Meggendorfer-Blätter, München
Der unemlösöare Wechsel.
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Die weiße Stute.
Line Wüstengeschichte von'Otto Müller.
n der Gase Kbillah knallte ein Pistolenschuß . . . Durch den
Blitz aufmerksam geworden, bemerkte Iussuf zu seinem Entsetzen,
daß eine Pistolenkugel sich knapp unter dem Rande seines Turbans
in seinen Schädel bohrte. Er zog daher den linken Fuß wieder aus dem
Steigbügel und fiel zur Erde.
Bon den Zelten näherte sich langsam Scheik Mohammed, die noch
rauchende Pistole vorsichtig wieder ladend. Dann beugte er sich über den
am Boden liegenden Iussuf, besah sich den Mann und klopfte dann mit
zufriedenem Lächeln seiner windschnellen weißen Stute, die Iusfuf soeben
zu einem längeren Spazierritte besteigen wollte, den schlanken pals. Dann
band er sie wieder fest und ging nach seinem Zelte.
wenige Schritte von dem Pferde entfernt lag der lange Vmar vom
Stamme der Beni Lam platt auf dem Bauche. Er wartete geduldig bis
Mohammed verschwunden war, kroch dann zu dem Tier und wollte aufsteigen.
Eben als er den linken Fuß im Steigbügel hatte, konstatierte er
mit nicht geringem Befremden, daß irgendein Fremdkörper ihn zu durch-
dringen schien, der sich bei genauer Beobachtung als die krumme Klinge
eines Dolches entpuppte, der zwischen seiner sechsten und siebenten Rippe
zum Vorschein kam.
Jedenfalls hatte ihm jemand denselben von rückwärts hineingesteckt.
Doch konnte dies ihm Ali, der sich über ihn in den Sattel schwang, auch
nicht sagen, da es ihm an der nötigen Zeit fehlte. Als nämlich Ali den
Rücken des herrlichen Pferdes unter sich fühlte, da ergriff er laut auf-
jauchzend vor seliger Lust seine Pistole, und gab auf den herbeieilenden
Mohammed einen Freudenschuß ab, der diesem beim Turban hinein und
bei der linken Sandale wieder herausging. Durch einige, ihm von den
Zelten nachgesandte Flintenschüsse angefeuert, sprengte er wie der Sturm-
wind in die wüste hinaus.
Als die Sterne zu erbleichen begannen, stieg er ab, legte sich nieder
und schlief den Schlaf des Gerechten.
Zwei Stunden später kam der berühmte Achmed vom Stamme der
pamema, der als der beste Pferdedieb weit und breit bekannt war, des
Wegs und bewunderte schon aus der Ferne den herrlichen Schimmel.
Bei dem schlafenden Ali angelangt, schüttelte er zuerst über dessen
Leichtsinn, ein solches Tier unbewacht zu lassen, mißbilligend den Kopf,
beschloß aber dann, den Mann aufzuwecken, damit ihm sein Pferd nicht
gestohlen werde.
Zu diesem Zwecke nahm er seine lange Flinte vom Rücken, drehte
sie um und klopfte den schlafenden Ali mit dem Kolben auf den Kopf.
Aber trotzdem Achmed mehreremal klopfte, war Ali nicht mehr zum Auf-
stehen zu bewegen. Achmed vermutete also, daß den Mann während des
Schlafes der Schlag getroffen habe und schickte sich an, die Sure des
Todes zu beten.