß er sie sich mit den Attributen jener begriff-
lichen Wesen vorstellt. — Um Erweckung derselben Vorstellung
ist es Vergil zu tun, wenn er Aeneas die Cybele anrufen läßt
(X, 252 f.);
„alma parens Idaea deuw, cui Dindyma cordi
turrigeraeque urbis biiugique ad frena leones“.
V.
In eine Reihe für sich zu stellen und von den eben behandelten
Gestalten rein mythischen oder reflektierten Ursprungs zu trennen
sind die Personifikationen von Ländern und Städten, die in irgend
welche Kompositionen als Zuschauer eingefügt sind. Götter und
1) Die einst von Gibson, Mus. of. Glass. Antiqu. I S. 140 geäußerte An-
sicht, bei den Nereiden von Xanthos handele es sich um die Personifikationen
ionischer und aiolischer Küstenstädte, bedarf nach den Bemerkungen von Micha-
elis, Ann. 1874:, S. 223,20 (vgl. auch Overbeck, Gesch. d. PI. II 4. Axifl. S. 209,2)
nicht mehr der Diskussion. Auch die von ihrem Urheber selbst nur mit einem
gewissen Unbehagen vorgetragene Deutung der die Kyrene-Hesperis der Schale
von Naukratis umflatternden kleinen Dämonen (Crusius, Lex. II 1151 Anm. und
Philologus 1893, S. 703 ff. 714) als die Schutzgeister der zur kyrenaischen Penta-
polis gehörenden vier Städte und der drei kyrenaischen Phylen erfordert nach
allem Gesagten keine besondere Widerlegung, vgl. oben S. 43.
2) Auch wenn man weiß, daß sie auf bekannte Verse des Simias anspielen
in denen von richtigen Inseln die Rede ist, was H. Fränkel demnächst in
seiner Dissertation erweisen wird.
 
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