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Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 35.1992

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Nr. 3
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Buchbesprechungen
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Fritsch, Andreas: [Rezension von: Friedrich Maier, Antike und Gegenwart. Stichwörter der europäischen Kultur]
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https://doi.org/10.11588/diglit.35880#0142
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tung und inhaltlicher Zusammenhang im Lateinunterricht aufgedeckt, erarbeitet und zum geisti-
gen Besitz der Schüler gemacht werden können. Im einzelnen handelt es sich um die folgenden
archetypischen Bilder und Begriffe: Europa und der Stier — Das Urteil des Paris — Der Sirenenge-
sang — Das Trojanische Pferd — Zwischen Skylla und Charybdis — Die Sisyphusarbeit — Tanta-
lusqualen — Ein Faß ohne Boden — Die Herkulestat — Das Prokrustesbett — Der Ariadnefaden
— Der Nabel der Welt — Der Gordische Knoten — Der Pyrrhussieg — Den Rubikon überschrei-
ten / Der Würfel ist gefallen — Veni, vidi, vici — Der Januskopf — Das Damoklesschwert — Das
Faß des Diogenes — Phönix aus der Asche. In solchen ,,Stichwörtern der kulturellen Verständi-
gung" offenbart die Antike ihre Wirkung,,,zumindest bauen jene darauf, die sich ihrer bedienen;
sie setzen das Wissen darum voraus. Solches Wissen, das zweifellos ein gemeinsames Kulturgut
Europas darstellt und völkerverbindende Bedeutung haben kann, darf der jeweils nachfolgenden
Generation nicht verlorengehen. Dies wäre nicht nur ein Verlust an Bildhaftigkeit und an poin-
tenreicher Ausdruckskraft, man würde unserer Sprache auch etwas von ihrer historischen Tiefe
nehmen. Hier die Tradition zu erhalten gehört", wie F. Maier im Vorwort zu Recht betont, ,,zu
den pädagogischen Anliegen, denen sich der Lateinunterricht verpflichtet weiß."
Die einzelnen Stichwörter sind zur unterrichtlichen Behandlung so aufbereitet, daß man sie ,,in
ihrer historischen Heimat kennenlernen und in ihrer Wirkung über die Zeiten hin verfolgen
kann." Nach den realistischen Vorstellungen des Herausgebers kann man die gebotenen The-
men „in Auswahl als Unterrichtsprojekt über zwei bis drei Wochen behandeln oder als Interims-
oder Unterhaltungslektüre in die sich bietenden Nischen zwischen den Großprojekten und vor
den Ferien einfügen. Die Kurzlektüre solcher Texte der lebendigen Antike steigert erwiesenerma-
ßen die Motivation der Schüler." Im wesentlichen ist das Lektüreangebot für die Klassen 9 bis 11
gedacht. Die (z.T. leicht bearbeiteten) lateinischen Texte sind jeweils mit Angaben zum lateini-
schen Wortschatz und zu schwierigen Konstruktionen im Sub-Iinea-Kommentar versehen. Dazu
gibt es eine Fülle an Abbildungen oder Skizzen, die die Rezeption der Motive durch die Jahrhun-
derte repräsentieren und das Interesse der Schüler/innen wecken können. Außerdem sind den
Texten „Aufgaben zur Interpretation" sowie ergänzende Texte (lateinisch und/oder deutsch) bei-
gegeben, mit deren Hilfe das jeweilige „Stichwort" vertieft oder weiterverfolgt werden kann.
Man darf dieser Textausgabe weite Verbreitung im modernen Lateinunterricht der Mittelstufe
wünschen, zumal der Herausgeber hier in einem kaum noch zu überbietendem Maße vom
geistig-kulturellen Leben der Gegenwart ausgeht (diese „Stichwörter" finden sich ja allenthalben
in unseren Medien) und von hier aus deren Ursprünge aufsucht, nicht wie es sonst üblicherweise
im Lateinunterricht geschieht, daß man einen antiken Lektüretext irgendwie zu „aktualisieren"
versucht. Als hervorragender Kenner der Szene hat Maier das Desiderat erkannt: „Bislang liegen
ja keine Arbeitsmittel vor, die es ermöglichen, zentrale Motive, Bilder und Metaphern unserer
Sprache in ihrer Entwicklung von der Antike bis zur Gegenwart unterrichtlich zu behandeln, und
zwar in steter Kombination mit einschlägigen Bildern. Die Nachfrage erweist sich heute um so
stärker, als dieses Anliegen in den neuen Lehrplänen einen noch kräftigeren Akzent erhalten
hat." Mit der vorliegenden Ausgabe hat er zu Realisierung des Desiderats einen wertvollen, dis-
kutablen und erprobenswerten konkreten Beitrag geleistet.
Auch wer sich — mangels Erfahrung — an eine solche neuartige Lektüre mit einer Klasse noch
nicht auf Anhieb heranwagt, wird für sich selbst als Leser dieser Textausgabe noch manche klei-
ne Entdeckung machen und dann vielleicht doch den ein oder anderen Text in seinen Unterricht
einbringen können. Hierbei wird ihm der nunmehr ebenfalls vorliegende Lehrerkommentar be-
hilflich sein, der nicht nur eine allgemeine „Didaktische Begründung des Bildungsanliegens"

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