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Matz, Friedrich; Deutsches Archäologisches Institut [Editor]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Editor]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts / Ergänzungs-Heft: Ein römisches Meisterwerk: der Jahreszeitensarkophag Badminton - New York — Berlin: de Gruyter, Band 19.1958

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https://doi.org/10.11588/diglit.49856#0088
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wo der Purzelnde fehlt. Auf den Kindersarkophagen in Pisa und Berlin ist nur der
erstaunt stehende übrig geblieben, der mit der Maske ist fortgelassen. Jener muß sich
daher mit der ihm nicht ganz angemessenen Rolle eines Zuschauers begnügen.
Motiviert sind auf den Sarkophagen in Pisa und in V. Albani der Schrecken und der
Fall hintenüber durch die dionysische Schlange. Sie ringelt sich aus einem Korbe
hervor, von dem ein anderer Eros unvorsichtigerweise den Deckel hochgehoben hat.
So muß auch das ravennatische Fragment mit dem Purzelnden ergänzt werden.
Denn die ganze kleine Gesellschaft dieses Zyklus ist diensteifrig bemüht, die Attri-
bute der großen Götter an ihre Plätze zu schaffen, damit sie bei deren Erscheinen zur
Stelle sind. Sie treibt keinen Unfug mit diesen Gegenständen, wie es der Knirps mit
der Maske tut. Das Bruchstück gehört also zu dem verlorenen Thron des Dionysos.
Klar ist, daß die Sarkophage und das Bildchen eine gemeinsame Quelle voraus-
setzen, die von der Malerei trotz ihres früheren Datums bereits mehr verändert
worden ist als von den Reliefs. Während bei den anderen Eroten des Zyklus die Ver-
bindung mit den Götterattributen nicht durchaus primär ist, läßt sich hier das
dionysische Kultobjekt von dem Motiv nicht trennen. Die Entstehung des Motivs
kann daher zuversichtlich in den Hellenismus verlegt werden. Denn in dem ganzen
riesigen dionysischen Typenschatz der Kaiserzeit fehlt es völlig an Beispielen, die
sich als Neuschöpfungen erweisen lassen.
Ähnlich, wenn auch nicht ganz übereinstimmend, ist der vom Wagen Gestürzte
des Frieses mit der Erotenwettfahrt auf Gazellenwagen im Vettierhause gebildet128,
dem sich ein kleines Bild aus einem anderen pompeianischen Hause mit Eroten auf
Delphinwagen anschließt129. Auch da sind die Beine und die Arme in die Luft ge-
worfen. Aus der Gruppe der erschreckten kleinen Männer steht am nächsten der
gemalte aus Herculanum. Gesammelter und echter ist die Bewegung auf den Reliefs.
Gleichwohl bedarf die Übereinstimmung im Bau und damit die Gleichzeitigkeit des
Vorbildes keines Beweises. Das führt für den Gepurzelten aus dem Reliefzyklus mit
den Götterthronen zu demselben Ergebnis. Die Erotenfriese des Vettierhauses haben
sich mit einer Ausnahme überhaupt als hellenistische Kompositionen erweisen lassen
(Anhang I, unten S. löpff.). Dazu kommt, daß nach Ausweis z. B. eines perga-
menischen Relieffrieses130, einer gemalten Schale der »Hessengruppe«131 und me-
garischer Becher132 die Erotenwettfahrt ein hellenistisches Thema ist. Ihre Ver-
bindung mit dem römischen Zirkus wurde erst nachträglich vollzogen133.
Auf einem anderen ravennatischen Bruchstück, das zum Thron der Ceres zu ge-
hören scheint (Taf. 12 a), steht ein mit Früchten über und über gefüllter Korb, mit
dem sich zwei Eroten zu schaffen machen134. Der 1. vom Beschauer hat sich auf die
Zehenspitzen gestellt, um den Korb besser plündern zu können. Er ist in Profil-
128 MA. 8, 1898, 347f., 50. HBr. 23. RP. 80, 3.
129 S. 361. AZ. 31, 1874 Taf. 3, 1. RP. 81, 6.
130 AvP. 7, 2, 294 Nr. 384 Taf. 39.
131 Annali 1871 Taf. A. Zahn BM. 55, 1934, 5, 4- Beazley EVP. 2o8f. Rumpf Hdb. d. Arch. 6, 156.
132 Courby VGR. 382, 77, 15. Parlasca Jdl. 70, 1955, 135. 142,
133 Dragendorfi-Watzinger mf. Rodenwaldt Jdl. 55, 1940, 22. 134 Ausonia 4, 1910, 252, 3.
 
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