Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Matz, Friedrich; Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Ein römisches Meisterwerk: der Jahreszeitensarkophag Badminton - New York — Berlin: de Gruyter, Band 19.1958

DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.49856#0059
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
45

Die Frage nach dem Vorbild des Zyklus auf dem runden Altar aus den Sallusti-
schen Gärten, die damit aufgeworfen ist, mündet nun wegen der Verbindungen dieses
Werkes mit den Jahreszeitensarkophagen, die sich zeigen ließen, in der nach dem
gemeinsamen Urbild. Durch die jetzt gewonnene überheferungsgeschichtliche Reihe:
Altar -— Sarkophag in V. Savoia -— Sarkophag Badminton-New York und Ge-
folge, ist die Basis erweitert und befestigt, von der aus sich eine Lösung des Problems
des kindlichen Typus der Jahreszeiten, von dem wir ausgingen, hoffen läßt. Auf der
anderen Seite läßt sich auch der besonderen Frage, bei der die Untersuchung jetzt
angelangt ist, nämlich der nach dem Urbild dieses Zyklus, nur in diesem weiteren
Zusammenhang begegnen. Wir verlassen also für ein Stück Weges die Jahreszeiten
überhaupt und ihre Verbindung mit dem dionysischen Kreis. Der Zyklus stellt sich
nun in seiner frühesten uns bekannten Gestalt dar als einen Ausschnitt aus dem
großen, vielgestaltigen Erotenvolk, das auf den Denkmälern der traianisch-hadri-
anischen Zeit sein Wesen treibt. Um zu erfahren, ob er eine Erfindung der Kaiserzeit
oder des Hellenismus ist, müssen wir also die Frage nach der Herkunft dieser ganzen
Gesellschaft überhaupt von Neuem aufnehmen.
Weil wir aber von dem Sarkophag Badminton-New York ausgegangen sind, und
weil seine Erklärung, nicht die Darlegung geschichtlicher Verknüpfungen, das Ziel
ist, sei auch auf dieser Stufe der Untersuchung gesagt, daß es zum Verständnis der
Symbolik ,die der Sarkophag aussprechen will, keineswegs gleichgültig ist, wie ihre
Voraussetzungen beschaffen sind. Die Überlieferung, mit der wir es zu tun haben,
kann uns ausdrückliche gleichzeitige Erklärungen nicht liefern. Wenn wir uns nicht
mit einem bloßen Rätselraten beruhigen wollen, bleiben wir daher angewiesen auf
den mittelbaren historischen Weg, den wir eingeschlagen haben.
C. Die traianisch-hadrianischen Eroten und ihre hellenistischen Vorbilder
Der traianisch-hadrianische Erotentyp, in dem die Jahreszeiten des Altars aus den
Sallustischen Gärten erscheinen, ist im Grunde kein anderer als der des »Gans-
würgers«, den man im allgemeinen jetzt als ein Werk des Boethos von Kalchedon
ansieht. Gemeint sind Kinder von drei bis vier Jahren. Sie sind schon recht stämmig
und fest auf ihren Beinen. Ihre Flügel sind zum Fliegen für sie eigentlich zu klein.
Tatsächlich tummeln sie sich auch gewöhnlich auf der Erde. Der Form nach lassen
sich jedenfalls die flügellosen kleinen Burschen dieser Art von den geflügelten nicht
trennen. Es gibt Fälle, in denen es auch wohl dem antiken Betrachter überlassen
blieb, ob er sie als Eroten oder als Kinder verstehen wollte1. Daher empfiehlt es sich,
den Namen »Eroten« für die ganze Gruppe beizubehalten. Der Deutung in den Einzel-
fällen soll damit nicht vorgegriffen sein. Charakteristisch ist, abgesehen von den
molligen und kindlich proportionierten Körperformen, das Haar. Es ist wellig und
obachtungen über die zyklische Anordnung glaubte führen zu können, läßt sich bei Berücksichtigung
des Altars aus den Sallustischen Gärten nicht mehr aufrecht halten; s. unten S. izifi.
1 L. Curtius, Festschr. J. Loeb, 1930, 60.
 
Annotationen