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Deutscher Altphilologenverband [Hrsg.]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 35.1992

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Nr. 3
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Buchbesprechungen
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Fritsch, Andreas: [Rezension von: Renate Haas: V. A. Huber, S. Imanuel und die Formationsphase der deutschen Anglistik. Zur Philologisierung der Fremdsprache des Liberalismus und der sozialen Demokratie]
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Fritsch, Andreas: [Rezension von: Friedrich Maier, Antike und Gegenwart. Stichwörter der europäischen Kultur]
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https://doi.org/10.11588/diglit.35880#0141

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nur als enge Philologie, die in großer Einseitigkeit auf die alte Literatur und speziell die ältesten
Sprachstufen ausgerichtet war. Anhand zweier exemplarischer Vertreter, Victor Aime Huber
(1800-1869) und Siegmund Imanuel (1790-1847), untersucht die vorliegende Studie diese Ent-
wicklung und ihre Gründe nicht nur eingehend im Kontext der Nachbardisziplinen, sondern
auch im großen Rahmen der Allgemein-, Wissenschafts- und Bildungsgeschichte. Das macht sie
auch für Altphilologen und überhaupt für unterrichtsgeschichtlich interessierte Leser relevant.
Im Teil über Huber, den Enkel Christian Gottlob Heynes, untersucht die Autorin u.a. dessen Ber-
liner Aktivitäten im Bereich der höheren Bildung (er wurde 1843 auf den an der Berliner Univer-
sität neu geschaffenen Lehrstuhl für Neuere Philologie, Literatur und Literaturgeschichte berufen)
und seinen Schlagabtausch mit Lriedrich Thiersch, bei dem es um nichts Geringeres als die Lrei-
heit der Wissenschaft und die Anerkennung der Menschenwürde ging (S. 145).
Imanuel (ab 1822 Direktor des Mindener Gymnasiums) war Mitinitiator der westfälischen Direk-
torenkonferenzen, nach deren Muster später solche Treffen in den anderen preußischen Provin-
zen etabliert wurden. Da Imanuel auf den Konferenzen des Vormärz eine Vorreiterrolle spielte,
hat die Autorin deren Protokolle eingehend untersucht und damit eine Quelle von einzigartiger
Aussagekraft erschlossen. Die Direktoren diskutierten nämlich untereinander ziemlich offen,
nicht selten im Gegensatz zu ihrem öffentlichen Taktieren.
Aus dem Schlußteil der Arbeit seien hier einige zusammenfassende und verallgemeinernde Pas-
sagen zitiert (S. 300 f.): ,,Die Klassische Philologie, die Gewinnerin der Universitäts- und Schulre-
form unter den Sprachen (auch gegenüber der Muttersprache), entwickelte sich, obwohl sie fort-
schrittliche, emanzipatorische Momente enthielt [...], zusehends zum Repressionsinstrument in-
nerhalb der Universität und gegenüber den weiter nachdrängenden bürgerlichen Schichten. [...]
Nach dem Aufschwung im Umfeld der Lreiheitskriege [...] unterdrückten die Karlsbader Be-
schlüsse und die durch sie eingeleiteten Demagogenverfolgungen viele posivite Ansätze. Enger
fachlich wirkte sich in der Altphilologie ebenfalls eine Reihe von Faktoren negativ aus: Die
Sprachbarriere, die Ferne der Gegenstände und die große Anerkennung, die einzelne, bahnbre-
chende Leistungen in ganz Deutschland und im Ausland fanden, begünstigten studentische und
professorale Überheblichkeit (wie der Jude Imanuel leidvoll erfahren mußte). Gleichzeitig führte
die Diskrepanz zwischen den idealen Entwürfen für eine sowohl bildende als auch umfassende
Altertumswissenschaft und dem Erreichbaren zu Selbsttäuschungen oder Verteidigungshaltun-
gen. Diese mußten sich mit der zunehmenden Spezialisierung und Formalisierung [...] noch ver-
schlimmern." Für die gymnasiale Ebene stellt die Autorin anhand der Protokolle der westfäli-
schen Direktorenkonferenzen heraus, ,,wie die Direktoren sich zwar 1826 geschlossen den er-
höhten Anforderungen im Lateinischen zu widersetzen suchten [...], wie sie sich aber fügten, in
immer größeren Gegensatz zu ihrem Publikum und damit in um so stärkere Abhängigkeit von
der Unterrichtsverwaltung gerieten und es ihnen zusehends um Besitzstandswahrung ging." A. F.

Friedrich Maier; Antike und Gegenwart. Stichwörter der europäischen Kuitur (Lateinische Texte
zur Erschließung europäischer Kuitur). Bamberg; Büchner 1992, ?04 Seiten DM 19,—.
Dazu Lehrerkommentar, 755 Seiten, DM 20,80.
Die vorgelegte Broschüre baut auf Erfahrungen auf, über die der Autor früher bereits an anderer
Stelle berichtet hat. Geboten werden lateinische Texte zu 20 ,,Stichwörtern" aus der Antike, die
im heutigen kulturellen Leben und im Sprachgebrauch lebendig sind und deren tiefere Bedeu-

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