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Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten: Periodica — 1953

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Dezember 1953
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Freier, Walter: Der Johanniter-Orden in Deutschland
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https://doi.org/10.11588/diglit.35482#0027
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Der Johanniter-Orden in Deutschland.

Gründungen der geistlichen Ritterorden stehen in einem engen Zusammenhang mit den
Wallfahrten nach dem heiligen Grabe in Jerusalem. Der älteste und bekannteste der drei
großen Ritterorden ist der ritterliche Orden St. Johannis vom Spital zu Jerusalem, allge-
mein als Johanniter- oder auch Malteser-Orden bekannt. Eine Gesellschaft von Kaufleuten
aus Amalfi erbaute 1070 in Jerusalem eine Kirche und ein ßcnediktinerkloster, mit dem sie bald ein Hospital
für Pilger nebst einer dem heiligen Johannes geweihten Kapelle verbanden. Die erste Ordensgründung vollzog
der aus der Provence gebürtige Gerard, der dem Pilger-Hospital als Rektor Vorstand, nachdem der Eroberer
Jerusalems, der Herzog von Nieder-Lothringen, Gottfried von Bouillon, der ,,Beschützer des Heiligen Grabes",
dem Spital seine Herrschaft Montboire in Brabant geschenkt hatte. Diese Gründung wurde 1113 vom Papst
Paschalis II. bestätigt. Der aus der Dauphine stammende Nachfolger Gerards, der Ritter Raymond du Puy,
formte 1118 den jungen Orden zu einem geistlichen Ritterorden um, dessen Mitglieder sich in Ritter zur
Kriegsführung, Ordensgeistliche zum kirchlichen Dienst und dienende Brüder zur Pflege der Kranken und
Geleitung der Pilger schieden. Er selbst wurde mit dem Titel eines Meisters (magister hospitalis) bedacht. Das
von ihm dem Orden gegebene neue Statut, das vom Papst Innocenz II. bestätigt wurde, ist in der Fassung von
1185 erhalten geblieben. Während das Ordenskleid nur aus einem schwarzen Mantel mit weißem Balkenkreuz
auf der linken Brustseite bestand, verordnete der Papst Alexander IV. (1254—1261), daß die Ritter im Kriege
statt des Alanteis, der nach wie vor in der alten Art blieb, über dem Harnisch einen roten Waffenrock tragen
mußten, der auf Brust und Rücken ein einfaches weißes Balkenkreuz hatte.

Vom Papst begünstigt und mit Vorrechten ausgestattet — (1267 wurde der Titel ,,Großmeister" dem Or-
densoberhaupt zuerkannt) — war der Zudrang zum Orden, vornehmlich aus edelen Geschlechtern der verschie-
denen europäischen Länder groß, und Besitz und Ansehen wuchsen durch die vielen Schenkungen in den
Staaten des Abendlandes, die 1312 durch den Untergang des zweiten, 1119 gegründeten Ritterordens, des
Templerordens, nicht unerheblich vermehrt wurden. Durch die so zerstreuten Besitzungen wurde die einheitliche
Leitung und Verwaltung ungemein erschwert. Um diesem Ubelstande abzuhelfen, wurden Provinzen, Nationen
oder Zungen gebildet, deren es zunächst sieben, als letzte Deutschland, gab. Als achte Zunge kam 1464 Castilien
und Portugal hinzu. Jede Nation wählte ihr Oberhaupt, wobei der Zunge Provence, als der ältesten, das Amt
des Großwürdenträgers, des Großmeisters, zufiel, der au der Spitze des gesamten Ordens stand. Jeder dieser
Vorsteher einer Nation hatte eine besondere Aufgabe in der Ordens-Regierung zu erfüllen. B)er Vorsteher der
deutschen Zunge, den man anfänglich Großprior, seit 1428 Großkomtur oder Johannitermeister, auch Obermei-
ster in deutschen Landen (Magister supremus in germaniam), nannte, war der Aufseher über die Befestigungs-
werke des Ordens. Er erlangte diese Würde nicht durch Wahl, sondern nach der Anciennität. Uber ihm stand
nur der Großmeister des Ordens.

Die deutsche Zunge oder Nation setzte sich zusammen aus dem deutschen Großpriorat, dem Großpriorat
Böhmen, den Prioraten Ungarn und Dacien und den Balleyen Brandenburg und St. Joseph in Doschiz. Dem Vor-
steher über alle diese Gliederungen, dem Großkomtur, der seinen Sitz in Heitersheim im Breisgau hatte, das
seit dem 13. Jahrhundert im Ordensbesitz war, und der seit 1548 deutscher Reichsfürst war, stand das Provin-
zialkapitel zur Seite, das in Speier zusammenkam. Dieses Kapitel wurde aus den Komturen, abgeordneten
Rittern und Ordensgeistlichen, gebildet.
Die Balley Brandenburg, ein wesentlicher Teil des deutschen Großpriorates, die auch das Meistertum in
der Mark, Sachsen, Pommern und Wendland genannt wurde, fand schon früh Eingang in die Mark Brandenburg.
Albrecht der Bär, der erste Markgraf in der Nordmark, schenkte dem Orden 1160 die Kirche zu Werben nebst
allem Zubehör und sechs Hufen Landes mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß der aus dieser Schenkung
zu erzielende Ertrag den im Spital zu Jerusalem weilenden Armen alljährlich überschickt werde. 1171 fand der
Orden Eingang in den Staaten Heinrichs des Löwen, wo er in Braunschweig den Johanniterhof anlegte. 1198
rief der Herzog von Ostpommern, Grimislav, die Johanniter in seine Besitzungen zwischen Schwetz und Star-
gard und verschrieb ihnen seine Burg Starigord (Stargard) an der Berissa nebst ausgedehnten Ländereien. Hier
erbaute der Orden eine Kirche und gründete die Stadt Schöneck in Pommerellen, die später an den Deutschen
Orden überging.
Um 1200 tauchen die Johanniter zum ersten Male in Mecklenburg auf. Aus den mehrfachen Schenkungen
der Grafen von Schwerin bis 1229 bildeten sich die Kommenden Mirow und Nemerow, die beide im Westfäli-
schen Frieden von 1648 verloren gingen.

Nach dem Erlöschen des Templerordens 1312 fiel dem Johanniterorden der größte Teil des Templerbe-
sitzes, der hauptsächlich in der Neumark lag, zu. Aber er$t nach langen Verhandlungen wurde im Vergleich
zu Gremmen, am 23. Januar 1318, den Johannitern für alle ihre Besitzungen in der Mark und außerhalb die
Protection des Markgrafen und die Einsetzung in die von den Templern inne gehabten Güter versprochen, wo-
gegen der Orden eine Zahlung von 1250 Mark brandenburgischen Silbers an den Markgrafen zu leisten hatte.

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