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Matz, Friedrich
Die Naturpersonifikationen in der griechischen Kunst — Göttingen: Druck der Dieterich'schen Univ.-Buchdruckerei W.Fr. Kaestner, 1913

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https://doi.org/10.11588/diglit.51056#0086
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eine Menge ihnen entsprechender und gleichfalls schon in den ent-
sprechenden Dichtungen gegebener Gestalten gab. Bei den He-
rakles- und Theseustaten beispielsweise gilt das für Athena
(t>. Wilamcnuitz, Eur. Her. 56, 99. 91, 168) und lolaos, bezw. Peiri-
thoos überall, für Artemis speziell beim Dreifußraub, für Deianeira
beim Kampf mit Nessos, Ares bei dem mit Kyknos, Ariadne bei
dem mit dem Minotauros, um nur wenige Beispiele aus vielen her-
auszugreifen. Aber gewiß kann man das nicht mehr behaupten
von allen den zuchauenden und zum Teil lebhafteste Teilnahme
bekundenden Göttern in einer Darstellung wie der der Berliner
Kolchosoinochoe Nr. 1732. Vielmehr bewährt sich hier wieder
das horazische Wort, das als Motto über dieser Arbeit steht.
Wenn wir bestimmte Normen und Gepflogenheiten der Vasenmaler
in der Auswahl und Verwendung dieser von ihnen aus eigener
Machtvollkommenheit in den Mythos eingeführten Gestalten nicht
anzugeben und daher nicht in jedem Kall mit Zuversicht den Sinn
der betreffenden Figur zu bestimmen vermögen, so liegt das nament-
lich daran, daß es für die archaische Vasenmalerei noch mehr an
einer Untersuchung über diesen Gegenstand fehlt, als für die freien
Stiles J.
Ein Musterbeispiel des archaischen Erzählens ist der korin-
thische Krater in Berlin mit dem Auszug des Amphiaraos (1655.
F. R. 121), zugleich bietet er in der Figur des vor den Pferden
sitzenden alten Dieners {Hauser, F. R. III S. 5) eine verhältnis-
mäßig außerordentlich weit gebrachte „Schilderung durch die Wir-
kung“. Wendet man sich Jetzt aber zu einer Erscheinung wie
dem polygnotischen Freiermordskyphos in Berlin (2588. F. R. 138),
so wird einem der ganze Unterschied jener beiden Elemente und
ihr historisches Verhältnis klar. Die beiden Mägde sind nicht
bloß freie Zutat des Künstlers, sondern stehen in geradem Gegen-
satz zum Epos, und sind doch so fein motiviert -), daß man hier
wirklich die andere Tendenz als ganz beherrschend anerkennen
muß. Ebensowenig kann von Erzählen die Bede sein bei dem
Berliner Orpheuskrater aus Gela, {50. Rerl. Winckelmanns Progr.
1890 Taf. 2) oder der Musaiosamphora des Brit. Mus. (E 271.
F. R. 139). Diese Bilder sind geradezu ganz auf die Wirkung
dieses Motivs gestellt. Wie stark es im Ostgiebel von Olympia
und im Parthenonwestgiebel mitspricht, ist bekannt.

1) Die methodischen Gesichtspunkte, sowie Bemerkungen zu einzelnen Fällen
findet man bei Brunn, Kl. Sehr. III, S. 134 ff.
2) Hauser, F. B. III, S. 103. Bulle, Der schöne Mensch S. 626.
 
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