Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Deutscher Altphilologenverband [Editor]
Mitteilungsblatt des Deutschen Altphilologenverbandes — 35.1992

DOI issue:
Nr. 4
DOI article:
Buchbesprechungen
DOI article:
[Rezension von: Maria Regina Kaiser: Xanthippe - Schöne Braut des Sokrates]
DOI article:
[Rezension von: Maria Regina Kaiser: Lukios - Abenteuer im Alten Rom]
DOI article:
[Rezension von: Monika Maron: Stille Zeile Sechs]
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.35880#0201

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
vor dem historischen Hintergrund des Kampfes um Syrakus sind überlieferte Zeitgenossen und
erfundene Personen anschaulich verknüpft, ebenso wie Mythen, Bräuche und die Schilderung
der untergeordneten Stellung der Frau, aus der die Autorin ihre Protagonistin ausbrechen läßt:
Xanthippe, die schöne Braut des Sokrates, viel später seine junge Frau, die Geschichte einer un-
gewöhnlichen Liebe und Emanzipation im Athen der klassischen Antike.

Maria Regina Kaiser; Lukios — Abenteuer im Aiten Rom. Wurzburg; Arena (T8 7680) 7997.
Der vorliegende Sammelband enthält die drei Taschenbücher: ,,Lukios, Neffe des Kaisers", ,,Lu-
kios und die hundert Löwen", ,,Lukios und die Pferde der Freiheit". Sie spielen um 175 n. Chr.
Der junge Lukios — eigentlich heißt er Lucius Ceionius Commodus — ist der Neffe des um wenig
älteren Lucius Aurelius Commodus, des späteren Kaisers Commodus. Neffe und Onkel haben
nicht nur fast den gleichen Namen, sie sehen sich auch zum Verwechseln ähnlich. Daraus entste-
hen aufregende Abenteuer, in Rom, in Ägypten, wohin Lukios nach seiner Entführung verkauft
wird, in Pergamon, aber auch jenseits der Grenzen des Imperium Romanum, in Armenien.
Schon für Leser ab 10 bringt dieser Band eine Fülle abenteuerlichen Geschehens und vermittelt
durch die Sachkenntnis der Autorin daneben viel Wissenswertes über das Alte Rom.

Monika Maronr Stille Zel/e Sechs. Roman. Frankfurt am Main; S. Fischer 7992.
Die 1941 in Berlin geborene und 1988 aus der DDR in den Westen übergesiedelte Schriftstelle-
ring Monika Maron hat sich in letzter Zeit mehrfach kritisch zur heutigen Befindlichkeit ihrer frü-
heren Landsleute geäußert und war dabei nicht zimperlich (u.a. Kursbuch Nr. 109 S. 91-96:,Xe-
nophobie"). Nach dem Abitur arbeitete sie ein Jahr als Fräserin, studierte Theaterwissenschaft
und Kunstgeschichte und arbeitete als Reporterin, seit 1976 als freie Schriftstellerin. Sie wurde
1992 mit dem Kleist-Preis ausgezeichnet. Ihr sehr lesenswerter neuer Roman kann hier nicht lite-
raturkritisch gewürdigt werden; aber es sei deshalb nachdrücklich auf ihn hingewiesen, weil in
ihm das,,Latein" bzw. die ,,Lateiner" an mehreren Stellen gewissermaßen als Chiffre für die gei-
stige Selbstbehauptung der Menschen in der kollektiven Diktatur erscheinen. Exemplarisch sei
folgende Stelle wörtlich zitiert: ,,Rosalind beugte sich vor, die Arme auf die Tastatur der Schreib-
maschine gestützt. Bei jeder Silbe stieß sie den Kopf in die Luft wie ein bellender Hund. Hirne
konfiszieren. Ihr habt Hirnmasse konfisziert, weil ihr selbst zuwenig davon hattet. Im nächsten
Jahrhundert hättet ihr sie amputiert und an Drähte gehängt, um die Gefängniskosten zu sparen.
Hirneigenschaft statt Leibeigenschaft, ihr Menschheitsbefreier. Leib wart ihr euch selbst genug,
nur an Hirn hats gefehlt. Können Sie vielleicht Latein? Sie können kein Latein, und darum haben
Sie verboten, daß andere Latein lernen. Wer es schon konnte, mußte ins Gefängnis, damit alle
vergessen, daß es das gibt: Latein. Alles mußte vergessen werden, damit nicht herauskam, was
ihr alle nicht wußtet. Gestützt auf eine gesunde Hand, versuchte Beerenbaum, sich in seinem
Sessel noch einmal aufzurichten. Er sprach gepreßt, atemlos vor Schmerz oder Wut: Wir haben
nichts vergessen. Nie. Wir wußten immer, was Hunger ist und Kälte, feuchte Wohnungen, Rachi-
tis, Arbeitslosigkeit, Krieg. Unsere Universität war der Klassenkampf. Unser Latein waren Marx
und Engels. Vorwärts und nicht vergessen. Ihr habt vergessen. Was wißt ihr denn?" (S. 186; vgl.
besonders auch S. 60, 66, 68, 71, 139, 159, 174.)

183
 
Annotationen