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Meggendorfer-Blätter — 61.1905 (Nr. 745-757)

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Nr. 747
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https://doi.org/10.11588/diglit.28176#0034
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Meggendorfer-Blätter, München

das Glück sein und weißt nicht, daß die Würze des wahren
Glückes der Neid ist? Nein, sort mit Dir und Deinem Flitterl
Lieber will ich bsausputtel in der Asche spielen, als in Glanz
und Fracht sitzen, ohne daß die Welt mich darum beneidetl"
So gab auch das Weib dem Glück seine Gaben
wieder zurück.
Da faßte tiefes kserzeleid das arme Glück. Es ging,
bis es müde ward, dann setzte cs sich aus einen Stein, und
sein Nummer machte sich in bitteren Tränen Lust. Wie cs
noch so weinte, kam ein schmucker Gesell des Wegs daher;
er sang sich eine muntere Weise und schaute kecklich vor sich
hin, als wäre ihm die Welt um einen Kreuzer seil. Ihn ries
das Glück zu sich heran und sagte: „Wein lieber Geselle,
möchtest Du nur wohl ein Liebes erweisen? Ich bin das
Glück und habe hier ein Füllhorn voll der köstlichsten Gaben,
aber ich habe eitel Uebelwollen damit geerntet und ich weiß
nicht mehr, wie ich es recht machen soll. Möchtest Du wohl
an meiner Stelle die Gaben austeilen? Vielleicht triffst Du
das Richtigel"
Der Zufall, denn das war der junge Wandersmann,
erfüllte gern die Bitte des Glücks, da er rein gar nichts zu
tun hatte. Und so hängte er das Füllhorn um und zog,
sorglos trällernd, wieder weiter seines Wegs.
Nach und nach aber ward ihm die ungewohnte Last
schwer und unbequem, denn der Zufall schleppt sich nicht gern
mit unnötigem Ballast. Da sah er wie von ungefähr auf
einer grünen Wiese einen Burschen im Grase sitzen und
blöde in die Welt blicken. Sein Lserr hatte ihn eben wegen
seiner Dummheit und Faulheit verjagt.
„kseda," ries ihm der Zufall zu, „willst Du 'was haben?"
„Wenn's 'was Rechtes ist und Du mir es herbringst,
hab' ich nichts dagegenl"
Und der Zufall kam herbei, schüttete das Füllhorn neben
dem Burschen aus und lies dann schleunigst wieder davon,
denn er fürchtete, der Bursche könne am Ende nicht alles
behalten wollen. Dieser aber behielt alles wohl und war's
zufrieden.
Und seit dieser Zeit heißt es: „Der Dumme hat's Glück!
 
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